Weniger Buden und Bühnen: Die Travemünder Woche muss sich neu erfinden
Erst die Pandemie, dann der Krieg in Europa und die mögliche Energiekrise – die Folgen sind auch auf der 133. Travemünder Woche bereits deutlich zu sehen. Fast die Hälfte aller Standbetreiber, mehrere Bühnen und Partyzonen sind nicht mehr da. Die Travemünder Woche muss sich neu aufstellen.
Der einzige Strandclub liegt fast versteckt an der Nordermole und die Kult-Coverband United 4 spielt längst nicht mehr lautstark vor über 5.000 Fans. Was viele Dauergäste aus der Umgebung bedauern. Nur die "Fressbuden" alleine ziehen die Jugend nicht an, zumal die Preise ordentlich gestiegen sind. Aber auch ältere Semester wissen nicht mehr, wo sie noch feiern und tanzen sollen. Sogar ihr Treffpunkt, die Tanzclubfläche vor der Regatta-Station, ist verschwunden. Für sie alle ist weniger wirklich zu wenig.
Stattdessen wieder freier Blick auf die Ostsee
Alles ist etwas kleiner und überschaubarer geworden. Was aber auffällt: Den freien Blick auf die Ostsee verstellen keine Buden mehr. Wenn die Meile voll wird, herrscht kein Gedränge und Geschiebe mehr. Die Sehleute an Land können nun die Seeleute zu Wasser auch sehen und spektakuläre Manöver auf den Booten erleben. Segeln hautnah und dicht unter Land - das Motto der Travemünder Woche (TW) geht nunmehr auf. All das bewerten viele Besucher durchaus positiv. Nervige Diskussionen um zumutbare Dezibelzahlen für Anwohner und Hotelgäste in den auch diesmal fast ausgebuchten Unterkünften bleiben aus. Für Urlauber ist Travemünde und Umgebung gerade angesagt. Doch reicht das, um sich neu auf der Travemünder Woche aufzustellen?
Bayrischer Biergarten, aber kein Fischbrötchen
Der weitläufige Umbau des Priwalls zur "Beach Bay" mit Hotels, Ferienhäuser, Gastronomie und Shopping-Angeboten sowie der Viermastbark "Passat" als Wahrzeichen hat das Gesicht des Ortes bereits verändert. Die millionenschwere Erneuerung sämtlicher Promenaden hat den Ferienort aufgewertet. All das nutzt und braucht auch die Travemünder Woche als Aushängeschild. Doch wie kann das maritime Flair noch verstärkt werden? Passt da wirklich ein Bayerischer Biergarten samt Speisen, Getränke und Schunkelmusik noch ins Programm? Und wieso gibt es auf der gesamten Festivalmeile viele internationale Speisen, aber kein einziges Fischbrötchen mehr?
Suche nach dem goldenen Mittelweg läuft bis zum Herbst
Bis zum Herbst soll der Lübecker Bürgerschaft ein neues Konzept vorgestellt werden, spätestens seit Beginn der Pandemie ist die Hansestadt einer der größten und wichtigsten Geldgeber der Segelwoche. Doch wer die Musik bezahlt, möchte auch wissen, was gespielt wird. "Wir sind dabei, Ideen zu sammeln, machen interne Workshops und werden ein Konzept erstellen", verrät TW-Geschäftsführer Frank Schärffe, ohne Einzelheiten preiszugeben. Nur soviel: Drei Jahre wird der "Umbau" der Travemünder Woche dauern. Aus finanzieller Sicht wäre "mehr ist mehr" für den Chef des Landprogramms, Uwe Bergmann von der Hamburger Agentur UBA, einfacher. "Ob mehr oder weniger - es kommt darauf an, dass wir Qualität anbieten. Dann wird das Segelevent mit Volksfest auch angenommen", betont er. Gesucht wird also: Der goldene Mittelweg.