Graphic Novels im Mai: "Sonnenseiten", "Die Lesereise", "Doomboy"
Ab dem 16. Juni findet in Erlangen wieder der ComicSalon statt, ein Klassentreffen für Comic- und Graphic Novel-Interessierte. Drei Bücher über den Wandel der Zeit werden dort sicher auch zu finden sein.
"Sonnenseiten" von Ana Penyas
Die Sonne brennt über Levante, der spanischen Ostküste. Ende der 60er-Jahre ist es hier noch ruhig: Felder, Dörfer und das Meer. Aber langsam und stetig ändert sich das. Die ersten großen Hotels werden gebaut und die Landschaft und das Leben der Menschen verändern sich unter dem aufziehenden Massentourismus - ein Wirtschaftsturbo der Franco-Ära.
Ana Penyas beschreibt in ihrem Buch "Sonnenseiten" diese Veränderungen anhand einer Familie durch die Jahrzehnte bis heute. Ihre Buntstiftzeichnungen mixt sie mit Fotos zu Collagen. Oft erkennt man die Übergänge in den Bildern kaum. Das ist nicht nur raffiniert, sondern spiegelt auch die Intensität und Brüchigkeit der Realität wider. Nicht ohne Grund hat Ana Penyas 2018 den höchsten spanischen Comic-Preis, den Premio Nacional del Cómic, erhalten. "Sonnenseiten" ist eine kluge und faszinierende Umsetzung der Folgen des Massentourismus an der spanischen Mittelmeerküste.
"Die Lesereise" von Andi Watson
Es gibt diese Tage, da hat man kein Glück und am Ende kommt noch das Pech dazu. So ergeht es Schriftsteller G.H. Fretwell im Buch von Andi Watson. Wohl mit dem falschen Fuß aufgestanden, begibt er sich auf eine Lesereise, um sein Buch über einen Handelsvertreter von Lexika zu promoten. Dabei stolpert er, immer very british in Form und Auftritt, von einem Schlamassel ins nächste. Nicht nur seine Zuhörer bleiben bei seinen Lesungen aus, auch verschwindet eine Buchhändlerin und taucht wenig später leblos wieder auf.
Skurril und komisch baut Watson diesen Comic-Krimi Stück für Stück auf. Seine Dialoge sind spritzig und sein Strich gleicht einem Five-o'clock-Earl Grey mit einem Spritzer Zitrone - klar, schnörkellos und erfrischend. Es macht ein diebisches Vergnügen G.H. Fretwell dabei zu beobachten, wie er versucht, aus seiner Lage zu entkommen. "Die Lesereise" von Andi Watson ist herrlich unkonventionell trotz seines klassischen Schwarzweiß-Auftritts. Ein Lesespaß bis zum Ende.
"Doomboy" von Tony Sandoval
D. ist eine normaler Junge in irgendeiner Kleinstadt am Meer. Er liebt die etwas kräftigere Musik. Als eine Freundin stirbt, entsteht in seinem Bauch, im wahrsten Sinne, ein großes Loch und als er dann noch aus der Band fliegt, liegen Wut und Verzweiflung blank. Zusammen mit einem Freund geht er an den Strand und spielt als geheimnisvoller Doomboy Metal-Sessions, die die beiden ganz oldschool per Radio in die Gegend senden. Die Kids lieben ihn dafür, auch wenn sie nicht wissen, wer dieser Doomboy ist.
Autor Tony Sandoval entwirft mit seinem zarten Strich und seiner lebensnahen Erzählweise einen Mikrokosmos aus berührender Zartheit und kraftstrotzender Wut - wie immer mit einer Prise Mystik. Man spürt Meeresbrisen und Lebenswillen durch die Seiten wehen. Ein Buch, das Kraft schenkt und am Ende lächeln lässt.
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