Leiharbeit - Mehr Fluch oder Segen?
Leiharbeit hat viele Gesichter. Für Firmen ist sie eine unkomplizierte Möglichkeit, zusätzliches Personal einzusetzen, wenn besonders viel zu tun ist. Und für Arbeitslose ist sie eine Möglichkeit, schnell einen neuen Job zu finden. Rund 16 Prozent der Arbeitslosen finden bei Zeitarbeitsunternehmen eine neue Beschäftigung. Aber Leiharbeiter verdienen weniger als die Stammbelegschaften. Und manche Firmen setzen dauerhaft auf ausgeliehene Arbeitskräfte, anstatt neue Stellen zu schaffen, wie Gewerkschaften kritisieren.
Leiharbeit als Sprungbrett für Berufseinsteiger
Im Jahresdurchschnitt, bis zum Juni des vergangenen Jahres, waren knapp 950.000 Menschen in der Leiharbeit beschäftigt, sozialversicherungspflichtig oder als Minijobber. Das sind rund zweieinhalb Prozent aller Arbeitnehmer in Deutschland. Überdurchschnittlich häufig finden sich jüngere Menschen - oft Männer - ohne Berufsabschluss in der Leiharbeit. Mehr als jeder zweite übt eine Helfertätigkeit aus. Für Susanne Eikemeier, Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit, hat die Leiharbeit positives Potenzial: "Das bedeutet auch, dass die Zeitarbeit gerade jungen Menschen, Berufseinsteigern, Geringqualifizierten, aber auch Ausländern sehr gute Einstiegsmöglichkeiten in den Arbeitsmarkt bietet."
Hohes Risiko bei Konjunkturflauten
Zurzeit sind diese Einstiegsmöglichkeiten aber eher gering. Bedingt durch eine schwache Konjunktur und die Auswirkungen der Corona-Pandemie ist die Nachfrage nach Arbeitskräften extrem zurückgegangen. Muss Personal abgebaut werden, reduzieren Unternehmen im Regelfall zunächst die Leiharbeit, erklärt Susanne Eikemeier: "Also ganz grundsätzlich beobachten wir seit Jahren, dass die Arbeitnehmerüberlassung ganz frühzeitig auf Änderungen der konjunkturellen Rahmenbedingungen reagiert. Sie ist also absolut ein Frühindikator für die Entwicklung am Arbeitsmarkt."
"Equal Pay" erst nach neun Monaten
Welche Chancen Leiharbeiter haben, von der Zeitarbeit in einen festen Job zu wechseln, sei vor allem von der persönlichen Qualifikation und Biografie abhängig, sagt Susanne Eikemeier. Rein statistisch seien aber drei Viertel der ehemals Arbeitslosen sowohl nach sechs als auch nach zwölf Monaten in der Leiharbeit sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Dort werden im Regelfall dann auch bessere Löhne gezahlt, als in der Leiharbeit. Zwar schreibt ein Gesetz seit rund drei Jahren vor, dass Beschäftigte von Zeitarbeitsunternehmen und Stammpersonal gleich bezahlt werden müssen. Allerdings erst nach neun Monaten und es gibt es zahlreiche Ausnahmen.
