Ziel des Wettbewerbs "Ton und Erklärung": Musik vermitteln
In Hannover hat der Wettbewerb "Ton und Erklärung" begonnen. 15 junge Cellistinnen und Cellisten nehmen daran teil. Daniel Müller-Schott ist Vorsitzender der Jury.
Müller-Schott gehört zu den gefragtesten Cellisten weltweit. Mit NDR Kultur sprach er über die Herausforderung, Musik nicht nur zu spielen, sondern wirklich zu vermitteln. Außerdem äußerte er sich zu den verschiedenen Aufgaben der Teilnehmenden und die Rolle von Wettbewerben für junge Musikerinnen und Musiker.
Ich kann mir vorstellen, dass es gerade nicht so einfach ist, sich jetzt nur auf Musik zu konzentrieren. Wie geht es Ihnen damit?
Daniel Müller-Schott: Ja, das stimmt. Im Moment ist das immer noch so ein Zustand der Fassungslosigkeit. Man steht so unter Schock, was in der Welt gerade passiert und wie Russland gerade agiert mit diesem unfassbaren Angriff auf die Ukraine. Man ist etwas fassungslos und ringt damit, was man und was jeder Einzelne im Moment tun kann. Ich denke, jetzt hält die Welt zusammen, und jeder muss helfen.
Kommen wir zum Wettbewerb. Gibt es da bestimmte Komponisten, Stücke, die im Vordergrund stehen? Worauf kommt es an?
Daniel Müller-Schott: Das Konzept von dem Wettbewerb finde ich zunächst einmal großartig, weil für mich Musik einfach unmittelbar mit Kommunikation zu tun hat und zusammenhängt. Und bei "Ton und Erklärung", wie der Titel das schon beschreibt, geht es nicht nur um das reine Musizieren, sondern auch um die Vermittlung von Musik und die Frage, wie kann ich so Musik vermitteln, so ausdrücken, dass es wirklich bei den Menschen ankommt. Diese Kombination, sich zu überlegen, wie ist der Hintergrund der Geschichte der Werke und das mit dem Spiel zu kombinieren, das fand ich sehr anziehend. Und ich bin natürlich geehrt und freue mich, dass ich den Jury-Vorsitz haben kann.
Das heißt also man spielt, und man moderiert vorher?
Daniel Müller-Schott: Genau. Man stellt die Werke vor. Die Teilnehmer werden über die Musik sprechen, aber vor allem auch über den persönlichen Zugang. Was macht das Werk mit einem selbst? Wie möchte ich das ausdrücken? Und wie kann diese Vermittlung eben noch intensiver gestaltet werden? Ich glaube, das ist sehr spannend, weil es mehr Aufschluss darüber gibt, wie sich jeder einzelne Cellist mit dem Werk befasst und wie tief er einsteigt in die Musik.
Wie die wurde die Auswahl all derer getroffen, die in den nächsten Tagen in Hannover bei diesem Wettbewerb spielen?
Daniel Müller-Schott: Das wurde tatsächlich von der Wettbewerbsleitung mit Video- Aufnahmen ausgewählt und ausgesucht. Es gab sehr viele Teilnahmen, und am Ende sind es jetzt 16 Teilnehmer. Einer musste leider noch absagen, also sind es 15 Cellisten, die jetzt antreten.
Und welchen Preis hast du als Jury-Vorsitzender da quasi in den Händen? Was kann man gewinnen?
Daniel Müller-Schott: In der Endrunde sind dann drei Teilnehmer, die mit der NDR Radiophilharmonie spielen. Das sind dann wirklich große Cellokonzerte, die da gefragt sind. Das ist übermorgen, und auch live im Radio zu hören. Außerdem werden zwei Preise vergeben, ein erster und ein zweiter Preis. Ich denke aber, auch so nach meiner Erfahrung mit Wettbewerben, es geht einfach darum für die jungen Cellisten erst einmal dieses Exposition zu haben, einfach zu spielen und wahrgenommen zu werden. Und ja, diese Preise sind natürlich wunderbar. Aber es geht letztlich um diese Vorbereitung und dann eben auch um diese weitere Förderung. Das ist ja das, was die Wettbewerbe eigentlich auszeichnet.
Es gerade schon erwähnt, deine eigene Erfahrung mit Wettbewerben liegt schon ein bisschen zurück. Welche Rolle haben denn Wettbewerbe zurückblickend in deiner eigenen Karriere gespielt?
Daniel Müller-Schott: Am Anfang waren sie sehr wichtig, weil es einfach Ziele setzen, irgendwie Handlungen voraus. Und schon als junger Cellist bin ich zu einem Jugend-musiziert-Wettbewerben gefahren und hab da ein Programm vorbereitet. Und ja, das hat dem ganzen Struktur gegeben. Und ich war halt in der glücklichen Situation, dass ich schon mit 15 Jahren zu dem Jugend-Tschaikowsky-Wettbewerb nach Moskau gefahren bin und kam. Nachdem ich dort diesen Preis bekam, war für mich eigentlich das Thema Wettbewerbe erledigt, völlig halt damals schon Konzerten eingeladen wurde. Aber hätte ich diesen Wettbewerb nicht gespielt damals, wäre mein Leben sicher ganz anders verlaufen.
Und wie geht der Tag heute in Hannover los?
Daniel Müller-Schott: Also, wir starten um kurz nach zehn Uhr. Heute werden alle Teilnehmer eine Solorunde spielen. Mit Sätzen aus Bachs Suiten, dann eine traditionelleren Solosonate des zwanzigsten Jahrhunderts und einem ganz modernen Werk. Es ist zunächst eine Solorunde, und morgen ist dann das Repertoire mit Klavier.
Das Gespräch führte Eva Schramm.
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