Stand: 04.06.2016 12:23 Uhr

SED - Sozialistische Einheitspartei Deutschlands

Führungsrolle in allen gesellschaftlichen Bereichen

Einen weiteren Einschnitt stellte der IV. Parteitag 1954 dar: Neben der Festschreibung der Führungsrolle der SED sollten nun in allen gewählten Organen des Staates und in den Massenorganisationen Parteigruppen gebildet werden, die administrativ den jeweiligen SED-Leitungen unterstellt wurden. Die Grundorganisationen in den VEB, MTS, VEG und LPG erhielten ausdrückliches Kontrollrecht über die Tätigkeit der Betriebsleitungen, so dass die SED in der Folgezeit alle gesellschaftlichen Bereiche unter ihre Kontrolle bekam.

Alle anderen Parteien wie auch die Massenorganisationen standen vollständig unter der Hegemonie der SED. Sie wurden zu ausführenden Organen der führenden Partei degradiert.

Mit dem VIII. Parteitag 1971 (und der vorher erfolgten Ablösung Ulbrichts von seinen Parteifunktionen) stand die SED - zumindest nach eigenem Bekunden - erneut vor einem Wendepunkt: Von nun an sollte alles für das Glück des Volkes getan werden, wozu die "Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik" die Voraussetzung sei.

Prinzip des demokratischen Zentralismus

Der Organisationsaufbau SED folgte dem Prinzip des "demokratischen Zentralismus" und war streng hierarchisch gegliedert: Das höchste Organ war der alle vier Jahre zusammentretende Parteitag, der das Zentralkomitee (ZK) wählte, von dem wiederum auf der ersten nach dem Parteitag stattfindenden konstituierenden Sitzung das Politbüro des ZK, das Sekretariat des ZK und der Generalsekretär gewählt wurde. Auch diese Wahlen waren keineswegs Ergebnis freier Diskussion und Entscheidung (wie alle Parteiwahlen), sondern parteiöffentliche Akklamation von Personalentscheidungen, die von der jeweiligen Leitungsebene hinter verschlossenen Türen stattfanden.

Diese zentrale Struktur wiederholte sich auf Bezirks- und Kreisebene, die der staatlichen Administration angepasst und dieser gegenüber weisungsberechtigt war. Aufgebaut war die SED nach dem Territorial- und Produktionsprinzip. Jedes Parteimitglied musste einer Grundorganisation (GO) angehören, in der Regel am Arbeitsplatz. Wenn jedoch weniger als drei SED-Mitglieder beschäftigt waren, dann musste man sich in der zuständigen Orts- bzw. Wohnparteiorganisation (WPO) anmelden, in denen Rentner und Nichtberufstätige verpflichtet waren mitzuarbeiten.

In den GO musste auch der monatliche Beitrag entrichtet werden, der sich nach dem monatlichen Gesamtbruttoeinkommen richtete: bei Einkommen bis 600 Mark 0,5 Prozent des Einkommens, bis 700 Mark ein Prozent, bis 800 Mark 1,5 Prozent, bis 1.000 Mark zwei Prozent, bis 1.200 Mark 2,5 Prozent und über 1.200 Mark drei Prozent. Auch für weitere zusätzliche Einkünfte wie Jahresendprämien oder Honorare wurden Beiträge erhoben.

Parteilose Spitzenleute als Alibi

Da die SED stets besonderen Wert auf die Aufnahme von Arbeitern legte, was jedoch nie in befriedigendem Maße gelang, wurden einerseits einige Berufsgruppen (z.B. Funktionäre und Berufssoldaten) kurzerhand als Arbeiter definiert und andererseits seit den 70er-Jahren auch eine Beschränkung der Aufnahme von Intellektuellen vorgenommen. Wo es nötig war, dass Nicht-SED-Mitglieder aufgrund ihrer Fachkompetenz in leitende Stellungen aufrückten, wurden diese häufig aufgefordert, der SED beizutreten, sofern der Beitritt nicht schon vorher als Voraussetzung für den beruflichen Aufstieg bezeichnet worden war.

Doch gab es auch hier Ausnahmen, da man parteilose Spitzenleute auch als Alibi brauchte, um nachweisen zu können, dass in der sozialistischen Gesellschaft auch "Nichtgenossen" ihre Perspektive haben.

Immer weniger Personen mit immer mehr Einfluss

Je umfassender allerdings die SED-Führung alle gesellschaftlichen Bereiche unter ihre Kontrolle brachte, desto mehr verwandelte sie sich in einen von der Gesellschaft abgehobenen Organismus, in dem die Macht vollständig konzentriert war, wobei auch die tatsächliche Machtbefugnis und -ausübung zunehmend eingeengt wurde auf kleine, auch informelle Zirkel von Entscheidungsträgern (Politbüro, Sekretariat des ZK bzw. vertrauliche Gruppierungen innerhalb dieser Gremien).

Die Folge war, dass immer weniger Personen (Honecker, Hager, Mittag) immer mehr Einfluss erhielten.

Dieses Thema im Programm:

Nordmagazin | 05.06.2016 | 19:30 Uhr

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