Stand: 23.12.2019 | 15:43 Uhr
1 | 34 Sebastian Stamm hat mehr als 100 Illustrationen für "Denn sie sterben jung" angefertigt, die in Teilen für den Videopodcast animiert wurden - inklusive Titeldesigns und ...
© NDR/Sebastian Stamm
2 | 34 ... einem Überblick über das Figurenensemble in Form eines Stammbaums. Diesen "Stammbaum der Familie Arteaga" hat Antonio Ruiz-Camacho auch seinem Buch "Denn sie sterben jung" zur Orientierung in der verzweigten Familiengeschichte vorangestellt.
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3 | 34 Jede Folge hat eine andere Hauptfigur. In "Schon alles Wahnsinn bevor überhaupt Frühling ist" freuen sich Fernanda und ihre Freundinnen auf einen unbeschwerten Sommer in Italien.
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4 | 34 Doch es kommt alles anders. Die Handlung spielt in Mexiko City, im Jahr 2004. Dem Jahr, in dem Fernandas Großvater entführt wird. Doch in Folge 1 hat Antonio Ruiz-Camacho die allgegenwärtige Gewalt in Mexiko zunächst auf "Nebenschauplätzen" eingeführt. So berichtet ein Kurator von der Entführung und dem Missbrauch seiner Freundin.
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5 | 34 Sebastian Stamm wählte einen "Black and White Pixel Art"-Stil. "Für Folge 1 war ich auf der Suche nach einem sehr mechanischen, distanzierten und abstrakten Stil. Da die die Folge sich inhaltlich an Themen wie Gewalt, sexueller Gewalt und menschlicher Verwahrlosung, sich gleichzeitig an Unbeschwertheit und Realitätshärte abarbeitet, habe ich einen Stil gewählt, der dem Zuschauer möglichst viel Raum zur Interpretation lässt."
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6 | 34 "Es gibt nichts Schlechteres, als das Grauen direkt zu zeigen, das eigene Grauen im Kopf ist viel stärker", so Stamm im Interview. Die Gewalt wird streng fomalistisch in einem Schwarz-Weiß-Konzept erzählt - ohne individuelle Detailaufnahmen. Hier, und in allen anderen Folgen, "schaltet" sich Don José, gespielt von Christian Redl, immer wieder hinzu.
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7 | 34 Folge 2 hat den Titel "Okie", was man als "Wanderarbeiter" oder "Vagabund" übersetzen könnte. Im Zentrum steht der achtjährige Bernado, José Victorianos Enkel. Er ist mit seiner Familie in die USA, nach Palo Alto, geflohen. Er hat Heimweh. Alles fühlt sich falsch und ungerecht an.
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8 | 34 Bernandos beste Freundin ist das Dienstmädchen der Familie, Josefina, zu der er sich jede Nacht ins Bett kuschelt und sich nach Mexiko zurückträumt. "Das scheinbar harmlose 'Ganz-Nahe-dran-Sein' an den Figuren wird durch den, ich nenne es mal, Kinderbuchstil unterstrichen. 'Okie' ist für mich eine ganz greifbare Geschichte aus Sicht eines Kindes, das mit all den Erwachsenen-Themen wie Umzug, Entfremdung und Haltlosigkeit nicht klarkommt."
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9 | 34 "Das wird durch die klaren, 'harmlosen' Linien bei dieser bodenständigen, warmherzigen Geschichte greifbar", so Stamm. Doch Bernando hat es faustdick hinter den Ohren. Es ist ihm extrem peinlich, dass seine Mutter gleichzeitig mit ihm Schwimmunterricht nimmt.
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10 | 34 Bei der Findung eines Plans, der seine Mutter auf dem Level "Ach, du lieber Gott" blamieren soll, erhält Bernardo Hilfe von Ambrose. Seine Mitschülerin, die ihn zuerst gemobbed hat, findet ihn nach einiger Zeit "komisch", aber auf eine gute Art.
