Ein Pionier der Pflanzenkunde
In einer Zeit, in der wir alles, was uns begegnet, gleich mit dem Smartphone dokumentieren können, in der wir jederzeit nachschlagen können, wenn uns eine Frage beschäftigt, in der es Apps für Speisepilzbestimmung, Baum- und Pflanzenarten gibt, scheint es einem unfassbar, welche Mühen die ersten Botaniker auf sich nahmen, um die Welt zu benennen und zu dokumentieren.
Alexander von Humboldt - vor 250 Jahren geboren - ist einer der bekanntesten Naturforscher, deren Arbeiten uns bis heute nutzen und beschäftigen. Seine Leistungen auf dem Gebiet der Pflanzenkunde würdigt der Bildband "Alexander von Humboldt und die botanische Erforschung Amerikas".
Fein gezeichnete Kupferstiche zeigen alle Pflanzendetails
Es ist eine Tomate. Ganz ohne Zweifel. An dem von unten nach oben, übers Blatt wachsenden Stängel, reihen sich die Blätter. Ein wenig rau, dunkelgrün, duftend. Rechts einige gelbe Blüten und unten ein abgeschnittener Zweig mit drei runden, roten Früchten. "Solanum Humboldtii", heißt diese Pflanze. Eine lateinamerikanische Wildtomate, die nach ihrem Entdecker benannt wurde.
Fein gezeichnet sind die teils kolorierten Kupferstiche in diesem Band. Nach Art der Zeit freilich, getreu der botanischen, naturalistischen Tradition oft mit Blüten, Knospen, Wurzeln, Samenkapseln und Früchten.
Tausende Pflanzen wurden gesammelt und katalogisiert
Auf ihrer Reise durch Lateinamerika von 1799 bis 1804 dokumentieren und sammeln Alexander von Humboldt und Aimé Bonpland Tausende ihnen unbekannte Pflanzen. Teils werden sie von Bonpland in einem ausführlichen Feldbuch beschrieben, das am Ende sieben Bände umfasst, teils auch von ihm und von Humboldt gezeichnet, getrocknet und gepresst. Mitunter schicken sie einzelne Pflanzen auch schon während der Reise nach Madrid und Paris, um möglichst viele der exotischen Gewächse in die Heimat hinüberzuretten.
"Der 'Journal botanique' erweist sich als vorbildliches Dokument der im Gelände geleisteten Arbeit und entspricht auch modernsten Anforderungen an ein Feldbuch", schreibt der Botaniker H. Walter Lack, in seinem Vorwort. Er unternimmt in seinem Buch nun den Versuch, den sechsten, den botanischen Teil des großen Werks, das Alexander von Humboldt über seine Lateinamerika-Reise publizierte, genauer zu untersuchen.
Die Aufarbeitung hat von Humboldt viel Geld gekostet
Nach seiner Rückkehr scheut Alexander von Humboldt weder Streit mit Aimé Bonpland noch Kosten, um die gesammelten Pflanzen zeichnen und drucken zu lassen. Was ihn einen guten Teil seines Privatvermögens kostet. Basierend auf dem "Journal botanique", das vor allem von Bonpland geführt wurde, ist die Aufarbeitung und Veröffentlichung der botanischen Funde erst 1834 abgeschlossen. Gezeichnet hat die meisten der in dem Buch abgebildeten Pflanzen der französische Botaniker und Künstler Pierre Jean François Turpin. Er galt nicht nur als einer der kunstfertigsten Illustratoren seiner Zeit, er muss auch Humor gehabt haben.
Mit ihren kleinen Wurzeln, die wie zarte Beinchen aus einem Gewusel haariger Blätter ragen, könnte sich die "Drosera pusilla" in einem unbeobachteten Moment davonschleichen. Aus dem Blätterknäul wächst ein zarter Stängel mit weißen Blüten. Die Darstellung der ganzen Pflanze ist klein und leicht, darunter in Schwarzweiß, filigran: Blüte, Knospe, Fruchtkörper, Querschnitte durch die Samenkapseln.
Spannende Texte ergänzen die Bildtafeln
Neben Turpin kann von Humboldt auch den deutschen Botaniker Carl Sigismund Kunth gewinnen, um die ungeheure Menge an Pflanzenmaterial zu sichten und wissenschaftlich aufzuarbeiten. Am Ende umfasst der botanische Abschnitt der Reisebeschreibungen mehr Seiten und Tafeln als alle nicht-botanischen Teile zusammengenommen.
"Dieser Abschnitt ist das Ergebnis der gemeinsamen Anstrengungen von drei herausragenden Persönlichkeiten - von Humboldt, Bonpland und Kunth. Ihre Namen sind untrennbar mit der botanischen Erforschung Lateinamerikas verbunden", schreibt H.Walter Lack. Die Faszination, die Wertschätzung, die der Autor für diese Leistung empfindet, merkt man der sorgfältigen Gestaltung des Buches an. Man kann die Mühen nachvollziehen, die das Sammeln, Dokumentieren, das Verschicken und Aufarbeiten der Pflanzen mit sich brachte oder sich einfach nur an den wunderbaren Drucken erfreuen. Ein Buch fürs Auge mit spannenden Texten, die einen in eine andere Zeit eintauchen lassen.
Alexander von Humboldt und die botanische Erforschung Amerikas
- Seitenzahl:
- 280 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Zusatzinfo:
- Hardcover, Pappband, 24,0 x 34,0 cm, 142 farbige Abbildungen - mit 82 Farbtafeln
- Verlag:
- Prestel
- Bestellnummer:
- 978-3-7913-8414-6
- Preis:
- 49,95 €
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