Ehrenamtliche legen sich für Geflüchtete aus der Ukraine ins Zeug
Nach Angaben der Vereinten Nationen sind bisher mehr als 3,5 Millionen Menschen aus der Ukraine ins Ausland geflohen - weit mehr als 200.000 von ihnen nach Deutschland. Ihre Unterbringung und Versorgung ist für die Städte und Gemeinden eine große Herausforderung. Ohne freiwillige Helfer wäre sie nicht zu meistern.
Ein Beispiel aus Schleswig-Holstein macht deutlich, wie die Kommunen in der Krise anpacken müssen - und wie stark sie dabei auch auf ehrenamtliche Unterstützung angewiesen sind: In Norderstedt engagiert sich der Verein "Willkommen Team" seit Jahren in der Flüchtlingshilfe. Ehrenamtliche Helferinnen stellen dort zurzeit für Familien aus der Ukraine Pakete zusammen, die das Ankommen erleichtern sollten: Töpfe, Geschirr, Putzlappen, Lebensmittel für die ersten Tage - das alles stammt aus Spenden. Aber weil so viele Menschen aus der Ukraine hierher kommen, wird schon bald Nachschub gebraucht.
Unterbringung ohne privates Engagement kaum möglich
Die Vereinsvorsitzende Ilka Bandelow engagiert sich seit Jahren ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe. Ohne Spenden und unbezahlte Unterstützung wäre es gar nicht möglich, so viele Menschen aufzunehmen, sagt sie. So seien etwa 400 Geflüchtete aus der Ukraine in Norderstedt privat untergekommen. Das sei eine gewaltige Entlastung für die Stadt nördlich von Hamburg mit ihren mehr als 80.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. In den städtischen Unterkünften gibt es nämlich kaum noch Platz, weil Menschen aus anderen Krisengebieten, wie etwa Afghanistan, noch dort wohnen. Nach Einschätzung von Bandelow finden viele Geflüchtete keine bezahlbare Wohnung, selbst wenn sie mittlerweile einen Job haben.
Rathaus-Team in Norderstedt hat auf Krisenmodus umgeschaltet
Knapp zwei Kilometer vom Sitz des Vereins entfernt arbeiten Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder (SPD) und ihr Team im Norderstedter Rathaus im Krisenmodus. Sie suchen nach neuen Unterkünften für die Geflüchteten aus der Ukraine. Das kann durchaus kostspielig werden, auch ein Hotel hat die Stadt schon angemietet. Das sei zwar nicht günstig, so die Oberbürgermeisterin, aber der Betreiber sei der Stadt in der Verhandlung sehr entgegen gekommen. Andere Angebote habe man dagegen abgelehnt; die Stadt wolle keine Kriegsgewinnler unterstützen.
Roeder: Herausforderung durch Geflüchtete ist größer als 2015
Container und sogar eine Turnhalle werden in Norderstedt zurzeit ebenfalls als Unterkünfte vorbereitet. Das letzte Mal, dass viele flüchtende Menschen aus dem Ausland innerhalb weniger Wochen ankamen, war im Jahr 2015, als der Krieg in Syrien eskalierte. Norderstedts Oberbürgermeisterin geht davon aus, dass dieses Mal noch mehr Flüchtende kommen werden. Viele Mitarbeitende in der Stadtverwaltung leisteten deshalb im Moment Überstunden. Die Frage, wer am Ende die Kosten trägt, stehe dabei nicht im Vordergrund, sagt die Sozialdezernentin Katrin Schmieder. Sie hat erlebt, wie traumatisiert und erschüttert viele Menschen sind, die aus der Ukraine nach Norderstedt kommen - und sie geht davon aus, dass Bund, Land und Kommunen zusammenstehen werden, wenn es um Ende um die Übernahme der Kosten geht.
Diskussion um Finanzierung hat in Norddeutschland bereits begonnen
Verhandelt wird darüber allerdings schon jetzt in ganz Norddeutschland. Aus Lübeck heißt es dazu, dass die Stadt in Vorleistung geht. Erwartet wird aber, dass Bund und Land die Kosten später übernehmen. In Niedersachsens Landeshauptstadt Hannover könnte ein Nachtragshaushalt nötig werden, um die Mehrkosten zu finanzieren. Die Stadt Braunschweig hat bereits ein Krisenbudget von 2,5 Millionen Euro bereitgestellt. Wahrscheinlich wird das nicht ausreichen. Eine Erhöhung auf zehn Millionen Euro ist geplant.
Schlechte Erfahrungen mit Bund und Land
Daniel Riemer von der Stadtverwaltung in Schwerin wird noch konkreter: Die Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern rechnet für die Unterbringung und Versorgung der bisher etwa 1.000 Menschen aus der Ukraine mit Kosten von 25.000 Euro pro Tag. Aufs Jahr gerechnet könnten es neun Millionen Euro werden, wenn nicht noch viel mehr Menschen kommen. Die Erfahrung aus dem Jahr 2015 zeige, dass die Kommunen am Ende auf einem Teil der Kosten sitzen bleiben. Damals sei es etwa ein Drittel des für die Versorgung der Flüchtlinge benötigten Geldes gewesen, das nicht von Bund und Land erstattet wurde.
Schlagwörter zu diesem Artikel
Flüchtlinge
