Mieterin Sarahnaz Gholami sitzt auf dem Boden im Flur ihrer Wohnung und zeigt die unter Linoleum gesammelte Feuchtigkeit. © NDR

Hölk-Hochhäuser in Bad Oldesloe: Familie leidet unter Schimmel

Stand: 15.07.2022 20:34 Uhr

In Bad Oldesloe (Kreis Stormarn) leben Mutter und Tochter im zehnten Stock in einem der Hölk-Hochhäuser. Ihre Wohnung ist voller Schwarzschimmel, doch getan wird nichts.

Feuchtigkeit und Schwarzschimmel - überall in ihrer Wohnung in einem der Hölk-Hochhäuser in Bad Oldesloe (Kreis Stormarn). So lebt Farahnaz Gholami mit ihrer Tochter Narges schon seit mehr als einem Jahr. "Wir haben den Schimmel öfter gemeldet. Aber niemand kümmert sich um die Wohnung", sagt Farahnaz Gholami.

Anfang des Jahres hat das Düsseldorfer Immobilienunternehmen LEG die Hölk-Hochhäuser gekauft. Wer hier wohnt, hat oftmals keine andere Wahl. Auch Farahnaz Gholami sucht seit langem eine andere Wohnung. Ohne Erfolg.

Feuchter Boden: Mutter klagt über Schmerzen

Lange litt Farahnaz Gholami unter Kopf- und Rückenschmerzen. Die 42-Jährige hat lange auf dem feuchten Boden geschlafen. Denn lange hatte sie sich kein Bett leisten können. Vor kurzem teilte ihr Orthopäde ihr mit, dass sie deshalb bald operiert werden müsste. "Vor drei Monaten haben wir ihr ein Bett gekauft", erzählt ihre Tochter Marijam. Die 23-Jährige wohnt mittlerweile nicht mehr bei ihrer Mutter. Seit ihre Mutter im eigenen Bett schlafe, hätten die Schmerzen abgenommen.

Die jüngste Tochter hustet auffallend viel

Am meisten aber, sagen beide, leide die jüngste Tochter Narges unter dem Schwarzschimmel. Die 12-Jährige huste auffallend viel. Auch nachts und morgens schon.

Jens Becker ist Vorsitzender des Berufsverbandes der Pneumologen in Hamburg und Schleswig-Holstein - und leitet eine Lungenfacharztpraxis in Lübeck. Vor allem die lange Zeit, in der Familie Gholami dem Schimmel ausgesetzt ist, stellt für ihn eine Gefahr dar. "Zuerst sind es Reizungen, die entstehen durch den Kontakt mit Schimmel. Aber mit der Zeit können natürlich echte Schädigungen entstehen", sagt Becker. "Das heißt, ein Asthma bedeutet ja erst mal nur ein Krampf der Bronchien. Die gehen eng, man kriegt schlecht Luft, und dann geht es wieder auf. Aber irgendwann fängt das an, fester zu werden, dann können wir hinterher auch medikamentös nicht mehr den Vorzustand herstellen." So könne man einen Dauerschaden bekommen.

Bewohnerin klagt: Vermieter meldet sich nicht

"Wir haben den Vermietern - bis letztes Jahr der Adler und jetzt der LEG - die Situation mehrfach gemeldet", sagt Farahnaz Gholami. "Wir bekommen keine Rückmeldung. Wir bekommen nicht mal eine andere Wohnung im Haus hier, wenn sie die Wände schon nicht reparieren wollen", sagt Gholami.

Die LEG ist nachweislich seit dem 10. Januar schriftlich über die Schäden in ihrer Wohnung informiert - und schreibt: "Wir sind dem Anliegen bereits im Januar aktiv nachgegangen und haben immer wieder versucht, die Mieterin (...) zu erreichen." Die Familie habe über Monate alle Versuche einer Kontaktaufnahme zur Klärung des Anliegens ignoriert, schreibt die LEG weiter. Stimmt nicht, sagt Farahnaz Gholami. Sie sei erreichbar gewesen, doch von der LEG habe sich niemand um die Beseitigung des Schimmels gekümmert.

Körperverletzung durch Unterlassung?

Jochen Bung ist Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie an der Uni Hamburg. Aus seiner Sicht ist das Verhalten der LEG ein Fall für die Ermittlungsbehörden: "In dem man nichts gegen den Schimmelbefall unternimmt, könnte man sagen, ist das ein Angriff auf das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit, technisch gesprochen. Aber eben nicht durch aktives Tun, sondern indem man einfach nichts unternimmt", sagt Bung. Das sei ein möglicher Anknüpfungspunkt für einen Vorwurf, "in diesem Fall Körperverletzung".

Vermieter: Vorwurf ist eine Unverschämtheit

Die LEG teilt dazu mit: "Es ist gelinde gesagt, eine Unverschämtheit, uns nun auch nur im Ansatz der Körperverletzung zu bezichtigen. (...) Wir haben unsererseits alles unternommen, um hier helfen zu können."

Ein einziges Mal hätten zwei Männer vor ihrer Tür gestanden, sich aber nicht als Handwerker zu erkennen gegeben, sagt Farahnaz Gholami. Mittlerweile geht dieser Fall über das Quartiersmanagement an den Verein Mieter helfen Mietern. Familie Gholami hofft, dass nun endlich Bewegung in die Angelegenheit kommt. Und sie endlich gehört werden.

Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 15.07.2022 | 19:30 Uhr

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