Das war 2021: Rückblick auf das Klassikjahr
Weil öffentliche Konzerte mit Publikum Anfang diesen Jahres untersagt waren, verlegten viele Künstlerinnen und Künstler ihre Auftritte in 2021 in den virtuellen Raum - wie schon 2020.
Ein Pianist, ganz allein im Großen Saal der Elbphilharmonie, in schummriges Licht getaucht. Kein Publikum weit und breit, nur unsichtbare Kameras. Sie schauen dem Pianisten auf die Hände und ins Gesicht, wenn Augenbrauen und Mund die Phrasen mitformen. Der Soloabend von Piotr Anderszewski Mitte April war ein Sinnbild für das Musikleben in Deutschland während der ersten Monate des Jahres 2021. Viele Veranstalterinnen und Veranstalter haben ihr digitales Angebot erweitert und verfeinert - zumindest wenn sie die finanziellen Möglichkeiten und die technische Ausstattung dafür hatten.
Vorsichtige Rückkehr zu Livekonzerten im Frühling
Nach rund sechs Monaten Zwangspause gab es im Frühjahr eine vorsichtige Rückkehr der Livemusik. In einem Modellprojekt zur Wiedereröffnung macht Schleswig-Holstein die ersten Schritte. Ab dem 20. April läuft am Theater Kiel ein Vollspielplan mit Oper, Ballett und Philharmonischem Orchester. Der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Lockerungen im Norden. Ab Anfang Juni öffnen die meisten Konzerthäuser und Theater, im Sommer 2021 können Festivals wie die Sommerlichen Musiktage Hitzacker, die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern und das Schleswig-Holstein Musik Festival stattfinden. Und die chor.com in Hannover feiert im September stellvertretend ein wunderbares Wiedersehen der internationalen Chormusikszene. Das alles natürlich mit strengen Hygienevorschriften und Zulassungsbeschränkungen wie der 2G-Regel.
Anders als noch im November 2020 führen die steigenden Infektionszahlen in diesem Herbst und Winter nicht zu einem pauschalen Verbot von Kulturveranstaltungen. In Sälen wie der Elbphilharmonie ist im Dezember sogar eine nahezu vollständige Auslastung möglich - weil die 2G-Regel plus Maskenpflicht in einem Raum mit moderner Belüftungsanlage das Infektionsrisiko sehr stark reduziert. Auch das gehört zur Bilanz des Musikjahres 2021: Klassische Konzerte mit einem Publikum, das größtenteils still auf festen Plätzen sitzt, sind definitiv keine Infektionstreiber.
Erneute Konzertabsagen im Winter und in der Adventszeit
Trotzdem hat die Pandemie ihre Spuren und Wunden hinterlassen: in der erneuten Absage von zahlreichen Weihnachts- und Adventskonzerten, auf die viele Chöre aus Sicherheitsgründen schweren Herzens verzichtet haben, in der teilweise nur zögerlichen Rückkehr des Publikums, aber auch in langfristigen Verlusten.
Dass etwa die Niedersächsischen Musiktage nach 34 Jahren eingestellt werden, mag zwar kein direktes Corona-Symptom sein. Doch so eine Entscheidung verstärkt die grundsätzlichen Zweifel. Was bedeutet Long Covid im Kultur- und Musikbetrieb? Und wie sehen die Perspektiven für die vielen freien Musikerinnen und Musiker aus? Vielen von ihnen sind zur Passions- und Weihnachtszeit 2021 wieder die Einnahmen aus der Hauptsaison weggebrochen. Findet die neue Bundesregierung einen Weg, das auszugleichen? Was ist uns die klassische Musik wert? Das sind einige der zentralen Fragen für die Klassikbranche im nächsten Jahr.
Schlagwörter zu diesem Artikel
Klassik
