Energiekrise: Unkonventionelles Fracking wieder eine Option?

Stand: 10.08.2022 10:38 Uhr

Unkonventionelles Fracking ist seit 2017 verboten. Doch angesichts des Gasmangels wird derzeit intensiv über die Methode diskutiert. Die bundesweit größten Vorkommen liegen in Niedersachsens Untergrund.

Doch davon lässt sich mithilfe von sogenanntem konventionellen Fracking nur ein Teil des Gases fördern, wie Sprecher Eike Bruns vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) erklärte. Bei konventionellen Lagerstätten handele es sich beispielsweise um porösen Sandstein. Daraus lasse sich das Gas leicht lösen. Viel mehr Gas sei allerdings tiefer und dicht eingeschlossen in Schiefergestein zu finden. "Dann muss man das eben aufbrechen", so Bruns. Dafür werde ein flüssiges Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien bis zu fünf Kilometer tief in den Boden gepumpt. Durch den hohen Druck werde das Gestein brüchig und das Gas entweiche aus den Poren.

Expertenkommission des Bundes hält Risiken für beherrschbar

Risiken der Methode sind mögliche Verunreinigungen von unter- und oberirdischen Gewässern sowie mikroseismische Erschütterungen, sagte Geologe Holger Weiß von der Expertenkommission des Bundes. Diese Erdbeben würden möglicherweise durch die Fracking-Maßnahmen oder das Verpressen von Lagerstätten-Wasser ausgelöst. Zudem könnte Methangas freigesetzt werden - und das gelte als erheblich klimaschädlicher als Kohlendioxid (CO2). Gleichzeitig hält die Kommission die Risiken durch unkonventionelles Fracking für beherrschbar, sofern es tief genug stattfindet. "Wir reden nicht von oberflächennahen Lagerstätten, sondern von 1.000, 2.000, 4.000 Metern Tiefe, und allein durch diese große Tiefe ist natürlich schon ein gewisses Sicherheitspolster eingebaut", sagt Weiß.

Fracking laut LBEG keine schnelle Lösung für Energiekrise

Doch selbst wenn der Bundestag das Fracking-Verbot sofort aufheben würde, würde das Schiefergas in der akuten Energiekrise nicht helfen, sagte LBEG-Sprecher Bruns: "Es wäre vielleicht in vier oder fünf Jahren realisierbar." Darüber hinaus geht er davon aus, dass Klagen den Start weiter verzögern würden und dann acht bis zehn Jahre bis zu ersten Arbeiten vergehen könnten. Theoretisch genügten die Schiefergas-Ressourcen, um den Jahresbedarf an Erdgas in Deutschland zehn Jahre zu decken. "Es müsste vor dem Hintergrund des Krieges politisch neu bewertet werden, ob man sich dem Fracking unkonventioneller Lagerstätten nähern sollte oder nicht, aber das ist eine politische, eine gesellschaftspolitische Entscheidung, aber keine wissenschaftliche", sagte Geologe Weiß.

Rot-Schwarz will kein Fracking in Niedersachsen

Die rot-schwarze Landesregierung lehnt Fracking ab. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte sich vor Kurzem über einen entsprechenden Vorschlag seines bayerischen Amtskollegen Markus Söder (CSU) empört. Zuvor hatte Wirtschaftsminister und Vize-Landeschef Bernd Althusmann (CDU) betont, dass vor einem Einstieg in diese umstrittene Technologie alle anderen Optionen ausgeschöpft werden müssten.

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NDR 1 Niedersachsen | Funkbilder - der Tag | 10.08.2022 | 16:00 Uhr

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