Kooths vom IfW: Erdgasversorgung unabhängig und divers machen
Der russische Krieg gegen die Ukraine betrifft durch die Sanktionen auch die deutsche Wirtschaft. Experten sind sich aber sicher, dass Schleswig-Holstein glimpflich davonkommt.
Der Krieg in der Ukraine zieht Sanktionen gegen den Aggressor Russland nach sich. Die russische Wirtschaft soll so geschwächt werden. Das trifft auch einzelne Unternehmen in Schleswig-Holstein. In der Gesamtbetrachtung habe Schleswig-Holstein wirtschaftlich aber nur in wenigen Bereichen Beziehungen nach Russland, sagt Prof. Stefan Kooths vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Demnach liegen die Im- und Exporte außerhalb des Energiesektors unter einem Prozent.
Sanktionen wirken nicht kurzfristig
Kurzfristig würden die weitreichenden wirtschaftlichen Sanktionen uns teurer zu stehen kommen als die russische Seite, auch würden sie Russland nicht zum Truppenrückzug aus der Ukraine bewegen, so Kooths. Aber mittel- und langfristig würde die russische Wirtschaft geschwächt und "am Ende des Tages gilt weiterhin, dass die ökonomische Potenz auch sehr stark über die militärische Potenz entscheidet".
Mehrkosten für Energiekosten möglich
Probleme könnten Schleswig-Holstein und Deutschland bekommen, sollte der gesamte Handel mit Russland, also auch mit Erdgas, eingestellt werden, was aufgrund der unübersichtlichen Lage nicht ausgeschlossen werden könne. "Dann kommt auf den Westen, insbesondere in der Energieversorgung, ein erheblicher Umbaubedarf zu - und auch erhebliche Mehrkosten dadurch zustande", sagt Kooths. Das würde Wohlstand kosten, da die Energiepreise weiter steigen würden.
Nach seinen Worten bedroht es aber auch den Wohlstand, wenn man nichts machen würde. Der Eindruck entstünde, der Westen sei wehrlos und ließe sich von Russland die Konditionen diktieren.
Unabhängige und diverse Erdgasversorgung
Kooths empfiehlt bei der Erdgasversorgung auf Unabhängigkeit und Diversifizierung zu setzen. Daher sollte der Gasverbrauch da reduziert werden, wo er leicht ersetzt werden könne, das sei die Stromproduktion. Es solle unter anderem beim Heizen von Wohnungen konzentriert werden.
Flüssiggas-Terminal als Alternative
Außerdem sollten neue Möglichkeiten ins Auge gefasst werden. "Dazu wird auch das Flüssiggas gehören und möglicherweise auch die Förderung von eigenem Erdgas", sagt der Wirtschaftsexperte. Auch wenn das teurer sei. Aber so würde demjenigen, der versucht uns über die Rohstoffversorgung zu drohen, gezeigt, wir haben Alternativen. Dies könnte auch ein Flüssiggas-Terminal, zum Beispiel in Brunsbüttel sein.
Kooths: Nicht nur auf Sanktionen setzen
Der Wirtschaftsexperte rät der Politik nicht nur auf Sanktionen zu setzen. Denn die Vergangenheit habe gezeigt, zwei von drei würden ihr Ziel eher verfehlen. "Deshalb sollte man versuchen auf verschiedenen Kanälen zu operieren, irgendwann wird man ja auch aus dieser Eiszeit wieder herausfinden wollen", sagt Kooths. Wenn man einige Jahre in die Zukunft blicken würde, könnten positive Anreize zu einem geordneten Miteinander führen könnten, auch wenn das heute sehr unwirklich wirke.
Holz aus Russland für Unternehmen in Daldorf
Einer der Unternehmer im Land, der mit russischen Firmen Handel treibt, ist Bernd Jorkisch. Teile des Holzes, dass er in Daldorf (Kreis Segeberg) als Carports, Terrassen oder Zäune verkauft, stammt aus der Ukraine und Russland. Noch rechnet er nicht mit Einbußen für sein Unternehmen. Aber "die osteuropäische Wirtschaft ist auf jeden Fall beeinträchtigt von dieser Situation. Und das hat Ausstrahlung auf unsere Märkte hier, das muss man ganz klar sagen."
Jorkisch: Wirtschaftliche Folgen gesellschaftlich kaum spürbar
Jorkisch glaubt aber, dass die EU bestrebt ist, trotz der Sanktionen, die wirtschaftlichen Prozesse aufrechtzuerhalten, "ansonsten nimmt ja soweit die Gesamtgesellschaft in Europa Schaden". Er ist sich sicher, dass es Unternehmen in Deutschland geben wird, die Umsätze verlieren werden, die Gesellschaft wird das aber nicht sehr stark spüren.
Polnische Betriebe stärker betroffen
Wenn er den Blick auf Europa richtet, werden seiner Ansicht nach polnische Betrieb stärker betroffen sein, schon alleine weil etwa zwei Millionen Ukrainer dort arbeiten. Außerdem würden Warenströme aus der Ukraine und Belarus zum Erliegen kommen.
Wirtschaft könne politische Gräben wieder schließen
Dennoch bleibt er optimistisch: "Meine Einschätzung ist die - und das hat die Wirtschaft oft geschafft - auch politische Friktion zu überstehen und vielleicht sogar einen Beitrag zu leisten, dass Gräben, die politisch entstanden sind, auch wieder zugeschüttet werden können durch wirtschaftliche Beziehungen."
