Stadtkern von Arnis © NDR Foto: Stella Kennedy

Die kleinste Stadt Deutschlands: So wurde Arnis zur Stadt

Stand: 14.04.2024 00:00 Uhr

Der 14. April vor 90 Jahren wird als eigentliches Stadtgründungsdatum von Arnis angeben, das mit nicht einmal 300 Einwohnern die kleinste Stadt Deutschlands ist. Ein interaktiver Foto-Vergleich zeigt die Entwicklung des Ortes an der Schlei, der lange ohne Fähre auskommen musste.

von Jan Altmann

Arnis liegt auf einer Halbinsel in der Schlei unweit von Kappeln (Kreis Schleswig-Flensburg). Das Areal war lange Zeit unbewohnt. Im 17. Jahrhundert zogen etwa 65 Familien aus Kappeln dorthin. 1667 wurde Arnis offiziell gegründet. Lange Zeit hatte der Ort den Status eines sogenannten Flecken.

Das änderte sich in den 1930er-Jahren, als die Nazis an die Macht kamen. "Sie wollten nur noch Dörfer oder Städte haben", berichtet Lieselotti Wiese. Sie wuchs in der Nähe von Sörup in Angeln auf, lebt seit 1950 in Arnis und beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit der Geschichte von Arnis. Am 1. Januar 1934 wurde Arnis offiziell zur Stadt erklärt - zunächst auf Probe. Allerdings wird der 14. April 1934 als eigentliches Stadtgründungsdatum betrachtet. An jenem Tag hat der Schleswiger Landrat Anton Wallroth den ehrenamtlichen Bürgermeister der Stadt ernannt.

Heute hat Arnis nicht einmal 300 Einwohner (Stand Dezember 2022: 273) und ist damit die kleinste Stadt Deutschlands. Das gilt übrigens auch der Fläche nach. Lediglich 0,45 Quadratkilometer misst das städtische Areal. Nach der beliebten Umrechnung in Fußballfeldern entspricht dies einer Zahl von 63 Plätzen.

Schwarz-Weiß-Aufnahme der Schulstraße in Arnis. © Stadtarchiv Kappeln Die Schulstraße in Arnis heutzutage. © NDR Foto: Jan Altmann

Nahezu unverändert: Die ehemalige Schule in Arnis, daneben das Spritzenhaus (altes Foto um 1925). Heute (2019) ist das Gebäude ein Wohnhaus. (Mit dem Schieberegler auf diesem und den weiteren Bildern können Sie das Arnis von früher und heute vergleichen. Verschieben Sie den Regler einfach mit der Maus oder dem Finger auf Smartphone und Tablet.)

Arnis: Im 18. Jahrhundert ein wichtiger Handelsplatz

Arnis besitzt schon lange ein Fährrecht, nutzte dies zunächst aber nicht. "Über 150 Jahre seit seiner Gründung war Arnis als Insel ohne Fähre und Verbindung mit Angeln und Schwansen", schreibt Walter Luth in seinem Buch "Arnis - Eine kleine Stadt mit großer Vergangenheit" (1977). Jeder Einwohner war quasi sein eigener Fährmann.

Im 18. Jahrhundert entwickelte sich Arnis zum wichtigen Handelsplatz. Vom Hafen aus brachten etwa 70 Frachtsegler regelmäßig Waren und Vieh über die Ostsee und nach Skandinavien. Es entstanden Werften, die die Handelsschiffe bauten oder warteten.

Historisches Foto der Langestraße in Arnis. © Stadtarchiv Kappeln Heutige Langestraße in Arnis. © NDR Foto: Jan Altmann

Die Lange Straße in Arnis: Das Kaufhaus des Unternehmers Hans Nissen auf einem Foto um 1935 - und heute (2019). Die meisten Gebäude haben sich kaum verändert, Bäume prägen immer noch das Straßenbild.

1826: Start des Fährbetriebs mit Fährrampe

Damit auch die Bauern am anderen Ufer in Sundsacker Gespanne mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen nach Arnis transportieren konnten, wurde an beiden Uferseiten mit dem Bau einer Fährrampe begonnen. Das Jahr der Fertigstellung, 1826, gilt als offizieller Start des Fährbetriebs. Das Übersetzen lief zunächst mit Muskelkraft: Ein Schiff wurde mit einer Leine von der einen Uferseite zur anderen gezogen.

Historisches Bild des Fähranlegers in Arnis. © Stadtarchiv Kappeln Der heutige Fähranleger samt Fähre in Arnis an der Schlei. © NDR Foto: Jan Altmann

Etwa 1890 errichteten Pioniere eine schwimmende Behelfsbrücke über die Schlei. Heute (2019) bringt eine Fähre Autos, Radfahrer und Fußgänger von Arnis ans andere Ufer nach Sundsacker.

Pontonbrücken über Schlei als Übergangslösung

Die Arnisser wollten einen regelmäßigen Fährbetrieb und pochten auf ein entsprechendes Privileg, dass ihnen Herzog Christian Albrecht (1641-1695) vor langer Zeit eingeräumt hatte. Die königliche Regierung in Kopenhagen lehnte ein Gesuch ab. Es folgte ein langjähriger Rechtsstreit. Arnis behielt am Ende seine Fährlizenz. Eine feste Verbindung nach Sundsacker auf der anderen Uferseite war offenbar nie geplant.

Kriegsbedingt legte der Fährbetrieb zwei Mal eine Zwangspause ein. Nach dem Ende des deutsch-dänischen Kriegs (1864) errichteten preußische Pioniere um 1890 eine provisorische Brücke. Auch während des Ersten Weltkriegs musste ein Transportweg her. Die Lösung war eine schwimmende Pontonbrücke.

"Ein örtlicher Schiffer holte sie damals aus dem dänischen Sonderborg ab", erzählt Lieselotti Wiese. "Die provisorische Schlei-Querung wurde aber nach wenigen Wochen wieder abgebaut." Später kaufte Arnis das Grundstück am anderen Ufer in Sundsacker.

Historische Aufnahme des Kaufhauses in Arnis. © Stadtarchiv Kappeln Das heutige Kaufhaus in Arnis. © NDR Foto: Jan Altmann

Im früheren Kaufhaus Nissen eröffnete ein Enkel des Unternehmers einen Supermarkt (Foto um 1980). Heute (2019) befindet sich im Untergeschoss eine Bäckerei.

Bis heute ist eine Fähre mit Motor im Einsatz

Seit den 1960er-Jahren verkehrt eine Fähre mit Motor. Das jetzige Schiff wurde 1981 gebaut. Ein Stahlseil führt das Schiff von der Angelner Seite über die Schlei auf die Schwanser Seite und umgekehrt. Die Stadt Arnis verpachtet den Fährbetrieb. Früher hat der Fährmeister auch im Arnisser Fährhaus unweit des Anlegers gewohnt. Heute ist das Gebäude eine Gaststätte.

Im Herbst 2023 taucht der Name Arnis verstärkt in den Medien auf: Infolge eines sturmbedingten Hochwassers der Ostsee bricht dort ein Deich. Der Ort wird größtenteils überflutet.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 08.07.2017 | 19:30 Uhr

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