Realistische Kinderbücher über Tierhaltung, Essen und Müll
Viele Kinderbücher sind ein Hort der Zuflucht und Idylle, ein Ort zum Träumen. Aber immer mehr zeigen auch ganz realistisch unsere Welt - auch mit den nicht ganz so schönen Seiten.

"Krass, das würde ich meinem Kind nicht vorlesen", sagt eine Freundin, die sich durch den Stapel mit den realistischen Bilderbüchern blättert. Eine andere, Kinderpsychologin, sagt: "Warum nicht?" Eltern seien viel zu vorsichtig mit ihren Kindern. "Das wahre Leben der Bauernhoftiere" etwa zeigt in naturalistischen Bildern auch den Transport zum Schlachthof oder Schweine in engen Boxen.
"Ich finde es überhaupt nicht krass", sagt die Verlegerin Monika Osberghaus. In ihrem Verlag, Klett Kinderbuch, ist das Buch erschienen. "Ich habe es auch mit Kindern angeguckt. Das Bild, was sie am meisten aufgeregt hat, war das mit Hühnern. Die sind ganz durcheinander, ganz dichtgedrängt. Das war das Bild, bei dem die Kinder, mit denen ich das angeschaut habe, irritiert waren. Aber insgesamt fanden sie es überhaupt nicht schlimm, sondern hauptsächlich interessant."
Kindern Stoff zum Denken geben
Die Verlegerin ist sich sicher, dass es wichtig sei, dass Kinder Stoff zum Denken haben und nicht nur durch idyllische Dinge beruhigt werden. Die Idee zu dem Buch entstand nach einem Shitstorm. Eine Sauenhalterin hatte sich über ein Bild in dem Buch "Alles lecker" geärgert, weil dort zwei Schweine in einem Mastbetrieb falsch dargestellt wurden ihrer Meinung nach: Sie bekamen Futter mit Wachstumsmitteln. "Und schließlich haben dann unheimlich viele Leute so auf uns eingeschimpft, dass wir gedacht haben: Meine Güte, anscheinend wollen die wirklich nur diese idyllischen Bauernhofkinderbücher haben, die es ja zuhauf gibt und die auch alle irgendwie falsch sind. Viel irreführender als unser Bild in dem Essensbuch. Dann haben wir uns gefragt: Gibt es gar nichts Realistisches für Kinder über Bauernhoftiere?"
Alles wird nicht gezeigt
"Endlich gibt es das", sagt Almut Runge von der Buchhandlung Steuber in Wolfenbüttel. Sie ist begeistert von dem "wahren Leben der Bauernhoftiere". "Ich hab es sofort der Stadtbücherei vorgestellt und für den Bücherbus eingekauft. Weil es zu dem Thema auch so gar nichts gibt. Ich kenne nur dieses, das realistische Bilder zeigt, wie Tierhaltung konventionell wirklich stattfindet." Und? Verkauft es sich? - "Ich sage mal Jein. Es greift keiner von alleine dazu. Nur wenn man es anbietet", so Runge.
Alles wird auch in diesem Buch nicht gezeigt. Die Autorin Lena Zeise hat vorher etliche Eltern, Lehrer und Kinder gefragt, was zu hart sei, erzählt Verlegerin Monika Osberghaus. Der Vorgang des Schlachtens kommt deswegen nicht vor. Oder das Küken-Schreddern. "Für Kinder wäre das schon eine sehr schwere Nachricht. Wenn man ganz realistisch sein würde, hätte man das auch erzählen müssen. Aber dann wäre es ein zu schlimmes Buch. Ein Kind, das neugierig ist, kann dann ja selbst Nachforschungen anstellen - wenn es alt genug ist."
Realistischer Comic über den Ursprung der Nahrung
In "Wo kommt unser Essen her?" von Julia Dürr wird sogar das thematisiert. Wenn auch nicht in ganz realistischen Bildern, sondern eher comichaft. Was beide Bücher gemeinsam haben: Es werden konventionelle Landwirtschaft und Biohöfe gegenüber gestellt - diese vielleicht dann wieder zu idealisiert. Eine Sache, die das für Kinder leichter lesbar mache, - "was uns die Bauern jetzt auch zum Vorwurf machen - dass wir die biologische Tierhaltung ein bisschen zu schön darstellen."
Zero-Waste-Bücher mit unmissverständlicher Mission
In der Tat schimmert in einigen Büchern ein bisschen missionarischer Eifer durch, Kinder zu einem bestimmten gewünschten Verhalten zu bringen. Buchhändlerin Almut Runge sieht das vor allem bei den zahlreichen Zero-Waste-Büchern, die zeigen, welche Folgen Plastikmüll etwa haben kann: "Da gibt es sehr eindrucksvolle Bilderbücher und Sachbilderbücher. Da ist es schon eher so, dass die das auf sich beziehen, denn ganz häufig sind diese Bücher verknüpft mit Alltagstipps, wie man diese Sachen vermeiden kann."
Aber es schadet ja auch nicht, Kindern früh zu vermitteln: Schaut genau hin, wo euer Essen herkommt oder was mit eurem Müll passiert.
