Großartiger Buchdruck: "Die Gutenberg-Bibel"
Die Gutenberg-Bibel aus den Jahren 1452-54 ist das erste mit beweglichen Metalllettern gedruckten Buch der Menschheitsgeschichte. Der für seine großen, kiloschweren Bildbände berühmten Taschen-Verlag hat das Buch als Faksimile nachgedruckt: Die Gutenberg-Bibel aus der Universitätsbibliothek Göttingen, in Originalgröße, lateinischem Original-Text mitsamt den kunstvollen Illustrationen, die manchen Anfangsbuchstaben verzieren, so wie es zuvor bei kostbaren handgeschriebenen Bibel-Exemplaren üblich war.
Wunderwerk an Akkuratesse und Ebenmaß
Es ist ein ehrfurchtgebietend schwerer Brocken: Sechseinhalb Kilo, 1.286 Seiten, aufgeteilt in zwei Bände im Folio-Format, was in unserer Welt grob gesagt DIN A3 entspricht. Seite für Seite entfaltet sich vor dem Auge des Betrachters ein Wunderwerk an Akkuratheit und Ebenmaß: Zwei Blöcke dicker, schwarzer Schrift - also vier Blöcke pro Doppelseite - ziehen sich wie Gitterwerk über das Papier. Gutenberg und seine Mitarbeiter haben mit ihren beweglichen Lettern und einer auch nach 560 Jahren tiefschwarzen Druckfarbe ein Schriftbild entworfen, das in seiner Exaktheit der Linien und Proportionen und seiner Lesbarkeit beeindruckt.
Ein in kaiserlichen Diensten stehender hoher Gelehrter schrieb 1455 in einem Brief über die gedruckte Bibel: "… in höchst sauberer und korrekter Schrift ausgeführt, an keiner Stelle fehlerhaft; Euer Gnaden würde sie mühelos und ohne Brille lesen können."
Wobei das mit der Lesbarkeit im 21. Jahrhundert so eine Sache ist: Gutenbergs Drucker dachten an zeitgenössische Leser und schufen eine Schrift, die sich an Handschriften früherer Jahrhunderte orientierte. Für heutige Leser ist es eine Herausforderung, die gotische Gitterschrift "textura" zu entziffern. Sie wirkt im Blick des Laien zunächst altmodisch-fremdartig mit ihrem Fettdruck, den an manchen Buchstaben hängenden Fähnchen und den manchmal schwer erkennbaren Ligaturen - das heißt Doppelbuchstaben wie st oder si. Hinzu kommt, dass der lateinische Text viele Abkürzungen enthält, die nur für diejenigen Leser kein Problem darstellen, die fließend Latein lesen.
Viel Hintergrundwissen und ausführliche Erklärungen
"In principio creavit deus coelum et terram - Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde", heißt es zu Beginn von Genesis, Kapitel 1 Vers 1. Doch statt coelum aus den Buchstaben c-o-e-l-u-m steht dort scheinbar nur celu: c-e-l-u. Über dem u ein kleiner waagerechter Strich, der die Abkürzung anzeigt. Gemeint ist die Endung -um. Das muss man wissen, um nicht lesend zu stolpern.
"Dixitque deus: fiat lux! Et facta est lux - Und Gott sprach: es werde Licht! Und es ward Licht." Gutenberg spart sich bei dixitque das -ue und kürzt auch das Wörtchen "est", also "ist", zu einem kleinen e mit darüberstehendem Strichlein ab: "facta e lux" liest man und weiß dann als gebildeter Leser in den 1460ern natürlich, dass hier "est" gemeint ist. Abkürzungen sparen Platz, also Seiten. Schlau gerechnet vom Drucker.
Solche Hintergrundinformationen zu Geschichte, Herstellung und Text-Eigenarten der Gutenberg-Bibel liefert ein Begleitheft, mit dem ein Laie ruckzuck vieles lernt: Warum die Gutenberg-Bibel in Fachkreisen als B-42 bekannt ist: wegen der 42 Zeilen jedes Blocks. Wie nach dem Druck in Schwarzweiß jedes Bibel-Exemplar von Hand nachbearbeitet - sprich - lesbarer gemacht wurde: Sogenannte Rubrikatoren sorgten dafür, dass jeder erste Buchstabe eines Satzes mit einem senkrecht ausgeführten roten Strichlein versehen wurde. In dem massiven schwarzen Blocksatz wurden so sämtliche Satzanfänge markiert, das Auge des Lesers kann sich leichter orientieren.
Die gedruckten Exemplare waren schnell vergriffen
Die Nachfrage nach Gutenbergs wohl um die 180 Bibel-Exemplaren war damals gewaltig. Unser kaiserlicher Sekretär muss in dem oben zitierten Brief leider berichten: "Ich werde versuchen, wenn es sich machen lässt, noch eine Bibel zu kaufen. Ich fürchte aber, es wird nicht mehr möglich sein (…) weil behauptet wurde, dass schon vor der Vollendung der Bände die Käufer bereitgestanden hätten."
Übersetzt in unsere Zeit heißt das: Die komplette erste Auflage eines Buches ist schon vor ihrem Erscheinen nur durch online-Vorbestellungen ausverkauft. Ein phänomenaler Verkaufserfolg für den geschickten Unternehmer Johannes Gutenberg!
Womöglich werden die wenigsten heutigen Leser seitenweise in dieser Mutter aller gedruckten Bücher lesen. Eher noch bleibt man an den wenigen, extrem kunstvollen Zeichnungen hängen, so gleich zu Beginn neben den Anfangszeilen der Genesis: Das handgemalte und kolorierte Rankenwerk aus sich windenden Akanthusblättern, umspielt von exotischen Blüten, prunkt mit Farben wie Olivgrün, Altrosa, Preußischblau und hingetupftem Blattgold. 24 Doppelseiten später folgt eine blau auf goldenem Grund prangende Initiale H (für "Haec sunt nomina…") zu Beginn des 2. Buchs Mose.
Sämtliche Seiten des Göttinger Exemplars der Gutenberg-Bibel lassen sich detailliert auch im Internet betrachten. Für den neugierigen Blick einen Nachmittag lang reicht das allemal. Wer sich das schwere Buch kauft, empfindet wohl ähnlich wie der Autor des Begleittextes. Der erklärt voller Ergriffenheit, erst im blätternden Vergleich der einzelnen Seiten erschließe sich die Meisterleistung Gutenbergs in der monumentalen Größe des gedruckten Exemplars.
Die Gutenberg-Bibel von 1454
- Seitenzahl:
- 1400 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Zusatzinfo:
- Hardcover, 2 Bände mit Begleitheft, 23,5 x 33 cm
- Verlag:
- Taschen
- Bestellnummer:
- 978-3-8365-7245-3
- Preis:
- 100,00 €
