Pflegekräfte und Kita-Beschäftigte erkranken öfter an Covid
Die Techniker Krankenkasse hat Corona-Diagnosen ihrer Mitglieder ausgewertet. Pflegekräfte und Beschäftigte in Kitas infizieren sich demnach deutlich häufiger als andere Berufstätige.
Die bundesweit größte gesetzliche Krankenversicherung hat alle Corona-Diagnosen der erwerbstätigen Mitglieder ausgewertet, insgesamt knapp 28.000. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Berufsgruppen bei der Techniker Krankenkasse sind extrem. Das zeigen die Zahlen, die NDR Niedersachsen vorliegen. Während im Durchschnitt von 100.000 Erwerbstätigen knapp 500 aufgrund einer Corona-Infektion krankgeschrieben wurden, so waren es bei ambulanten und stationären Altenpflegekräften mit gut 1.200 mehr als doppelt so viele.
Größtes Risiko tragen Mitarbeitende in sozialen Berufen
Danach kommen Kita-Beschäftigte, gefolgt von Krankenschwestern und -pflegern. Ebenfalls unter den besonders betroffenen Berufsgruppen: Ergo- und Physiotherapeuten, medizinische Fachangestellte wie Arzthelferinnen sowie Sonderpädagoginnen und -pädagogen, Ärztinnen und Ärzte. "Wir sehen in unseren Daten, dass vor allem Menschen in sozialen Berufen mit engem Kontakt zu anderen Menschen mit der Diagnose Covid-19 krankgeschrieben werden", so Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse, zu NDR Niedersachsen.
ITler erkranken seltener, Friseure durchschnittlich oft
Besonders selten erhielten dagegen diejenigen berufstätigen Versicherten eine Corona-Diagnose, die in der Wissenschaft und Forschung arbeiten, dort waren es nur knapp 200 pro 100.000 Erwerbstätige. Auch Mitarbeiter im Controlling und in der IT waren selten betroffen. Die viel diskutierten Friseurinnen und Friseure waren in etwa so häufig aufgrund einer Corona-Infektion arbeitsunfähig wie der Durchschnitt der Berufstätigen.
Ver.di fordert Konzept zum Schutz von Kita-Beschäftigten
Vor allem Erzieherinnen und Erzieher waren in der Pandemie vergleichsweise spät in den Fokus der Politik gerückt. Während Altenpflegekräfte beim Impfen von Anfang an in Gruppe 1, also der Gruppe mit der höchsten Priorität, eingeordnet wurden, sollten Kita-Kräfte ursprünglich deutlich später geimpft werden. Mittlerweile sind sie in die zweite Gruppe vorgerückt, aber immer noch haben nur wenige eine Impfung erhalten - und das, obwohl in Niedersachsen in den meisten Einrichtungen jetzt wieder der eingeschränkte Regelbetrieb aufgenommen wird. Das kritisiert auch Martin Peter vom ver.di-Landesbezirk Niedersachsen-Bremen: "Für uns folgt aus den Zahlen der TK, dass es überhaupt nicht verständlich ist, dass am 8. März zum Regelbetrieb übergegangen wird. Wir brauchen ein klares Konzept, was die Test- und Impfstrategie für die Beschäftigten in den Kitas angeht."
Wie viele Lehrer stecken sich an?
Lehrkräfte und Polizisten kommen in der Studie der TK nicht vor, da sie als Beamte nicht Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind. Nach aktuellen Schätzungen des Kultusministeriums in Niedersachsen erkrankten im vergangenen Jahr etwa 600 bis 700 der insgesamt 80.000 Lehrkräfte an einer Corona-Infektion. Vergleicht man diese Zahlen mit denen der TK, liegen die Lehrkräfte damit über dem Durchschnitt aller Erwerbstätigen, aber unter den Kita-Beschäftigten.
Besonders betroffen: Jobs mit hohem Frauenanteil
Frauen erkrankten über alle Berufsgruppen hinweg im Schnitt deutlich häufiger an Covid-19 als Männer. Das liegt vor allem an den Berufen an der Spitze des Rankings. Der Frauenanteil ist dort, wo überdurchschnittlich viele Beschäftigte eine Corona-Diagnose erhielten, besonders hoch, teilweise beträgt er bis zu 88 Prozent. In den drei am wenigsten betroffenen Berufsgruppen ist dagegen der Männeranteil mit bis zu 86 Prozent sehr hoch.
Gewerkschaften sehen Last der Pandemie bei Frauen
Dass Frauen und Männer von der Corona-Pandemie unterschiedlich betroffen sind, darauf weisen Gewerkschaften auch anlässlich des internationalen Frauentags hin. "Frauen tragen die große Last der Corona-Pandemie", heißt es beispielsweise bei der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Ähnlich äußert sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). "Vor allem Frauen arbeiten in systemrelevanten und zugleich unterbezahlten Berufen", sagt Sophia Michaelis, Referentin für Frauen- und Gleichstellungspolitik beim DGB-Bezirk Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt.
TK liefert als erste Krankenkasse Zahlen für ein Jahr
Mit den Zahlen der Techniker Krankenkasse liegen zum ersten Mal die Corona-Diagnosen für die Berufstätigen einer Kasse für das komplette Jahr 2020 vor. Mit fast elf Millionen Versicherten ist die Techniker Krankenkasse die größte bundesweite gesetzliche Krankenkasse und hat allein in Niedersachsen mehr als 900.000 Mitglieder. Die AOK hatte bereits Coronadignosen bis Oktober 2020 ausgewertet und kam dabei zu vergleichbaren Ergebnissen.
