VIDEO: Pflegereform: "Nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein" (3 Min)

Pflegeheim: Wie hoch sind die Kosten?

Stand: 10.11.2023 14:57 Uhr

Immer mehr alte Menschen leben im Pflegeheim. Die Betreuung wird immer teurer. Was kostet ein Platz, wer zahlt was und wie hoch ist der Eigenanteil für Angehörige?

In ein Pflegeheim zu ziehen und sein Zuhause und Umfeld zu verlassen, fällt den meisten alten Menschen schwer. Hinzu kommen Sorgen über die finanzielle Belastung und die Furcht, sich den Heimplatz nicht leisten zu können. Die Kosten sind in den vergangenen Monaten vor allem für Pflegepersonal, aber auch für Unterkunft und Verpflegung stark gestiegen und schlagen sich deutlich auf die Eigenbeteiligung der Pflegebedürftigen nieder. Mit der Pflegereform will die Bundesregierung die Beiträge zur Pflegeversicherung erhöhen und die Leistungen verbessern, um Pflegebedürftige und ihre Angehörigen zu entlasten.

Etwa fünf Millionen Menschen in Deutschland sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes pflegebedürftig. Fünf von sechs Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt, etwa 800.000 leben in Pflegeheimen.

Pflegereform: Höhere Beiträge zur Pflegeversicherung, mehr staatliche Leistungen

Die Pflegereform sieht vor, von 2024 an die staatlichen Zuschüsse zu erhöhen - in der stationären Pflege im ersten Jahr des Heimaufenthalts um 10 Prozent auf dann 15 Prozent und für die folgenden Jahre um jeweils 5 Prozent auf 30, 50 und 75 Prozent. Außerdem wurde der allgemeine Beitragssatz der Pflegeversicherung zum 1. Juli 2023 von 3,05 Prozent auf 3,4 Prozent des Bruttoeinkommens angehoben. Auf den Beitrag gibt es Zu- oder Abschläge, die sich danach richten, ob der Versicherte Kinder hat, wie viele und wie alt sie sind.

Wie hoch ist die Eigenbeteiligung in einem Pflegeheim?

Einen festen Preis für einen Platz im Heim gibt es nicht. Jeder Betreiber kalkuliert die Kosten für sein Haus selbst, muss sie allerdings von den Pflegekassen und den Sozialbehörden genehmigen lassen. Zwar zahlen die Pflegekassen Zuschüsse zu den Kosten für die Pflege, dennoch müssen Pflegebedürftige immer tiefer in die Tasche greifen. 2022 mussten sie nach Angaben des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) monatlich im Schnitt 2.411 Euro Eigenbeteiligung zahlen, wenn sie bis zu zwölf Monate im Pflegeheim versorgt wurden. Das sind 278 Euro mehr als im Vorjahr. Pflegebedürftige mit mehr als zwölf Monaten Aufenthaltsdauer im Heim mussten durchschnittlich 2.183 Euro im Monat (plus 232 Euro) zuzahlen. Bei mehr als zwei Jahren waren es 1.955 Euro im Monat (plus 186 Euro) und bei mehr als drei Jahren 1.671 Euro im Monat (plus 130 Euro).

Pflegeheim-Kosten in Bundesländern unterschiedlich

In dem Monatsbetrag sind neben den reinen Pflegekosten auch Kosten für Unterkunft, Essen und weitere Nebenkosten enthalten. Die Beträge unterscheiden sich erheblich zwischen den Bundesländern: Während in Sachsen-Anhalt ein Heimplatz im ersten Jahr durchschnittlich 1.823 Euro kostete, waren es im Saarland 2.782 Euro.

Kosten für Pflegeheim vergleichen

Auch zwischen Heimen im selben Bundesland und derselben Region gehen die Preise weit auseinander. Es ist also sinnvoll, rechtzeitig Angebote und Preise zu vergleichen. Das Informationsportal "Pflegelotse" des vdek gibt einen bundesweiten Überblick über Pflegeheime und deren Preise. Auch der "Pflege-Navigator" der Krankenkasse AOK informiert über Einrichtungen bundesweit.

Pflegeheime sind nicht mit Seniorenwohnheimen, -residenzen oder ähnlichen Einrichtungen zu verwechseln. Während in Pflegeheimen die Pflege im Vordergrund steht, ist es bei Seniorenheimen das betreute Wohnen. Dort leben alte Menschen in kleinen Wohnungen oder Apartments oft sehr selbstständig. Die Preise und Leistungen können frei gestaltet werden und entsprechend hoch sein.

Pflegekasse übernimmt Teil der Kosten je nach Pflegegrad

Ausschnitt aus der monatlichen Rechnung eines Pflegeheimes © Axel Franz
Die Rechnung eines Pflegeheimes setzt sich aus vielen Positionen zusammen.

Die tatsächlichen Kosten für einen Platz im Pflegeheim liegen deutlich höher als die Eigenbeteiligung. Für die Kosten der Pflege zahlen die Pflegekassen monatlich Leistungen an den Betreiber, die sich nach der Pflegebedürftigkeit des Heimbewohners richten - von Pflegegrad 1 bis 5, von leicht bis schwer. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen Menschen mit Pflegegrad 1 möglichst nicht in der stationären Pflege leben. Wollen sie es dennoch, gilt für sie ein deutlich höherer Eigenanteil, die Kasse steuert nur 125 Euro zu. Bei Pflegegrad 2 sind es bereits 770 Euro und bei intensiver Pflege im Grad 5 sogar 2.005 Euro pro Monat.

