Corona in Niedersachsen: Lockern trotz neuer Höchststände?
Die Corona-Infektionen bewegen sich auch in Niedersachsen auf Rekordniveau. Angesichts der Entwicklung hält die Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) die vom Bund geplanten Corona-Lockerungen für verfrüht.
"Die Öffnungspläne müssen verschoben werden", sagte Ärztekammer-Präsidentin Martina Wenker der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ). Derzeit habe man ein Allzeithoch und vor allem täglich weiter steigende Inzidenzen. Der von der Bundesregierung für nächsten Sonntag geplante Wegfall der meisten noch geltenden Corona-Auflagen mache sie ratlos. "Davor kann ich nur warnen", sagte Wenker.
Niedersachsen plant Übergangsregeln
Zuvor hatte bereits Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) die Lockerungen mehrfach kritisiert. Bernd Althusmann (CDU), Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident, drängte am Montag auf eine Überarbeitung des Lockerungsplans des Bundes: "Wer in dieser Situation quasi alles lockert, handelt nicht verantwortungsvoll." Die Landesregierung hat angekündigt, Ende der Woche eigene Übergangsregeln vorzulegen. Diese sollen bis Anfang April gelten. Welche Corona-Regeln dann hierzulande weiterhin Bestand haben sollen, ist bislang nicht bekannt. Wenker sprach sich gegenüber der NOZ dafür aus, dass mindestens die allgemeine Maskenpflicht und die derzeit bestehenden Regelungen weiter gelten sollten.
Wenker: Verschärfungen nicht ausschließen
Zudem dürften auch zusätzliche Verschärfungen nicht ausgeschlossen werden, so Wenker. "Wenn die Zahlen noch weiter steigen, die Kliniken an die Belastungsgrenze gelangen und wir weitere Personalausfälle in der Patientenversorgung zu beklagen haben, dann sehe ich uns wieder in eine prekäre Situation kommen. Und dann müssen wir auch wieder zu schärferen Maßnahmen greifen", sagte die Ärztekammer-Präsidentin.
Inzidenz bei mehr als 1.400 - Tendenz steigend
In Niedersachsen waren am Sonntag sowohl die Inzidenz der Neuinfektionen als auch der Krankenhausaufnahmen so hoch wie noch nie während der Pandemie. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag am Sonntag landesweit bei 1.389,3, die sogenannte Sieben-Tage-Hospitalisierungs-Inzidenz bei 12,9. Bereits am Freitag und Sonnabend hatten die Werte Höchststände erreicht. Am Montag überschritt die Sieben-Tage-Inzidenz dann den Wert von 1.400, die Hospitalisierungs-Inzidenz lag bei 13.2.
Welte: Sorglosigkeit hat sich breit gemacht
Lungenfacharzt Tobias Welte von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) macht für den Anstieg der Corona-Zahlen drei Gründe verantwortlich: Neben der Ausbreitung der sehr ansteckenden Omikron-Variante BA.2 habe sich auch eine "gewisse Sorglosigkeit der Menschen" breit gemacht, sagte Welte am Sonnabend im NDR Regionalmagazin Hallo Niedersachsen. Dabei spiele auch der Krieg in der Ukraine eine Rolle. Darüber hinaus würden viele Menschen weiterhin in Skigebiete reisen, was zu hohen Ansteckungsraten führe. Welte betonte allerdings auch: Die Omikron-Variante sei "letztlich ähnlich der Influenza". Es gebe keine übermäßige Belastung der Krankenhäuser, so der Direktor der MHH-Klinik für Pneumologie.
"Auf dem Weg zu einer Durchseuchung"
Welte sieht Niedersachsen und Deutschland "auf dem Weg zu einer Durchseuchung", wie dies zuvor schon in Dänemark und Großbritannien erfolgt sei. Weil die Omikron-Variante "nicht sehr bösartig" verlaufe, sei nun eine Debatte nötig. "Wir müssen das diskutieren. Wenn wir dazu stehen, können wir viele Maßnahmen lockern", sagte Welte dem NDR.
