Ein Stück Theater zum Mitnehmen: Schauspielhaus verkauft Kostüme
Wer ein besonderes Abendkleid suchte oder seinen Kleiderschrank um Hähnchenkostüme erweitern wollte, konnte am Freitag im Schauspielhaus Kiel fündig werden. Zum vierten Mal öffnete das Haus seine Türen zum Kostüm- und Fundusausverkauf.
Die Flure im Schauspielhaus Kiel sind voll. Etwa 2.000 handgefertigte Stücke warten auf den Garderobenstangen auf einen neuen Besitzer. Ein letztes Mal prüft Gewandmeisterin Franziska Lindbeck, ob auch wirklich jedes Teil mit einem Preisschild versehen ist. Sie erwartet heute einen großen Andrang so kurz vor Halloween. Einige der Stücke hat sie selbst entworfen. Die Anfertigung kann eine volle Woche beanspruchen. Auch deshalb sagt sie: "Ich finde es schön, dass die Kostüme auf diese Weise weiterleben. Einige von ihnen wurden nur eine Spielzeit lang getragen und verschwanden dann für immer im Fundus - bis jetzt."
Kostüme aus den 50er- und 60er-Jahren
Einige Kostüme lagerten dort mehrere Jahrzehnte. "Bei diesem Kleid tippe ich auf 50er- oder 60er-Jahre. Das erkennt ein geschultes Auge an der Naht", verrät die Gewandmeisterin. Für welche Stücke die Kostüme angefertigt worden sind, ist nicht immer gleich zu erkennen. Bei einigen lässt sich nur aufgrund der schmalen Figur erahnen, dass sie wohl eher für das Ballett gedacht waren. "Die Tänzerinnen sind ja besonders schlank und sportlich", sagt Lindbeck und nimmt ein grünes Kostüm mit angenähten Verzierungen und angemalten bunten Punkten. "Das ist typisch Theater! Wenn wir ein Muster nicht finden, dann entwerfen wir es eben selbst. Es wird genäht, gepinselt und bemalt: Alles, was zur Hand ist, findet Einsatz!", lacht Lindbeck.
Requisten für Käufer mit viel Fantasie
Auch Requisiten suchen ein neues Zuhause. Zum Beispiel eine etwa zwei Meter lange Sphinx oder eine etwa zwei Meter hohe Pharao-Statue aus der Oper "Aida". Die feierte 2019 in Kiel Premiere. Requisiteurin Maike Guttau ist sich sicher: Die Stücke kommen heute weg. "Menschen, die ins Theater gehen, haben ganz oft sehr viel Fantasie. Die können sich da was einfallen lassen." Sie wird Recht behalten. Nur wenige Minuten nachdem das Haus seine Türen öffnet, ist der Pharao bereits verkauft. "Ich mache jedes Jahr ein Halloweenhaus. Da habe ich schon das ganze Jahr überlegt: Was mache ich nächstes Jahr? Jetzt habe ich mein Motto: Ägypten!", strahlt die stolze Käuferin. Sie hat 150 Euro bezahlt. Damit ist die Statue eines der teuersten Stücke, die es zu kaufen gab. Die Preise für die Kostüme liegen meist zwischen zwei und dreißig Euro.
4.300 Euro für die Gemeinschaftskasse
Nicht alle Kaufinteressenten kommen wegen Halloween. "Ich habe jetzt was für die Gartenarbeit", lacht ein Mann mit einem meterlangen Mantel in der Hand. "Und ich wollte was für die Kinder für den Kinderzirkus, den ich leite", sagt eine Frau mit Dutzenden Kostümen in der Hand. Einer probiert auch das Hähnchenkostüm, aber leider geht es nicht ganz zu. "Ein anderes Mal", seufzt er.
Nach viereinhalb Stunden ist Schluss: 4.300 Euro haben die Käufer und Käuferinnen ausgegeben. Die kommen in die Gemeinschaftskasse des Theaters und der Oper Kiel. Sie werden für das eingesetzt, was eben ansteht, unter anderem für neue Requisite und neue Kostüme, die sich irgendwann sicherlich auf den Garderobenstangen in den Fluren des Schauspielhauses wiederfinden werden.
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