Stand: 18.09.2019 14:18 Uhr

Chat-Protokoll: Heiserkeit durch Sodbrennen

Der Gastroenterologe Dr. Ulrich Rosien im Studio
Der Gastroenterologe Dr. Ulrich Rosien hat Fragen im Visite Chat beantwortet.

Saures Aufstoßen nach einem üppigen Essen, dazu ein scharfes Brennen hinter dem Brustbein - da ist die Ursache oft naheliegend: Saurer Magensaft schwappt in die Speiseröhre und greift dort die empfindliche Schleimhaut an. Doch auch hinter Husten und Heiserkeit können Probleme mit der Magensäure stecken. Als feinste Nebeltropfen steigt die aggressive Flüssigkeit unbemerkt bis in den Rachen auf und wird eingeatmet. Das irritiert Lunge, Bronchien und reizt die Stimmbänder. Eine häufige Ursache für Hals- und Atemprobleme, die allzu leicht übersehen wird.

Der Gastroenterologe Dr. Ulrich Rosien hat im Visite Chat Fragen zum Thema Sodbrennen beantwortet. Das Protokoll zum Nachlesen.

Conny: Welches Brot kann man bei Sodbrennen essen?

Dr. Ulrich Rosien: Es gibt keine wissenschaftlichen Beweise, die für eine Sorte sprechen. Grundsätzlich sind Getreide, die eine längere Verdauung brauchen, aber gesünder, zum Beispiel Vollkorn.

Joma: Ich nehme seit einigen Jahren Omeprazol 40 mg wegen einer chronischen Speiseröhrenentzündung und fühle mich nicht so ganz wohl dabei, da dieses Medikament erhebliche Nebenwirkungen verursacht, unter anderem schlecht für die Knochen und so weiter. Auf meine Frage, ob ich absetzen kann, erhielt ich die Aussage, wenn ich keinen Speiseröhrenkrebs bekommen wolle, müsse ich sie zeitlebens weiternehmen. Gibt es eventuell eine Alternative zu Omeprazol, und was ist von dieser Aussage zu halten? Habe trotz Omeprazol gelegentlich Magenschmerzen und geblähten Oberbauch.

Rosien: Bei gesicherter chronischer Entzündung überwiegen die Vorteile eindeutig die Nachteile einer jahrelangen Behandlung. Trotzdem wird man auch bei einer schweren Speiseröhrenentzündung nach einem Jahr die Dosis reduzieren oder ganz ausschleichen lassen. Das Risiko der Krebsentstehung ohne Medikation ist relativ gering. Auf der anderen Seite sind viele, auch die von Ihnen genannten Nebenwirkungen der Säureblocker meistens nur eine Vergesellschaftung und keine ursächliche Beziehung. Menschen mit schweren Erkrankungen nehmen häufig Säureblocker, das heißt im Umkehrschluss eben nicht, dass die Erkrankungen durch den Säureblocker kommen. Ein Präparatewechsel wegen gelegentlicher Beschwerden halte ich nicht für notwendig, ein geblähter Bauch hat meist andere Ursachen (zum Beispiel Milchzuckerverdauungsstörung).

Oliver S.: Ich leide an einem Zwerchfellbruch, weswegen ich auch oft Sodbrennen habe. Wahrscheinlich dadurch habe ich auch dauernd Husten mit Schleimbildung. Andere Ursachen wurden schon weitestgehend ausgeschlossen. Was kann man auf Dauer noch machen, um nicht laufend die Protonenpumpenhemmer zu nehmen, die auf Dauer ja auch schädigend sind? Eine OP des Zwerchfellbruchs ist keine wirkliche Option.

Rosien: Sodbrennen, insbesondere wenn Schleimhautveränderungen endoskopisch gesehen wurden, ist eine gute Begründung, Säureblocker einzunehmen. Dabei ist immer die geringste wirksame Dosis anzustreben; bei vielen ist eine Behandlung bei Bedarf ausreichend. Insbesondere wenn in der Vergangenheit der Husten auf den Säureblocker angesprochen hat, würde ich Ihnen sogar zu einer Dauerbehandlung raten, da bereits zwischenzeitliche Refluxe in die Atemwege zu einer anhaltenden Reizung führen können.

Alexandra: Ich bin Lehrerin - also auf meine Stimme angewiesen - und leide unter der magensäusebedingten Heiserkeit mit häufigem Zwang, mich räuspern zu müssen. Die Behandlung schlägt nur teils,teils an, zumal ich häufig auch laut und viel sprechen muss. Nun habe ich die Sorge, dass meine Stimme nachhaltig Schaden leiden könnte. Wie kann ich meine Stimmbänder und den Rachenraum so unterstützen, dass die Stimme erhalten bleibt?

Rosien: Außer der rein medikamentösen Behandlung sind oft Allgemeinmaßnahmen hilfreich: Zwei Stunden nach dem Essen nicht hinlegen, abends keinen Alkohol, alles, was in der eigenen Erfahrung Sodbrennen macht (Zitrusfrüchte) meiden. Darüber hinaus kann gerade in Ihrem Beruf eine Sprechschulung hilfreich sein.

