Offenheit im Schutz des Comics: 10. Graphic Novel Tage Hamburg
Comics werden in Feuilletons besprochen und mit Preisen ausgezeichnet. Und wenn sie in renommierten Literaturverlagen erscheinen, heißen sie "Graphic Novels". Das Hamburger Literaturhaus feiert sie mit den 10. Graphic Novel Tagen.
"Comixx mit Klasse", unter diesem Titel startete am Montag das Festival. Präsentiert wurde ein dickes Heft mit Bildergeschichten, gezeichnet von 32 Hamburger Schülerinnen und Schülern aus 14 verschiedenen Nationen. Sie besuchen Berufsschulen, auf denen sie Deutsch lernen und auf ihren Schulabschluss vorbereitet werden. Die meisten Jugendlichen saßen im Saal, aufgeregt und neugierig, denn am Ende der Veranstaltung würden sie alle ein Buch mit ihren eigenen Comics überreicht bekommen, die sie im Rahmen des Projekts "Comixx mit Klasse", unter Anleitung der Comic-Zeichnerinnen Kathrin Klingner und Eva Müller, geschaffen haben.
"Comixx mit Klasse" - persönliche Geschichten in Kunstform
Der Kulturjournalist Andreas Platthaus von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Kurator der Graphic Novel Tage, äußerte sich begeistert über das Ergebnis der Projektarbeit. "Dass ich die Möglichkeit bekomme, über die Lektüre dieses wunderbaren Buches, 230 Seiten, 30 Geschichten und zu jedem von Euch eine Seite mit einer kurzen Selbstbeschreibung zu lesen, das ist, glaube ich, das Allertollste, was Kunst überhaupt leisten kann", schwärmt Platthaus. "Man vermittelt etwas, was man selber sehr mag, vielleicht auch etwas, wovor man Angst hat, an andere Leute, die nie die Möglichkeit gehabt haben, genau dieselben Erfahrungen zu machen."
Literaturhaus Hamburg zeigt Stärke des Comics als Erzählform
Migdad aus Afghanistan hat einen weinenden Jungen gezeichnet und dazu geschrieben: "Ich habe niemanden. Wer sorgt für mich?" Fatma erzählt in ihrem Comic von einem Mädchen, das bald eine Ausbildung beginnen soll. Ein Bild zeigt sie geduckt, hinter ihr ein Mann mit Bart, der sagt: "Tochter, ich will, dass Du Friseurin wirst".
Im Schutz des Comics lässt sich Manches ausdrücken, wofür sonst mitunter die Mittel fehlen, erklärt Andreas Platthaus den Jugendlichen: "Das zeigt für mich die große Stärke, die Comics als Erzählform immer noch bieten, die anders ist als Dinge, die nur mit Bildern oder nur mit Texten funktionieren."
Steven Appleby präsentiert Graphic Novel "Dragman"
Am Abend waren Steven Appleby aus London und Lukas Kummer aus Wien zu Gast. Von Appleby ist kürzlich die Graphic Novel "Dragman" (Schaltzeit Verlag) erschienen. Die komisch-fantastische, autobiografisch grundierte Geschichte eines Crossdressing Superhelden, die in London spielt. 2002 hatte Dragmann einen ersten kleinen Auftritt. Er fiel zusammen mit dem Coming-out des Autors als Frauenkleider tragender Mann. So saß er gestern auch auf dem Podium, eine elegante Erscheinung, mit dunklem Pagenkopf, in einem schmalen schwarzen Kleid. "Alles, was Dragman in seiner persönlichen Geschichte passiert, in seinem Privatleben, kommt entweder von Steven oder von Bekannten und Freunden", erzählt er.
Graphic Novel über den Schriftsteller Thomas Bernhard
Lukas Kummer hat sich seinen Landsmann, den großen österreichischen Schriftsteller Thomas Bernhard vorgenommen und dessen autobiografisches Erzählwerk in eine Graphic Novel verwandelt. Drei von fünf Bänden sind bereits erschienen, mit düsteren schwarz-weiß Bildern, passend zu der deprimierenden Kindheit und Jugend Bernhards. Fröhlich bunt dagegen, mit knalligen Farbtupfern hat er die Fantasy-Geschichte "Prinz Gigahertz" (Zwerchfell Verlag) ausgestattet. "Es ist natürlich für einen Zeichner sehr ungünstig, immer den Stil zu wechseln", sagt Lukas Kummer. "Denn man lebt ja eigentlich davon, dass man irgendwann wiedererkannt wird. Aber mir macht es einfach Spaß, mich immer wieder neu auszuprobieren. Ich hoffe, dass es sich irgendwann mal auf etwas Wiedererkennbares einpendelt."
Gespräche über die Vielseitigkeit des Comics
In den kommenden Tagen wird das Publikum noch viele Möglichkeiten haben, die Vielseitigkeit von Comics und Graphic Novels zu entdecken. Unter anderem geht es auch um Bilder- und Kinderbücher, die echte Comics sind, um das Thema Krankheit und um Politik und Emanzipation. Ins Literaturhaus Hamburg eigeladen sind jeweils zwei Zeichner*innen wie unter anderem Chen Jianghong und Ole Könnecke, die Andreas Platthaus miteinander ins Gespräch bringt. Nach dem vielseitigen Auftakt gestern darf man sich freuen.
Offenheit im Schutz des Comics: 10. Graphic Novel Tage Hamburg
Im Hamburger Literaturhaus haben die 10. Graphic Novel Tage begonnen. Sie zeigen einmal mehr die Vielseitigkeit des Genres.
- Art:
- Fest
- Datum:
- Ende:
- Ort:
-
Literaturhaus Hamburg
Schwanenwik 38
22087 Hamburg - Telefon:
- (040) 22702011
- E-Mail:
- info@literaturhaus-hamburg.de
- Preis:
- 12 Euro/ 8 Euro ermäßigt // Streamingticket 5 Euro
- Hinweis:
- Die Veranstaltung findet vor Ort und im Livestream statt.
