Pianist Lars Vogt: "Man nimmt diese Momente noch dankbarer an"
Der Pianist Lars Vogt ist tot. Im Juni 2021 spielte er beim Kammermusikfest in Heimbach und sprach aus diesem Anlass bei NDR Kultur über seine Musik und seine Krebserkrankung.
Das Kammermusikfest in Heimbach ist schon besonders: Dort spielen wirklich Freunde mit Freundinnen und Freunden, oder?
Lars Vogt: Ja, es läuft schon über 20 Jahre, dass wir uns hier in Heimbach treffen und in diesem herrlichen Jugendstilkraftwerk unsere Konzerte spielen. Da haben wir uns tatsächlich über die Jahre eine Art Familie gebildet, die wir dennoch immer wieder erweitern. Wir Gründungsmitglieder sind nun doch schon etwas fortgeschritteneren Alters. Da kommen jetzt immer wieder Jüngere hinzu, die uns immer wieder auf Trab halten.
Ist es eigentlich, wenn Freundinnen mit Freunden spielen, relativ egal, ob da nun Publikum dabei ist, oder nicht? Sie müssen im Kraftwerk in Heimbach diesmal komplett ohne spielen?
Vogt: Wir spielen für den "Deutschlandfunk" und für Livestreaming. Es ist schon eine andere Sache, wenn man in einem fast leeren Raum spielt - also es sind wirklich nur die Künstler und engste Angehörige da. Man spielt dann dennoch füreinander und man stellt sich dieses tolle Publikum, das wir sonst immer haben, vor. Ich hatte auch schon fast Visionen wie früher, wenn ein Stück besonders gelungen war, wie dann ein Rausch auch durch das Kraftwerk ging und man gemeinsam von so einer Begeisterung getragen war mit dem Publikum. Das sind jetzt im Moment nur Erinnerungen. Und wir hoffen natürlich, dass das bald wiederkommt.
In den vergangenen anderthalb Jahren haben viele Menschen sehr Vieles durchmachen müssen, gerade auch Künstlerinnen und Künstler. Bei Ihnen kam noch etwas viel Entscheidenderes hinzu. Sie wurden überrascht von einer Krebserkrankung sind damit sehr offen umgegangen, wie ich finde. Wie geht es Ihnen jetzt?
Vogt: Es ist natürlich ein bisschen wechselhaft. Ich habe jetzt sieben Runden der Chemotherapie hinter mir. Es ist ein Krebs in der Speiseröhre, das ist also etwas sehr, sehr Hartnäckiges. Man hat mich schon darauf eingestimmt, dass das eine chronische Erkrankung ist, die nicht weggehen wird.
Klar, da stellt sich einiges um in diesen Momenten, wenn einem Ärzte so etwas sagen. Andererseits muss ich sagen: In Nürnberg, im Klinikum, bemüht man sich so ungeheuer und und so herzlich zugewandt! Man lernt auch viel zu schätzen, wie sich Menschen umeinander sorgen, auch, wenn das natürlich deren Beruf ist. Und auch die Rückmeldungen, die ich von Freunden, von Kolleginnen und Kollegen bekommen habe - das war wirklich die positive Nebenwirkung der ganzen Sache. Dass man merkt: Letztlich ist man sehr füreinander da und und wünscht sich gute Dinge.
Es gibt von Ihnen und Ihrem Kollegen und Freund Christian Tetzlaff eine CD mit Sonaten für Geige und Klavier von Mozart. Eine wirklich wundervolle CD, intensivstes Musizieren. Hat das Wissen um diese Erkrankung Ihr Musikmachen in irgendeiner Form noch verändert?
Vogt: Man nimmt noch dankbarer diese Momente an, wo etwas so ins Schwingen gerät. Das sind die Momente des besonderen Glücks auf dieser Erde. Wenn sich, wie in so einer Mozart-Sonate, auch zwischen zwei Menschen so ein Schwingen und eine Intimität des Ausdrucks einstellt. Das sind wirklich besondere Moment,e und die schätzt man dann nochmal besonders. Es ist ein Klischee, dass man sagt, wenn man so krank ist, dann schätzt man jeden Moment noch mehr. Aber es ist tatsächlich wahr. Jeden Tag, wenn die Sonne aufgeht und ich das irgendwie mitkriege, dann empfinde ich eine solche Freude darüber, die Vorgänge auf unserem Planeten noch so erleben zu können. Dazu gehört natürlich Musik ganz essenziell für mich.
Ganz herzlichen Dank für das Gespräch. Wir wünschen Ihnen eine richtig gute erfüllte Zeit in Heimbach.
Das Interview führte Ludwig Hartmann.
Die Konzerte gibt es auch im Livestream und zum Nachsehen über die Homepage des Kammermusikfests "Spannungen" in Heimbach.