Gera: Ich leide an Räusperzwang und dem Gefühl, ständig einen Kloß im Hals zu haben. Kann man mit der vorübergehenden Einnahme von Säureblockern feststellen, ob der (stille) Reflux die Ursache ist?

Rosien: Eine probeweise Behandlung in Absprache mit Ihrem Arzt kann sinnvoll sein und sollte im Gegensatz zu der Behandlung bei Sodbrennen über zwei Monate durchgeführt werden, bevor man zu einer abschließenden Bewertung kommt.

Hillu: Ich habe Schluckbeschwerden und manchmal Schmerzen beim Schlucken. Nach einer Magenspiegelung wurde ein Schatzki-Ring festgestellt. Was tun?

Rosien: Wenn der Schatzki-Ring eine relevante Einengung macht, sollte er endoskopisch gedehnt werden.

Marie-Luise: Ich habe keinen Magen mehr, daher ja auch keine Magensäure. Trotzdem habe ich häufiges Räuspern und Heiserkeit bis Stimmversagen. Ein HNO meinte, dass ich trotz fehlendem Magen unter Reflux leiden könnte.

Rosien: Ihr HNO-Arzt kann durchaus recht haben. Es kann nämlich unter bestimmten Bedingungen zu Rückfluss von Verdauungsenzymen aus Galle und Bauchspeicheldrüse kommen. Oft findet sich dann endoskopisch auch eine Entzündung der Speiseröhre. Dies wäre der nächste diagnostische Schritt.

Kathy: Ich habe seit Jahrzehnten Halsschmerzen, Heiserkeit, Schluckstörungen und Globusgefühl. Protonenpumpeninhibitoren (PPI) helfen nicht. Die Restech-pH-Metrie ergab, dass besonders nachts der pH-Wert im Hals sinkt. Auch die Symptome sind morgens am schlimmsten. Ich bin verzweifelt, habe mich sogar am Magen operieren lassen (Einsatz eines Netzes bei kleinem Zwerchfellbruch), was auch nicht geholfen hat. Was kann ich noch tun, wenn PPI nicht helfen?

Rosien: Säure ist ein entscheidender, aber nicht der einzige Einflussfaktor für die von Ihnen geschilderten Beschwerden. Ich gehe mal davon aus, dass andere Ursachen (zum Beispiel aus dem Bereich der Nasennebenhöhlen) schon ausgeschlossen wurden. Neben Allgemeinmaßnahmen, zu denen in Ihrem Fall das Schlafen auf einer schiefen Ebene gehören würde, könnten Sie auch Präparate ausprobieren, die zu einer Schichtbildung auf der Säure führen (Gavescon).

Maria: Nach immer wiederkehrenden Verätzungen der Speiseröhre wurde bei mir eine Hiatushernie diagnostiziert. Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es dafür und wie kann ich "vorbeugen", um weitere Säureprobleme zu reduzieren? Vielen Dank im Voraus.

Rosien: Da Sie offensichtlich sehr regelmäßig Beschwerden haben, empfehle ich zunächst eine konsequente Einnahme von Säureblockern. Wenn diese dann helfen, kann man immer noch über eine mechanische Barriere durch Operation als Alternative nachdenken.

Baerbel: Ich habe eine kleine Hiatushernie und die Refluxkrankheit. Nehme seit Anfang des Jahres Omeprazol, habe immer noch Husten und zurzeit viel Bauchschmerzen und Magenschmerzen.

Rosien: Die bei Ihnen festgestellte Refluxkrankheit sollte mit dem Omeprazol gut therapierbar sein. Es gibt aber Patienten, bei denen der Husten durch Reflux kommt, aber nicht durch die Säure, sondern durch die im Magensaft enthaltenen Enzyme bewirkt wird. Wenn andere Ursachen des Hustens ausgeschlossen sind und Sie Allgemeinmaßnahmen beachten, könnten Sie barrierebildende Medikamente ausprobieren. Bauchschmerzen und Magenschmerzen sehe ich nicht in Zusammenhang mit der Refluxkrankheit.

Edith: Seit eineinhalb Wochen nehme ich Ranitidin wegen Antrumgastritis. Soeben lese ich in den News, dass Ranitidin zurückgerufen wurde. Welche Alternative gibt es für mich, da ich Pantoprazol wegen Nebenwirkungen nicht einnehmen möchte?

Rosien: Eine Antrumgastritis (Magenschleimhautentzündung im Ausgangsbereich des Magens) ist nur bei besonderer Ausprägung in Verbindung mit Beschwerden behandlungsbedürftig. Der Rückruf von Ranitidin erfolgte aufgrund von Verunreinigungen bei der Herstellung. Wenn Sie unter Pantoprazol Nebenwirkungen erlebt haben, ist ein Wechsel auf einen anderen Säureblocker sinnvoll.