Pflegekasse gibt Zuschüsse zu Eigenanteil je nach Aufenthaltsdauer

Die Kosten für einen Heimplatz setzen sich zusammen aus Pflege- und Betreuungskosten, Unterkunft, Essen und Investitionskosten. Pflegebedürftige müssen für Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten im Heim selbst aufkommen. An den hohen Kosten für das Pflegepersonal beteiligen sie sich mit dem sogenannten Eigenanteil. Zu diesem Eigenanteil gewähren die Pflegekassen seit Anfang 2022 Zuschüsse, die sich je nach der Aufenthaltsdauer im Heim staffeln. Bis 1. Januar 2024 gilt: Im ersten Jahr sind es 5 Prozent, im zweiten 25 Prozent, im dritten 45 Prozent und nach drei Jahren 70 Prozent. Damit übernehmen die Pflegekassen erst ab dem dritten Jahr im Pflegeheim einen größeren Teil der Kosten für die reinen Pflege- und Betreuungsleistungen.

Wie setzt sich die Eigenbeteiligung zusammen?

Heimbetreiber müssen in ihrer Berechnung die Kosten für die Bewohner aufschlüsseln. Eine Beispielrechnung für die finanzielle Belastung eines Pflegebedürftigen im Bundesdurchschnitt:

  • Als Teil der Pflege- und Betreuungskosten wird ein "einrichtungseinheitlicher Eigenanteil" (EEE) erhoben. Er gilt für alle Bewohner mit Pflegegrad 2 bis 5 in gleicher Höhe und betrug 2022 durchschnittlich 1.139 Euro.
  • Für die Unterkunft mit Nebenkosten und das Essen kamen weitere 857 Euro hinzu.
  • An dritter Position stehen "Investitionskosten". Darunter fallen Ausgaben zu Erhalt und Modernisierung von Gebäuden und technischen Anlagen, etwa die Renovierung von Gemeinschaftsräumen oder die Sanierung von Bädern. Im Schnitt mussten Bewohner dafür weitere 472 Euro monatlich zahlen.

Die Eigenbeteiligung summiert sich damit auf 2.468 Euro monatlich. Mit dem Zuschuss der Pflegekasse zum Eigenanteil (EEE) in Höhe von 5 bis 70 Prozent verringert sich der Betrag je nach Aufenthaltsdauer um 57 bis 797 Euro. Wenn das Heim Pflegekräfte ausbildet, kommt noch ein "Ausbildungszuschlag" von etwa 50 Euro zur Kostenberechnung hinzu.

Teurere Pflege lässt Eigenanteil steigen

Die Kosten für Pflegeheime steigen regelmäßig. Betreiber müssen eine geplante Erhöhung bei den Aufsichtsgremien beantragen, begründen und genehmigen lassen. Als Grundsatz gilt, dass die Erhöhung und der künftige Preis angemessen sein müssen. Den Bewohnern müssen die Betreiber die Steigerung rechtzeitig ankündigen, erläutern und begründen. Falls sie nicht zustimmen wollen, können sie den Vertrag mit dem Heim kündigen. Da die Zuzahlungen der Pflegekasse nach Pflegegrad ein Festbetrag sind, schlägt eine Erhöhung zunächst voll auf den Eigenanteil der Bewohner durch. Doch auch mit dem Zuschuss der Pflegekassen liegt der Eigenanteil höher als zuvor.

Ein Beispiel: Eine Heimbewohnerin hat Pflegegrad 3. Aus eigener Tasche zahlt sie in ihrem Heim einen Eigenanteil (EEE) von monatlich 1.139 Euro, die Pflegekasse entsprechend dem Pflegegrad weitere 1.262 Euro als Festbetrag an den Heimbetreiber. Erhöht dieser den Eigenanteil um 100 Euro, erhöht sich der Festbetrag der Pflegekasse nicht. Sie zahlt jedoch den nach Aufenthaltsdauer gestaffelten prozentualen Zuschuss zum nun höheren Eigenanteil von 1.239 Euro.

Wer zahlt die Heimkosten, wenn die Rente nicht ausreicht?

Längst nicht alle Pflegebedürftigen können die im Schnitt bis zu 2.411 Euro Eigenbeteiligung pro Monat für einen Heimplatz selbst aufbringen. Wenn die eigenen Reserven bis auf höchstens 10.000 Euro verbraucht sind, übernimmt das Sozialamt die verbleibenden Kosten. Es prüft allerdings, ob Kinder für ihre Eltern zahlen können. Sie sind jedoch erst zum Unterhalt verpflichtet, wenn ihr Jahresbruttoeinkommen 100.000 Euro übersteigt. Pflegebedürftige können auch einen Zuschuss zu den Wohnkosten bekommen. Am 1. Januar 2023 ist die Höhe des Wohngeldes gestiegen und mehr Menschen haben Anspruch darauf.

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Dieses Thema im Programm:

Die Tricks | 13.11.2023 | 21:00 Uhr

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