Bildband: Handschriften berühmter Persönlichkeiten
"Eigentlich müsste ich in einer Zwangsjacke stecken!" Das sagt der brasilianische Schriftsteller, Verleger und Sammler Pedro Corrêa do Lago von sich - und über seine Sammelleidenschaft. Seit seiner Jugend jagt er Autografen nach und hat schon rund 100.000 Dokumente zusammengetragen. Autografen sind die handschriftlichen Spuren, die ein Mensch hinterlassen hat: Briefe, Textfragmente, Unterschriften. Im Buch "Zauber der Schrift" sind viele dieser Sammlungsobjekte vereint - Schriftstücke bedeutender Persönlichkeiten.
Die Autografensammlung von Pedro Corrêa do Lago zählt zu den größten der Welt. Einige der interessantesten, geschichtsträchtigsten und originellsten Schriftstücke zeigt der Bildband - wie zum Beispiel diese:
Paul Gaugin: Das "Cher Monsieur" sieht ein bisschen krakelig aus. Wie von einem Schulbuben. Fünf Zeilen weiter fließt die Schrift plötzlich. Wer kennt das nicht? Die Hand muss sich erst eingewöhnen, in die eigene Handschrift finden. Gauguin erzählt in diesem Brief von seinem Freund und Mitbewohner Vincent van Gogh.
Claude Monet: eine Schrift, die sich einem starken, von rechts kommenden Wind entgegenzustellen scheint. Schief und flach liegen die Buchstaben wie kleine Ketten ineinander verhakt auf dem Papier.
Salvador Dalí und seine Frau Gala - eine Postkarte an Magritte: Dalí, der quer über die Postkarte schreibt, einzelne Worte unterstreicht, andere groß schreibt. Keine akkuraten Linien.
Papst Anastasius der IV., Lucrezia Borgia, Marie Antoinette: Viele Briefe sind "von fremder Hand" - aber von was für Händen! Manche schreiben wie gedruckt - mit opulenten, verschnörkelten Anfangsbuchstaben. Andere, als würden sie einer schnöden, eckig gehaltenen Computerschrift vorausgreifen - 500 Jahre vor der Erfindung des PC.
Benjamin Franklin: allein die Anrede "Sir" - drei Buchstaben - so kunstvoll geschwungen. Wie Wellen, die über das Papier schwappen.
Königin Victoria: ein Brief mit sieben Jahren an ihren Onkel. Ihr zweiter Brief überhaupt. Mit einer erstaunlichen Genauigkeit und scheinbarem Schwung verfasst - aber auch noch ohne klar erkennbaren eigenen Stil, wie aus dem Lehrbuch.
Jorge Luis Borges: Fein säuberlich ist in der Handschrift des argentinischen Autors jeder Buchstabe vom nächsten abgetrennt. Das kleine d sieht aus wie eine Note. Das kleine t ist immer ein großes T.
Hans Christian Andersen: In seinen Manuskripten, Postkarten, Briefen und Partituren findet sich mittendrin eine Märchenszene - ein aufwendiger Scherenschnitt mit tanzenden Mädchen, lachenden Fratzen, Zwergen und Langnasen.
Dokumente aus neun Jahrhunderten
Ein kleines Kunstwerk des Bildbandes ist eine der letzten Quittungen für eine Zahlung an Ludwig van Beethoven. Die Schrift des fremden Schreiberlings ist heute voll im Trend: Handlettering-Fans, also all jene, die schönes Schreiben wieder kultivieren, würden die verschnörkelten und federleicht geschwungenen Buchstaben sofort kopieren wollen. Dramatisch wirkt dagegen die übergroße, ungelenke Unterschrift von Beethoven selbst auf dieser Quittung. Waren die wackelig geschriebenen Buchstaben Ausdruck von Hohn oder seiner schlechten physischen und psychischen Verfassung zu jener Zeit geschuldet?
140 Dokumente aus fast 900 Jahren
Neun Kapitel, 140 Dokumente aus fast 900 Jahren. Es sind noch nicht mal so sehr die Handschriften an sich, die dieses Buch so spannend machen. Würde man die Dokumente tatsächlich vor sich sehen, wäre der von ihnen ausgehende Zauber bestimmt spürbarer. Doch die Persönlichkeiten und die Gedanken, die sich hinter der Schrift verbergen, faszinieren auch in gedruckter Form. Etwa wenn Mahatma Gandhi ein knappes Jahr vor seiner Ermordung schreibt: "Die Chancen sind so groß, dass das Feuer mich auslöscht, anstatt dass ich es lösche."
Zauber der Schrift
- Seitenzahl:
- 464 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Zusatzinfo:
- In Leinen gebunden, 17 x 24 cm - mit Texten von Christine Nelson, Pedro Corrêa do Lago, Julius Wiedemann
- Verlag:
- Taschen Verlag
- Bestellnummer:
- 978-3-8365-7519-5
- Preis:
- 30,00 €