Buchcover: Norbert Kron - Der Mann, der E.T.A. Hoffmann erfand © AphorismA Verlag

"Der Mann, der E.T.A. Hoffmann erfand": Roman von Norbert Kron

Stand: 24.06.2022 06:00 Uhr

Norbert Kron gelingt es, dieses komponierende, schreibende, zudem begnadet malende Multitalent E.T.A. Hoffmann lebendig werden zu lassen - 200 Jahre nach dessen Tod.

von Jürgen Deppe

Am 25. Juni jährt sich der Todestag von E.T.A. Hoffmann zum 200. Mal. Er ist als Urvater düster-romantischer Schauergeschichten zum Monument geworden - dabei wollte er es eigentlich ganz anderes. Davon erzählt Norbert Kron in seinem Roman "Der Mann, der E.T.A. Hoffmann erfand".

Wie Hitzig Hoffmann erfand

Julius Eduard Hitzig war der Mann, der E.T.A. Hoffmann erfand, indem er ihn zum Schreiben drängte und nach seinem frühen Tod dessen Nachlass verwaltete. Eigentlich hieß er Isaac Elias Itzig, benannte sich aber um, damit sein Name die jüdische Herkunft nicht verriet. Die hatte er nämlich hinter sich gelassen und war zum Christentum konvertiert - der Karriere im preußischen Staatsdienst zuliebe. Und genau dort, im Staatsdienst, traf Hitzig 1804 in Warschau seinen Kollegen Ernst Theodor Wilhelm Hoffmann - seinerzeit noch ohne A in der Vornamenreihe - einen jungen Heißsporn, der seine Zukunft mitnichten im Schatten hoher Aktenberge in der Verwaltung sah, sondern als Komponist im gleißenden Licht der namhaftesten Konzerthäuser dieser Welt.

"Ich will, daß mein Name nicht anders als durch eine gelungene musikalische Composition der Welt bekannt werden soll. Und hier in Warschau beabsichtige ich dazu einen entscheidenden Schritt zu thun", lässt Norbert Kron in seiner gründlich recherchierten Romanbiografie den jungen Gernegroß sagen.

"Er wollte tatsächlich immer nur Musiker und Komponist sein", sagt Kron. "Er wollte, dass sein Name mit einer großen Komposition in die Geschichte eingeht. Damit hatte er allerdings nicht viel Erfolg. Im Gegenteil, die Musikergeschichte ist eine tragische bei ihm. Und als er Hitzig kennenlernte, war der einer, der immer die ganzen Kontakte zu den romantischen Schriftstellern - Chamisso, Fouqué, Varnhagen - hatte. Die hatte Hoffmann überhaupt nicht."

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Freunde fürs Leben - und darüber hinaus

Hoffmann und Hitzig wurden Freunde fürs Leben - und darüber hinaus. Selbst noch als Napoleon Preußen überrannte und die beiden Staatsdiener von einem Tag auf den anderen arbeits- und brotlos wurden, hielten sie zusammen. Wobei: Hitzig vielleicht mehr zu Hoffmann als Hoffmann zu Hitzig. 

"Ich glaube, es macht die Essenz der Freundschaft aus, dass Hitzig, der selbst einen literarischen Drang hatte, den aber mangels Talent nicht verwirklichen konnte, diesen sprudelnden Hoffmann dazu anhielt", so Kron.

Denn: So besessen Hoffmann auch komponierte, sich vermessen ein "A" für "Amadeus" in den Vornamen fantasierte (E.T.A. Hoffmann), so überbordend schwadronierte er auch - im Zwiegespräch mit Hitzig oder in Kreisen der Romantiker, in die Hitzig ihn einführte - über das Schatten- und das Totenreich, jenseits von Rationalität und Realismus.

"Das war tatsächlich revolutionär, was er geschrieben hat", stellt Kron fest. "Und das ist auch das, was ihn bis heute auszeichnet, und was er übrigens in der Musik nie geschafft hat: etwas ganz Eigenständiges zu schaffen. Plötzlich kommen diese fantastischen, auch schwarz-romantischen Texte in Zeitschriften und er wird zum Bestsellerautor. Viele waren begeistert über diese Nonchalance, wie er ohne irgendeinen Druck diese Erzählungen offensichtlich nachts fabuliert hat."

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Nachtwandlerische Romantik

"Gerade dieses Crossover, dass er sowohl massentauglich ist und irgendwie auch hochliterarisch, macht ihn so prickelnd und interessant. Und er ist kein so akademischer Autor", findet Kron.

Genauso wie diese wohltuende Romanbiografie keine wissenschaftliche Abhandlung ist. Norbert Kron gelingt es, dieses komponierende, schreibende, zudem begnadet malende Multitalent lebendig werden zu lassen - 200 Jahre nach seinem Tod. Und auch mal dessen "Erfinder" Hitzig auf die Weltbühne zu bitten. Eine lohnende Lektüre!

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von Norbert Kron
Seitenzahl:
224 Seiten
Genre:
Roman
Verlag:
AphorismA
Bestellnummer:
978-3-86575-080-0
Preis:
22 €

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Neue Bücher | 24.06.2022 | 12:40 Uhr

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