Fall Nommensen: Prozess gegen Polizeigewerkschafter gestartet
Vor dem Lübecker Landgericht ist am Montag der Prozess gegen den früheren stellvertretenden Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft in Schleswig-Holstein, Thomas Nommensen gestartet. Ihm wird Geheimnisverrat in 16 Fällen vorgeworfen.
Am Lübecker Landgericht werden zwei Anklagen der Kieler Staatsanwaltschaft aus dem Jahr 2020 zusammen verhandelt. Die Vorwürfe, um die es geht, hatten hohe Wellen geschlagen: Thomas Nommensen soll Informationen an einen Polizeireporter weitergegeben haben. Damit, so der Vorwurf, habe er gegen seine Verschwiegenheitspflicht verstoßen - als Polizeibeamter, als Gewerkschafter und als Mitglied des Hauptpersonalrats der Landespolizei. Konkret ging es um Einsatzdetails, Fotos, vertrauliche Dokumente oder Auszüge aus polizeilichen Datenbanken.
Nommensens Verteidiger Michael Gubitz hatte zunächst einen Befangenheitsantrag gegen die Richterinnnen und Richter am Landgericht gestellt, er spricht von Vorfestlegungen. Dieser Antrag wurde zwar gleich zu Beginn des Prozesses als unzulässig verworfen. Allerdings gab es mehrfach Widerspruch von Gubitz und deswegen mehrere Unterbrechungen.
Staatsanwaltschaft: "Fälle sind schwerwiegend"
Die Staatsanwaltschaft wirft dem 54-Jährigen insgesamt 16 Fälle des Durchstechens von Informationen an einen Reporter und andere vor. "Ihm ging es allein um die Skandalisierung von ihm empfundener Missstände bei den Ermittlungsbehörden", sagte Oberstaatsanwalt Henning Hadeler am Montag während der Anklageverlesung. Durch das Durchstechen von Informationen habe der Beamte auch polizeiliches Vorgehen gefährdet.
Der Gewerkschafter und der Journalist hatten sich laut Staatsanwaltschaft im Sommer 2017 kennengelernt und Freundschaft geschlossen. In der Folge habe Nommensen für den Reporter als "externer Rechercheur" fungiert, der diesem bei Verbrechen teilweise eine "Art Liveticker" lieferte. Einmal habe Nommensen dem Reporter geschrieben: "Seit wann kriegst Du von mir Fake News? Also reinhauen." Ziel des Beamten sei es demnach auch gewesen, die von ihm verhasste Polizeiführung schlecht dastehen zu lassen.
Erklärung von Nommensen erwartet
Thomas Nommensen selbst verfolgte die Verhandlung bislang relativ gelassen, schüttelte nur ab und zu den Kopf. Der erste Prozesstag ist inzwischen beendet. Es wird erwartet, dass sich der Angeklagte im Laufe der Verhandlung noch persönlich äußern wird. Bereits im Vorfeld hatte der Verteidiger eine Erklärung seines Mandanten während des Verfahrens angekündigt. Nommensen sei bereit, Verantwortung für sein Verhalten zu übernehmen, das er in einer persönlichen Erklärung ausführlich erläutern werde, so Gubitz.
Für den Prozess hat das Gericht insgesamt vier Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil könnte Anfang Juli fallen.