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11 | 34 In Folge 3 geht es um Laura Arteaga. Sie lässt sich nach dem Verschwinden ihres Vaters und wegen der Bedrohung durch die Entführer in Austin, Texas, nieder - nicht weit von der mexikanischen Grenze. In einem Waschsalon lernt sie Mr. Mills kennen, während draußen Waldbrände wüten und Michael Jackson stirbt.
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12 | 34 Für "Trockenpflaumen aus Pappmaché", so der Titel der Folge, hat Sebastian Stamm den Stil "Ligne claire" gewählt - in Fleischfarben. "Für diese extrem skurrile Story wollte ich unbedingt einen bühnenhaften Aufbau und eine 'fleischige Kolorierung'. Die beiden Figuren, Laura und Plutarco, befinden sich im Modus eines stetigen Schlagabtauschs, der gleichzeitig Flirt und Selbsttherapie ist."
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13 | 34 "Zwei Figuren, ein Tanz, und noch genug Distanz in der Kamera, um den Vorgang als Ganzes zu sehen. Die Sprechblasen betonen das Gesagte, mal mehr, mal weniger explizit. Teilweise umtanzen sich auch die Sprechblasen, berühren sich und verschmelzen am Ende zu einer Sicht."
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14 | 34 Laura und Plutarco werden von Susanne Wolff und Torben Kessler gespielt - sie verkörpern den "Tanz" und die Intimität unheimlich glaubhaft. Antonio Ruiz-Camacho lässt Folge 3 in einer gigantischen Feuersbrunst rund um Austin gipfeln, was sogar die Meldungen um den Tod Michael Jacksons auf die hinteren Ränge der News verweist.
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15 | 34 In "Ich balle meine Hände zu Fäusten und sie sehen aus wie die eines anderen" sind Homero und Ximena - zwei weitere Enkel von Don Arteaga - in einem New Yorker Appartment. Sie warten auf eine Nachricht ihrer Eltern. Um die Langweile zu überbrücken, haben sie sich Pillen eingeworfen und machen Quatsch.
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16 | 34 In jeder Folge hat auch José, der zu allen Hauptfiguren spricht und teilweise als Erzähler fungiert, eine andere Form. In Folge 4 bettet er sich in die architekonische Umgebung ein. "Da es bei Folge 4, mit Homero und Ximena," so Stamm, "vor allem um das räumliche Verlorensein und das Verlorensein in der Pubertät geht, dachte ich hier sofort an Isometrie als Stilmittel."
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17 | 34 "Isometrie ist eine Perspektive, die Dinge gut ordnet und unterbringt, damit auch gleichzeitig alles angesehen werden kann, aber dadurch entsteht auch eine Verlorenheit im Raster, da es keinen perspektivischen Fixpunkt mehr gibt."
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18 | 34 Die Szene wird immer wieder durch Kratzgeräusche in den Wänden unterbrochen, sehr bedrohliche Geräusche. Ximena ist sich sicher, dass es Ratten sind. Dies wird weder auf der akustischen, noch auf der visuellen Ebene aufgeklärt. Verschiedene Kacheln fokussieren nur einige wenige Momente.
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19 | 34 In "Rotwilde" steht eine ehemalige Bedienstete der Arteagas im Mittelpunkt. Susana, die von Laura (aus Folge 3) gefeuert wurde, arbeitet mit ihrer Freundin Conchita bei einem McDonald’s in der Nähe von Austin, Texas.
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20 | 34 Aber die Filiale wird an diesem Tag von einem Eindringling blockiert. Ein Bär soll sich über das Fast Food hermachen. "Um alle Absurditäten des American Dream zu unterstreichen und die realen Konflikte der beiden Hauptfiguren schon fast zynisch einzubetten, habe ich für Folge 5 einen Classic 60's Cartoonstil gewählt."
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21 | 34 "Auf der einen Seite sind da die ganz echten Probleme und schrecklichen Momente, in denen eine Mutter ihre Kinder vermisst, auf der anderen Seite ein Bär in einem Diner, der alles verwüstet, ein klischeehafter Chef, ein komödienhaftes und einfaches Setting."