Ilona: Ich bin jetzt 40 Jahre alt und nehme seit circa zehn Jahren Omeprazol 20 mg. Ich würde dieses Medikament gerne absetzen, da es ja erhebliche Nebenwirkungen hat. Merke jedoch direkt nach einem Tag, dass ich Sodbrennen entwickle. Durch zwei Magenspiegelungen wurde mir gesagt, dass ein geringer Reflux da ist. Gibt es noch andere Alternativen außer Omeprazol?

Rosien: Eine ganze Reihe von Nebenwirkungen werden mit der Einnahme von Säureblockern in Verbindung gebracht. Es handelt sich dabei ausschließlich um rückblickende Untersuchungen, bei denen nur eine Vergesellschaftung, kein ursächlicher Zusammenhang, festgestellt werden kann. Die Ergebnisse sind teilweise gegensätzlich: In der einen Studie steigt zum Beispiel ein Alzheimerrisiko um 20 Prozent, in der anderen sinkt es um 20 Prozent. Es gibt eine Studie mit vorausschauend gesammelten Daten zur Therapiesicherheit (prospektiv), in denen bislang keine Risikosteigerung festgestellt werden konnte. Immer gilt: Säureblocker nur mit Begründung wie in Ihrem Fall und in möglichst geringer Dosis.

Trude Mann: Bei mir wurde vor über 20 Jahren ein Barrett-Ösophagus festgestellt. Seitdem werden mir verschiedene Säureblocker verordnet, Antra, Pantozol und zurzeit Pariet 10 mg. Ich nehme einmal täglich eine Tablette, vorübergehend musste ich zwei Tabletten nehmen wegen eines kleinen Ulcus. Anfangs musste ich jährlich einmal zur Magenspiegelung, da es sich unter der Einnahme stabilisiert hat, brauche ich nur alle drei Jahre. Meine Fragen: Schadet die langjährige Einnahme der Säureblocker? Und schadet eine häufige Magenspiegelung, weil ja dabei immer Proben aus der Schleimhaut entnommen werden?

Rosien: Offensichtlich befinden Sie sich in einem sehr gut durchgeführten Überwachungsprogramm, das Sie vor der Entwicklung eines Speiseröhrenkrebses im fortgeschrittenen Stadium bewahren soll. Alle von Ihnen geschilderten Maßnahmen sind als fachgerecht zu begrüßen. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, dass die Spiegelungen Ihnen einen Schaden zufügen.

Lola: Ich leide seit Langem an Sodbrennen und es besteht ein Reflux. Kann die Einnahme von Heilerde oder Natron diese Beschwerden lindern? Kürzlich erfuhr ich von einem HP, dass bei den meisten Patienten mit Sodbrennen eher ein Mangel an Magensäure diese Beschwerden hervorruft.

Rosien: Wie in der Sendung dargestellt, können alternative Präparate genommen werden, sofern sie tatsächlich helfen. Dazu gehört auch die Heilerde. Bei immer wiederkehrenden Beschwerden sollte jedoch vor einer Dauerbehandlung eine Diagnostik eine Folgeerkrankung eines dauerhaften Refluxes (zum Beispiel auch Tumorentstehung) ausschließen. Eine Infektion mit Helicobakter Pylori (HP) kann tatsächlich zu einer verminderten Säureproduktion im Magen führen. Der Schaden, den der Helicobacter am Magen verursachen kann, überwiegt aber den eines jeglichen Säureschutzes an der Speiseröhre!

Ulrich: Ich leide seit Jahren insbesondere nachts darunter, dass ich Magensäure einatme. Danach huste ich unter Umständen eine halbe Stunde, bis ich wieder normal atmen und weiterschlafen kann. Auch an dem folgenden Tag spüre ich den Vorfall noch in den Bronchien. Meine Frage: Wie schädlich können diese Ereignisse für die Lunge sein?

Rosien: Für die Lunge schädigend ist typischerweise nur ein massiver Übertritt von Magensäure (Aspiration genannt). Dies tritt typischerweise eher in Zusammenhang mit einer Magenentleerungsstörung auf als bei einer Refluxkrankheit.

Loni: Wenn einmal Becherzellen diagnostiziert wurden, können diese durch Pantoprazol wieder verschwinden?

Rosien: Becherzellen sind ein Diagnosekriterium für einen Barrett-Ösophagus. Dies ist eine mögliche chronische Veränderung der Speiseröhre und Schleimhaut, die mit einem erhöhten Tumorrisiko verbunden ist (das aber nicht so hoch ist wie wir es lange Jahre gedacht haben). Säureblocker können diese Veränderung nicht zurücknehmen, unterdrücken aber den anhaltenden Entzündungsreiz.

X: Meine Frau hat seit über zehn Jahren ständigen Reizhusten. Vor ein paar Jahren wurde ihr die Gallenblase entfernt. Weiterhin nimmt sie Tabletten zur Blutdrucksenkung. Gibt es da einen Zusammenhang?

Rosien: Ihre Frau sollte mit Ihrem Arzt über Reizhusten als Nebenwirkung der Blutdrucktabletten sprechen. Dies ist zumindest bei einigen dieser Medikamente eine typische Nebenwirkung.

Dieses Thema im Programm:

Visite | 17.09.2019 | 20:15 Uhr

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