Hausschweine stehen in einem Stall. © picture alliance/ZB Foto: Patrick Pleul

Ferienidyll oder Viehzucht: Streit um die Schweinemast auf Fehmarn

Stand: 23.08.2022 14:43 Uhr

Ein Schweinehalter auf Fehmarn will seine Produktionsanlage erweitern. Dabei stößt er auf starken Gegenwind: Anwohner, aber auch Tierschutzorganisationen haben am Dienstag gegen das Vorhaben demonstriert.

von Mechthild Mäsker

Landwirt Falk Voß-Hagen kennt das schon: wann immer er seine Schweinemastanlage erweitern will, gibt es Proteste. Denn seine Ställe in Kopendorf und Schlagsdorf auf Fehmarn sind ein Beispiel für die Massentierhaltung, die in den vergangenen Jahren zunehmend in die Kritik gekommen ist. Voß-Hagen aber verweist darauf, dass er sich streng an alle gesetzlichen Vorgaben halte und sogar schon seit sechs Jahren ein Tierwohlprogramm mit Strohraum, Spielzeug und mehr Platz für die Tiere biete. Von denen er nun deutlich mehr mästen will als bisher. Darum will er die Ställe verlängern.

Protest von den Nachbarn

Sein Nachbar André Brockstedt kämpft gegen die geplante Erweiterung im Namen der Initiative "Lebenswertes Fehmarn". Brockstedt wohnt am anderen Ende des Dorfes, anderthalb Kilometer von der Anlage in Schlagsdorf entfernt. Gemeinsam mit Verbänden wie ProVieh und dem Bundesverband Tierschutz, mit der BUND-Kreisgruppe Ostholstein und anderen Initiativen hat er am Dienstagvormittag in Heiligenhafen demonstriert. Stellvertretend, sagt er, für all die Fehmaraner, die zwar keine eigenen Einwände eingereicht haben, aber dennoch gegen die Erweiterung sind.

Anhörung in Heiligenhafen

Dafür ist er extra auf das Festland gefahren. Denn im Kursaal Heiligenhafen fand die öffentliche Anhörung zum Erweiterungsplan statt. 35 Einwände sind beim zuständigen Amt für Landwirtschaft, Umwelt und Ländliche Räume (LLUR) eingegangen. Der Landwirt hat beantragt, so das LLUR, "die Anlage zur Aufzucht von Mastschweinen am Standort Schlagsdorf durch Umstrukturierung der Anlage von derzeit 10.548 Plätzen auf zukünftig 13.060 Mastschweineplätze zu erweitern. Im Einzelnen sind Änderungen der Stallflächenausnutzung und Belegungsdichten in zwei Stallgebäuden geplant. Ferner wurde beantragt, die Anlage zum Halten von Sauen am Standort Kopendorf durch Zusammenfassung und Erweiterung von bestehenden Anlagen auf zukünftig 1.820 Sauenplätze zu erweitern."

Schweinezüchter Voß-Hagen hat, wie er NDR Schleswig-Holstein bestätigt, beim LLUR tatsächlich mehrere Anträge gestellt, so dass er - samt Muttersauen, Jungsauen, männliche Ferkel - am Ende sogar auf gut 22.000 Tiere in seinen Ställen kommt.

Demo "Ferienidyll statt Schweinefabrik"

Die Gegner der Erweiterung befürchten eine zusätzliche Geruchsbelästigung und die Belastung des Grundwassers. Zudem wird das Fehlen einer Brandmeldeanlage moniert. Auch grundsätzlich ist den Tierschützern die Haltung der Tiere auf sogenannten Spaltböden ein Dorn im Auge. Darum hatten sie unter dem Motto "Ferienidyll statt Schweinefabrik" zur Demo vor der Anhörung aufgerufen. André Brockstedt wollte unbedingt dabei sein. Er meint, seine Nachbarn würden sich darauf verlassen, dass er ihre Interessen vertritt und so versucht er, die Erweiterung der Anlage zu verhindern.

Landwirt rechnet mit Genehmigung

Immerhin: Da es seit Februar 2021 eine aktualisierte Tierschutz-Nutztierhaltungsordnung gibt, dürfen keine sogenannten Kastenstände mehr eingebaut werden. Und die Schweine müssen alle fünf Tage Freilauf haben, nicht mehr alle 28 Tage, wie früher. Schweinezüchter Voß-Hagen, der 2003 in die Ferkelproduktion und Jungsauenvermehrung eingestiegen ist, zeigt sich überzeugt, dass seine Anlage allen Richtlinien entspricht. Er rechnet im Oktober mit einer Genehmigung. Schon im Jahr 2015, bei der ersten großen Erweiterung, hat er für seine Schweinemastanlage eine Genehmigung erhalten. Er sieht sich auch diesmal gut aufgestellt gegen alle Einwände.

ProVieh dagegen erklärt, der Verein behalte sich eine Klage ausdrücklich vor - denn nur ein verbandsklageberechtigter Verein kann das tun. Auf eine solche Klage als letztes Mittel hofft auch André Brockstedt, denn mehr als Einwände erheben kann er weder als Einzelperson noch als Vertreter der Initiative "Lebenswertes Fehmarn" Dafür, dass Fehmarn lebenswert bleibt, will er weiter kämpfen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 23.08.2022 | 09:00 Uhr

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Massentierhaltung

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