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22 | 34 "Am Ende haben alle frei, und alles ist, typisch amerikanisch, etwas überzogen", so Sebastian Stamm. Aber der Friede wird nur einen Moment anhalten. Susana, die sich vermutlich illegal in den USA aufhält, muss Geld für ihre drei Söhne, die noch in Mexiko leben, beschaffen.
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23 | 34 In "Besserer Breitengrad" versucht Silvia Guevara, gespielt von Merle Wasmuth, herauszufinden, was dem Vater ihres Sohnes zugestoßen ist, warum er sich nicht meldet. Sie war José Victorianos Geliebte und ist noch in Mexiko.
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24 | 34 "Folge 6 ist so emotional, eine sehr berührende Geschichte. Das Personal, bestehend aus Ehebrecher, der Geliebten und dem unehelichen Sohn, wird mit Mitteln eines Kinderzimmers und einer kindlichen Logik versucht 'neutral' zu erfassen."
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25 | 34 "Auf den ersten Blick wirkt das sehr statisch, alle Akteure sind lebloses Spielzeug, die in Szenen zueinander arrangiert wurden. Doch gerade das befördert die Tragik in dieser Folge, mit der Mutter als Flamingo und den in den Bäumen hängenden Körperteilen aus Lego, besonders hervor," so Stamm.
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26 | 34 Dieser cleane Infografik-Stil bietet in seiner Zurückgenommenheit viel Spielraum für die Fantasie und Distanz zur Zerrissenheit einer Mutter, die nur eins will: ein gutes Leben für ihren Sohn.
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27 | 34 Folge 7, "Ihren Duft zuerst", wird von Hanna Schygulla getragen. Die große Ausnahmeschauspielerin verleiht Ermelinda, dem ehemaligen Kindermädchen und später Dienstmädchen von Victoriano jun., eine fesselnde Eindringlichkeit.
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28 | 34 "Folge 7 ist eine Geistergeschichte. Die gesichtslosen Akteure laufen auf einem nicht enden wollenden Förderband den Handlungsfetzen hinterher." Ermelinda wandet als Geist umher und beobachtet die Zustände in dem Familienhaus der Arteagas.
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29 | 34 "Da die Inszenierung eher kontinuierlich ist, folgt sie dem Stream-of-Consciousness-Haften der Erzählung, das grelle Gelb-Schwarz soll das unwirkliche und fantastische Moment verstärken", so Stamm.
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30 | 34 Die invertierte Farbigkeit betont das surreale Moment der Geschichte, in der sich Ermelinda und der Geist von José die labyrinthischen Gänge entlang schleppen und den langsam aber sicher wahnsinnig werdenden Victoriano verfolgen.
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31 | 34 In "Barfußhunde" wandert die Geschichte nach Europa: Martín Arteaga ist zusammen mit seiner Frau Catalina und ihrem neugeborenen Sohn Belisario und Zurbarán, einem mexikanischen Straßenhund, nach Madrid ausgewandert.
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32 | 34 Dieser ist schwer krank, kotzt blutige Brocken in die Wohnung und hat Fußprobleme. "Die Madrid-Folge ist linear erzählt, daher habe ich den Szenenaufbau streng und hierarchisch konstruiert. Alle Figuren bewegen sich wie Spielfiguren durch die Szenen, die Unfähigkeit der Hauptfigur mit den emotionalen Herausforderungen seines Alltags klarzukommen, durchdringt jedes Panel."
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33 | 34 "Die Hauptfigur, der Sohn des verschwundenen Familienoberhaupts, hält die Handlung mit starrem, eingefrorenem Gesicht aus, bis sie am Ende ganz alleine dasitzen muss und ihm sein Vater ein letztes Mal als Geist erscheint."
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34 | 34 Sebastian Stamm, der Folge 8 als die emotional stärkste Geschichte in Erinnerung hat, wählte hier den Stil "Ligne claire diorama". Wie in Dioramen, also in einer Art bezeichnet man Schaukästen, führt uns die Hauptfigur durch die Erinnerungen. Er fühlt sich schuldig, unwürdig, nun selbst Vater zu sein. Doch dann erscheint José und hat sogar die Erklärung für Zurbaráns Fußprobleme.
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