Christopher Ecker und "Der Bahnhof von Plön"
Für die Sommerserie "Norddeutsche Romanschauplätze" hat NDR Kultur Reporterin Anina Pommerenke den Schriftsteller Christopher Ecker getroffen. Sein Roman "Der Bahnhof von Plön" erschien 2016. Darin macht Ecker den Bahnhof zu einem mystischen Tor in eine andere Welt.

"Der Bahnhof von Plön fasziniert mich weniger als Bauwerk, denn aufgrund seiner den Verstand überfordernden Lage am Nordufer des Sees", so schreibt Christopher Ecker in seinem Roman. Wäre da nicht dieser atemberaubende Blick direkt vom Bahnsteig auf den Plöner See, mit seinen bewaldeten Ufern und Inseln, so wäre der Bahnhof der kleinen Stadt in der Holsteinischen Schweiz wohl kaum eine Erwähnung wert. Auf gerade mal zwei Gleisen verkehren Regionalzüge auf der Strecke Kiel-Lübeck im Halbstundentakt. Das zitronenfaltergelbe Bahnhofsgebäude aus dem 19. Jahrhundert beschreibt Autor Christopher Ecker als formschön und funktional:
Sein architektonisch bedeutendes Merkmal ist ein prachtvolles, sich blasiert in die Höhe schwingendes Bahnsteigdach, das - wie wenige wissen - früher Teil des sogenannten Prinzenbahnhofs war, wo bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Hohenzollernprinzen den Zug verließen. Leseprobe
Der Bahnhof am See weckt Assoziationen
Diesen Bahnhof gleich zum titelgebenden Ort seines Romans zu machen, hatte für den in Kiel lebenden Lehrer und Autor zwei Gründe: Plön, das sei für Nicht-Norddeutsche wie ihn ein außergewöhnliches Wort und bei Literaturfans würde es bestimmte Assoziationen wecken. Und zwar zu der berühmten Erzählung "Tlön, Uquar, Obirs Tertius" von Jorge Luis Borges, erklärt er: "Tlön und Plön klingt recht verwandt. Das war das eine, dass das Wort an sich schon so ungewöhnlich ist. Und das zweite war, dass das Gebäude architektonisch besonders ist, weil es meines Wissens nach keinen weiteren so großen Seebahnhof gibt - einen Bahnhof, der sich zwischen See und Stadt befindet. Das hatte für mich und den Helden eine ziemlich hohe Symbolkraft. Deswegen habe ich das für den Roman so eingesetzt."
Brutale Szenen und ominöse Mächte
Hinter dem harmlos anmutenden Titel verbergen sich teils brutale Szenen, rund um Leichentransporte und ominöse Mächte. Der Bahnhof wird in Eckers Roman zu einem mystischen Tor in eine andere Welt. Der Held kann mit der U-Bahn an verschiedene Orte springen. Je mehr sich der Autor auf ein metaphorisches Parkett wagt, desto wichtiger ist es ihm mit Settings zu arbeiten, die nachvollziehbar sind, sagt er: "Weil dadurch alles irgendwie authentischer wird."
Mehrfach ist er deswegen nach Plön gekommen, um sich hier inspirieren zu lassen. Von den Möwenscharen, die auf dem Bahnhofsdach sitzen, dem Ausblick, von wartenden Passagieren und rollenden Reisekoffern.
Jedes Mal, wenn ich nur durch das Gleisbett vom Plöner See getrennt auf dem Bahnsteig stehe, habe ich das Gefühl, im Jenseits angekommen zu sein - oder in der Heimat. Bist du gestorben, bringt dich der Zug zum Bahnhof von Plön. Du steigst aus, blickst über das Wasser und du vergisst, denn die Reflektionen auf den Wellen lullen sanft ein, betäuben dich. Und irgendwann wendest du so glücklich wie du nie zuvor gewesen bist, den Blick vom Wasser - das wirklich heilig-nüchtern ist, und gehst durch den Bahnhof, der in Wahrheit ein Tor ist, in die Stadt, wo dich die lieben Verstorbenen erwarten. Leseprobe
Romangeschehen trifft Wirklichkeit
So mischen sich in dem 400 Seiten starken Roman echte Begebenheiten mit fiktiven Elementen. Und das sorgt durchaus für Spekulationen. Unter anderem bei Eckers Schülerinnen und Schülern, wie er erzählt: "Der Held des Romans ist ein Oberstudienrat, der aufgrund von mehreren Tumor-Operationen im Kopf Wahnvorstellungen entwickelt und sich mit einem betrunkenen Hausmeister permanent im Kesselraum trifft. Schüler haben das Buch gelesen und da kommen halt Scherze, wo das Romangeschehen mit der Wirklichkeit verquickt wird. Darauf lege ich es in dem Buch ja auch an."
Wie gut der Bahnhof Plön in dem Roman getroffen ist, davon kann sich jeder selbst bei einer Begehung dieses norddeutschen Romanschauplatzes überzeugen. Eine Reise lohnt sich nicht nur wegen des schönen Ausblicks vom Bahnhof auf den See. Plön ist auch sonst ziemlich schön.
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