Impfwoche: Der Fokus liegt auf Kindern und Jugendlichen
Diese Woche können sich Schülerinnen und Schüler ab zwölf Jahren vielerorts in Niedersachsen gegen Corona impfen lassen. Das Land hofft, dass sich viele junge Menschen beteiligen.
Auf dem Braunschweiger Schlossplatz etwa nutzen Eltern die Gelegenheit, ihre Kinder in einem Impfmobil immunisieren zu lassen - in Jahrmarkt-Atmosphäre zwischen Karussells. "Das Angebot wird gut angenommen, gerade vor dem Ende der Sommerferien", sagte Ulf Hilger, stellvertretender Leiter des Impfzentrums, dem NDR in Niedersachsen. Öffentliche Aktionen wie diese brächten das Impfen noch einmal ins Bewusstsein. Auch an der Lasertag-Halle in Hameln (Landkreis Hameln-Pyrmont) steht ein Impfteam bereit.
Eltern dürfen sich auch impfen lassen
Ziel der Landesregierung ist es, junge Menschen dort zu impfen, wo sie sich ohnehin aufhalten. Die Eltern müssen der Impfung allerdings zustimmen und am Arztgespräch teilnehmen - und können sich gegebenenfalls selbst impfen lassen. "Jede Impfung schützt nicht nur Sie selbst vor einer Infektion und einem schweren Krankheitsverlauf. Sie trägt auch dazu bei, dass wir als Gesellschaft gut durch den Herbst und Winter kommen", appellierte Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) am Montag.
Minister Tonne: Viele Schulen beteiligen sich
Daneben können Interessierte auch die Impfzentren nutzen: In Göttingen, Hannover und Nienburg sind dafür keine Termine nötig. Hinzu kommen Angebote an Schulen und Berufsschulen, zum Beispiel in Walsrode, Munster und in der Grafschaft Bentheim. Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) zeigte sich vorab erfreut: Viele Schulen wollten sich beteiligen, so der Minister. Schülerinnen und Schülern könne man nun "ein niedrigschwelliges Angebot machen". Die meisten jungen Menschen seien "sich auch klar darüber, dass eine hohe Impfquote bei Jugendlichen ab zwölf Jahren hilft, den Präsenzunterricht zu sichern und darüber hinaus Freiheiten in Freizeit, Sport und Kultur zu sichern", sagte Tonne.
Kritik an Impfung in Schulen: Druck auf Schüler?
An dem Impfangebot in Schulen gibt es allerdings Kritik. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) etwa befürchtet Diskussionen mit Impfgegnerinnen und -gegnern und Gruppenzwang. Schülerinnen und Schüler würden indirekt unter Druck gesetzt, sich impfen zu lassen. Ähnliche Argumente äußerten Kinder- und Jugendärzte. Sebastian Schumacher, Sprecher des Kultusministeriums, widerspricht: "Damit wird kein Druck erzeugt, sondern damit werden Möglichkeiten erzeugt." Wenn die gesellschaftliche Diskussion um das Impfen auch an die Schulen getragen werde, sei das zudem auch "im Sinne des pädagogischen Auftrags". Dass die Impfung der Jugendlichen überhaupt vorangetrieben wird, trifft hingegen auf breite Zustimmung auch bei Lehrerverbänden.
Behrens: Impfwunsch in den Familien ist groß
Niedersachsen zählt laut Gesundheits- und Kultusministerium bei den geimpften Kindern und Jugendlichen zu den bundesweiten Spitzenreitern. Am 26. August waren landesweit 35,2 Prozent der 12- bis 17-Jährigen einmal und 20,7 Prozent zweimal geimpft. Davon, dass die Ständige Impfkommission (Stiko) die Corona-Impfung für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren mittlerweile ohne Einschränkung empfiehlt, verspricht sich die Landesregierung eine steigende Nachfrage. "Unsere Zahlen zeigen, dass der Wunsch nach einer Impfung in den Familien groß ist", so Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD).
Weil erwartet bald Zulassung für unter Zwölfjährige
Eine Corona-Impfung könnte Ministerpräsident Stephan Weil zufolge auch für kleinere Kinder möglich werden. "Nach allem, was ich höre, kann das schon im September der Fall sein", sagte der SPD-Politiker der "Rheinischen Post". "Ich wäre sehr froh, wenn sich auch jüngere Kinder zeitnah impfen lassen könnten." Weil wehrte sich in dem Interview gegen den Eindruck, Bund und Länder würden ungeimpfte Kinder einer "Durchseuchung“"preisgeben. Diesen Begriff halte er angesichts der vielen Schutzmaßnahmen und strengen Tests für zynisch. "Wir geben niemanden schutzlos dem Virus preis", so der Landeschef. Es sei eine Abwägungsfrage. "Geschlossene Schulen halte ich für sehr viel schädlicher für die Kinder und Jugendlichen."
Landeselternrat: Sicheren Präsenzunterricht gewährleisten
Laut Robert Koch-Institut ist die vierte Corona-Welle bereits in Deutschland angekommen. In Niedersachsen liegt die Inzidenz demnach bei 59,9 (Stand: Montag, 30. August). Bei den vielfach noch nicht geimpften 12- bis 17-Jährigen sei sie allerdings besonders hoch. Beim Landeselternrat Niedersachsen wachsen angesichts des bevorstehenden Schulstarts die Sorgen. "Die Pandemiefestigkeit unserer Schulen wird nicht allein durch die veränderte Stiko-Empfehlung zu erreichen sein", hieß es in einer Mitteilung. Der Landeselternrat forderte "Bund, Land und Kommunen dazu auf, durch ein gemeinsam abgestimmtes Handeln endlich sicheren Präsenzunterricht für alle Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten". Die Umsetzung eines wirksamen Infektionsschutzes in den Bildungseinrichtungen sei wichtiger denn je.
