A20: (K)ein Ende vom Ende in Sicht?

Stand: 11.11.2022 05:00 Uhr

Die IHK fordert einen schnellen Weiterbau der A20 bei Bad Segeberg. Auch laut Verkehrsminister Madsen ist die Autobahn dringend notwendig. Doch der Naturschutz verzögert immer wieder die Planungen.

von Katharina van der Beek

Eigentlich ist die A20 seit fast 30 Jahren eine Dauerbaustelle. Vier Bundesländer soll sie verbinden. Zwischen 1992 und 2005 wurden bereits rund 320 Kilometer Autobahn gebaut, von der Uckermark bis zur A1 bei Lübeck. Von 2005 bis 2009 kamen dann noch 22 Kilometer bis kurz vor Bad Segeberg dazu. Alle weiteren Abschnitte befinden sich in der Planung.

IHK fürchtet ewiges Ende in Bad Segeberg

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) in Schleswig-Holstein fordert jetzt mit Nachdruck, dass im Land weitergebaut wird. Durch das bisherige Ende der A20 bei Bad Segeberg kommt es in der Stadt regelmäßig zu Staus. Aus Sicht der IHK ist das nicht nur für die Anwohnenden ein Problem, sondern auch für die Unternehmen. "Die wissen nie: Wie lange stehen sie denn in Bad Segeberg im Stau? Wann können sie ihre Kunden erreichen? Wann können sie von ihren Lieferanten erreicht werden?", sagt Sabine Schulz von der IHK. Die Sorge: Weitere Klagen könnten dazu führen, dass die Trassen für die neue Autobahn erneut umgeplant werden müssen und der Bau weiter ausgebremst wird.

Größte Herausforderung: Habitats- und Artenschutz

Die größte Herausforderung bei der Planung ist der Habitats- und Artenschutz. Schon mehrfach hat das Bundesverwaltungsgericht hier Nachbesserungen gefordert. Unter anderem musste die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES), die seit 2017 für die Planung und den Bau der A20 zuständig ist, wegen Hangbiotopen den Abschnitt 3 bei Bad Segeberg umplanen, damit die Eingriffe in das Naturschutzgebiet Travetal möglichst klein gehalten werden.

Sorge um Fledermäuse in Kalkberghöhle

Geklagt wurde auch aus Sorge um die Fledermäuse in der Segeberger Kalkberghöhle. Mehr als 30.000 Tiere überwintern dort. Weil die Autobahnplaner laut dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts die Routen der Fledermäuse nicht ausreichend untersucht hatten, muss nachgebessert werden. Mittlerweile sieht die DEGES 13 spezielle Flora- und Faunabrücken über dem Abschnitt 3 von Weede nach Wittenborn (beide Kreis Segeberg) vor, damit Fledermäuse die Autobahn sicher überqueren können.

Neue Heimat für die Haselmaus wird geschaffen

Auch beim Schutz der Haselmaus müssen die Autobahnplaner noch nachlegen. Denn die gilt in vielen Teilen Schleswig-Holsteins als ausgestorben. In der Region um Bad Segeberg, im geplanten Abschnitt 3 und im Abschnitt 4 von Wittenborn zur A7, leben zahlreiche der kleinen Tiere. Bei Todesfelde im Kreis Segeberg müssen künftig rund 100 Haselmäuse umgesiedelt werden, bevor der Bau beginnen kann. Die Vorbereitungen dafür laufen. Rund sieben Kilometer neue Knicks werden als Lebensraum angelegt. Ein Meter hoch muss ein Knick sein und möglichst artenreich mit beispielsweise Hasel, Brombeere, Eichen oder Feldahorn bepflanzt werden, damit sich die Tiere wohl fühlen.

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Die wachsenden Knicks werden immer wieder von Experten der DEGES kontrolliert. Besonders wird darauf geachtet, ob die Sträucher schon Beeren tragen, denn die brauchen die Haselmäuse als Nahrung. Auf Dauer müssen Gutachten zeigen, ob die neuen Habitate für die Nagetiere geeignet sind. Die Planungen müssen gerichtssicher sein, damit es nicht zu weiteren Klagen kommt und der Bau der A20 dort beginnen kann.

Rastplätze und Moorböden müssen erhalten bleiben

Auch auf anderen Abschnitten müssen die Planenden noch nachbessern. Im Abschnitt 5 von der A7 bis zur L114 werden noch Flugbewegungen von Fledermäusen analysiert. Im Abschnitt 6 liegt die Niederung der Hörner Au, eines der wichtigsten Rastgebiete für Zwergschwäne. Hier müssen Ersatzflächen für die Tiere gefunden werden. Und ein Stück weiter im Abschnitt 7 musste ein spezielles System entwickelt werden, damit beim Bau der Autobahn der alte Moorboden der Elbmarschen erhalten bleibt.

Bei Bad Segeberg könnte als erstes gebaut werden

Weiter ist die DEGES beim letzten Abschnitt in Schleswig-Holstein mit dem geplanten Elbtunnel. Hier wird noch in diesem Jahr der Planfeststellungsbeschluss erwartet. Gebaut werden kann dann aber noch nicht. Die Bauarbeiten an den Abschnitten 7 und 8 können nur beginnen, wenn der Bau auch auf niedersächsischer Seite genehmigt ist. Die DEGES rechnet deshalb damit, dass bei Bad Segeberg als erstes die Bagger rollen. 2024 erwarten die Planenden hier den Planfeststellungsbeschluss und anschließend Baurecht.

A20 für Verkehrsminister Madsen nicht verhandelbar

Für den schleswig-holsteinischen Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (parteilos) ist klar, dass die A20 kommen muss: "Sie ist auch in einer Planungstiefe, dass man da gar nicht mehr drüber diskutieren sollte", so Madsen. Auch beim Bund mache er sich daher für den Weiterbau stark. Ob allerdings schon 2030, wie einst geplant Autos über neue A20-Abschnitte rollen, bleibt unklar.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 10.11.2022 | 19:30 Uhr

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