Ferienhäuser in den Dünen am Sylter Strand. © Picture Alliance Foto: Wolfgang Diederich

Sylt: Bald schärfere Regeln für Neubau von Ferienunterkünften?

Stand: 04.05.2022 12:55 Uhr

Das Gefühl ist bei vielen auf Sylt schon lange da: Ferienwohnungen gibt es immer mehr - bezahlbare Dauerwohnungen für Insulaner hingegen nicht. Jetzt wird das Gefühl mit Zahlen belegt.

von Simone Mischke

Ein von der Gemeinde Sylt beauftragtes Gutachten kommt zu dem Schluss: Es gibt ein Überangebot an Ferienunterkünften auf Sylt. In allen Kategorien - sei es Ferienwohnungen oder -häuser, Appartements oder Hotels - und das in allen Inselorten. Die Balance zwischen bezahlbaren Dauerwohnungen und Ferienunterkünften ist gekippt - so das Ergebnis des Gutachtens. Die Analyse wurde der Gemeinde und den Einwohnern präsentiert. "Es waren viele da, Sylterinnen und Sylter, aber auch Politiker. Die haben das Gutachten sehr positiv bewertet", sagt der Bürgermeister der Gemeinde Sylt, Nikolas Häckel (parteilos).

Gesellschaftliches Gefüge auf Sylt bröckelt

Das Gutachten der Beratungsfirma aus Lübeck zeigt auch die Auswirkungen des Wohnraummangels auf: Betriebe können offene Stellen nicht mehr besetzen, weil das Personal keine Wohnung findet. Einige Restaurants haben bereits Konsequenzen gezogen und entweder ganz geschlossen oder zusätzliche Ruhetage eingeführt. Ein Problem, das sich immer weiter verschärft und natürlich nicht nur die Gastronomie oder Hotelerie betrifft: Mitgliedschaften in Vereinen und Verbänden, das Ehrenamt - all das bröckelt zunehmend, wenn nicht ausreichend Wohnraum zur Verfügung steht.

Keine Genehmigung mehr für Ferienwohnungen

Damit das Verhältnis von Ferienunterkünften zu Dauerwohnraum nicht weiter kippt, empfehlen die Gutachter zwei einschneidende Maßnahmen: Ferienwohnungen sollen in den B-Plänen komplett ausgeschlossen werden. Für alle anderen Bauvorhaben, wie zum Beispiel Hotels, schlagen die Gutachter ein Prüfraster vor. "Da wird unter anderem gecheckt, ob dadurch mehr Gästebetten entstehen, wie sich das Hotel auf den Verkehr auswirkt und ob es zum Ort passt", so Häckel.

Bauvorhaben wie Hotels sollen nur noch in Ausnahmefällen genehmigt werden. Für den Verwaltungschef ein wichtiger Baustein, um die Situation auf Sylt doch noch in den Griff zu kriegen. "Nur die Erhaltungssatzung allein hilft nicht", sagt Häckel. Diese Regelung schreibt vor, dass bei einem Neubau eine zuvor bestehende Dauerwohnung erhalten werden muss. "Damit können wir aber nicht den Bau weiterer Ferienwohnungen verhindern", so der Verwaltungschef weiter.

Bürgernetzwerk begrüßt die Maßnahmen

Auch Vertreter des Sylter Bürgernetzwerks "Merret reicht's" waren am Dienstagabend mit dabei. Initiatorin Birte Wieda sagte: "Nun haben wir es Schwarz auf Weiß: Die kommunale Politik hat es über Jahre versäumt, mit eindeutigen B-Plänen die Bauwut auf der Insel in die richtigen Bahnen zu lenken". Alle bislang versäumten Mittel des derzeitigen Planungsrechts müssten nun durch die Kommunalpolitik endlich in vollem Umfang beschlossen und von der Verwaltung zügig in Bebauungspläne eingearbeitet werden.

Kontrollen und Bußgelder

Das Gutachten der Lübecker Firma geht aber noch einen Schritt weiter. Es müsse auch kontrolliert werden, ob Dauerwohnraum zweckentfremdet wird. Denn: Nicht selten versuchen Eigentümer, die Dauerwohnraumregelung zu umgehen - etwa dadurch, dass sie ein Familienmitglied in der Wohnung anmelden, tatsächlich aber doch regelmäßig an Gäste vermieten. Auch die kurzfristige Untervermietung an Gäste über Plattformen wie Airbnb ist Thema auf Sylt. Die Gutachter raten deshalb zu verschärften Kontrollen und Bußgeldern.

Politik entscheidet über Vorschläge

Noch sind das alles Vorschläge. Ob sie umgesetzt werden, muss die Politik entscheiden. Im Juni sollen die Vorschläge zuerst im Bauausschuss und danach in der Gemeindevertretung diskutiert werden. Zur Gemeinde Sylt gehören Westerland, Rantum, Archsum, Keitum, Morsum, Munkmarsch und Tinnum. Für die anderen Inselorte wie List oder Kampen gilt das Konzept zunächst nicht. Wie sich Sylt entscheidet, beobachten auch die Bürgermeister der Inseln Amrum und Föhr mit großem Interesse - dort gibt es ähnliche Probleme.

Weitere Informationen
Blick auf die Promenade und den Oststrand von Hörnum auf Sylt © NDR Foto: Juliane Thomas

Sylter geben Input für künftige Tourismus-Strategie

Wie soll es mit dem Tourismus auf Sylt künftig weitergehen? Dazu wurden erstmalig die Sylterinnen und Sylter gefragt. mehr

Ein Postkartenfoto aus den dreißiger Jahren des Hindenburgdamms, auf dem eine Dampflok fährt. Das Wasser schlägt hohe Wellen und es fliegen einige Möwen um die Lok herum. © imago/Arkivi

Hindenburgdamm: Mit der Bahn durchs Watt nach Sylt

Seit Juni 1927 verbindet der Hindenburgdamm das Festland mit der Insel Sylt. Für die Insulaner Fluch und Segen zugleich. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 04.05.2022 | 08:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Kreis Nordfriesland

Tourismus

Sylt

Wohnungsmarkt

Nachrichten aus Schleswig-Holstein

Eine Drohnenaufnahme eines Offshore-Windpark. © IMAGO / Pond5 Images

Windräder auf See stehen häufiger still - vor allem vor SH

Die Netzbetreiber nutzen Offshore-Anlagen verstärkt dazu, auf Engpässe und Schwankungen im Stromnetz zu reagieren. mehr

Videos