Frust trotz guter Erträge: "Getreide für den Trog"
Weil der Proteingehalt zu niedrig ist, landet die Weizenernte in Schleswig-Holstein teilweise im Futtertrog für Schweine und nicht bei Bäckereien im Brot. Das sorgt für Unverständnis bei Bauern.
Trotz der Trockenheit stehen die Zeichen gut für eine mindestens durchschnittliche Getreideernte in Schleswig-Holstein. Genaue Zahlen gibt es zwar noch nicht, aber der Bauernverband vermeldet positive Signale. Allerdings ist der Proteingehalt des Getreides niedriger als sonst. Das ist ein Problem für die Landwirte und könnte auch für die Verbraucher teuer werden.
Bauernverband: Häufig keine Brotqualität erreicht
"Schleswig-Holstein und gerade die Westküste haben eine recht gute Ernte eingefahren. Wir hatten ein gutes Erntewetter. Der einzige Wermutstropfen ist, dass die Qualität des Rohproteins oft nicht für Brotqualität langt und dadurch das Getreide den Weg in den Trog finden muss", sagt Joachim Becker vom Kreisbauernverband Steinburg.
Mindestens 12 Prozent Proteinanteil gefordert
Um Brotqualität zu erreichen, muss der Rohproteinanteil von Weizen in Deutschland mindestens 12 Prozent erreichen. Bleibt der Eiweißgehalt darunter, taugt das Getreide in der Regel nur als Futtermittel für Schweine. "Der Preisunterschied liegt dann bei etwa fünf bis zehn Euro pro Tonne, kann aber auch deutlich höher ausfallen", sagt Ludwig Hirschberg vom Bauernverband Schleswig-Holstein. Das Rohprotein sorge dafür, dass das Brot kleinere Löcher im Teig aufweise. Angesichts der angespannten Situation auf dem Weltmarkt wegen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine und drohenden Engpässen durch chinesische Aufkäufe müssten die Grenzwerte auf dem deutschen Getreidemarkt überdacht werden. Es sei derzeit nicht zielführend, "Getreide für den Trog" zu produzieren.
Landwirte: Ursache ist Düngemittelverordnung
Der Bauernverband in Schleswig-Holstein führt den niedrigen Proteingehalt auf die geänderte Düngeverordnung zurück. Weil die Landwirte aus Umweltschutzgründen insgesamt weniger Dünger ausbringen dürfen, entstehe ein Stickstoffmangel im Boden, der wiederum einen höheren Proteingehalt des Getreides verhindern würde.
Mühlen erwarten Preisanstieg bei Endprodukten
Der Verbraucher muss wegen des Qualitätsverlustes bei der Weizenernte mit Preissteigerungen beim Bäcker rechnen, sagt Laborleiter Matthias Syben von den Holsteinischen Mühlenwerken Rusch in Itzehoe: "Wenn ich Getreide mit niedrigerem Protein habe, muss ich welches mit höherem Protein nachkaufen, um meine Mischung so einzustellen, dass mein Kunde daraus das richtige Produkte herstellen kann. Insofern wird sich auch der Produktpreis deutlich erhöhen."
Der Handel legt Grenzwerte fest
Die Standards für das Brotgetreide legt der Handel fest. Ein Rohproteingehalt von 10,5 Prozent gilt als niedrig, 12,5 Prozent als mittelklassig und 16,5 Prozent als hoch. Im Jahr 2021 betrug die Getreideernte in Schleswig-Holstein rund 2,5 Tonnen, davon entfielen allein 1,4 Millionen Tonnen auf Winterweizen. Heute will Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) die Zahlen zur Ernte in diesem Jahr vorstellen.