Sylt: Bald schärfere Regeln für Neubau von Ferienunterkünften?
Das Gefühl ist bei vielen auf Sylt schon lange da: Ferienwohnungen gibt es immer mehr - bezahlbare Dauerwohnungen für Insulaner hingegen nicht. Jetzt wird das Gefühl mit Zahlen belegt.
Ein von der Gemeinde Sylt beauftragtes Gutachten kommt zu dem Schluss: Es gibt ein Überangebot an Ferienunterkünften auf Sylt. In allen Kategorien - sei es Ferienwohnungen oder -häuser, Appartements oder Hotels - und das in allen Inselorten. Die Balance zwischen bezahlbaren Dauerwohnungen und Ferienunterkünften ist gekippt - so das Ergebnis des Gutachtens. Die Analyse wurde der Gemeinde und den Einwohnern präsentiert. "Es waren viele da, Sylterinnen und Sylter, aber auch Politiker. Die haben das Gutachten sehr positiv bewertet", sagt der Bürgermeister der Gemeinde Sylt, Nikolas Häckel (parteilos).
Gesellschaftliches Gefüge auf Sylt bröckelt
Das Gutachten der Beratungsfirma aus Lübeck zeigt auch die Auswirkungen des Wohnraummangels auf: Betriebe können offene Stellen nicht mehr besetzen, weil das Personal keine Wohnung findet. Einige Restaurants haben bereits Konsequenzen gezogen und entweder ganz geschlossen oder zusätzliche Ruhetage eingeführt. Ein Problem, das sich immer weiter verschärft und natürlich nicht nur die Gastronomie oder Hotelerie betrifft: Mitgliedschaften in Vereinen und Verbänden, das Ehrenamt - all das bröckelt zunehmend, wenn nicht ausreichend Wohnraum zur Verfügung steht.
Keine Genehmigung mehr für Ferienwohnungen
Damit das Verhältnis von Ferienunterkünften zu Dauerwohnraum nicht weiter kippt, empfehlen die Gutachter zwei einschneidende Maßnahmen: Ferienwohnungen sollen in den B-Plänen komplett ausgeschlossen werden. Für alle anderen Bauvorhaben, wie zum Beispiel Hotels, schlagen die Gutachter ein Prüfraster vor. "Da wird unter anderem gecheckt, ob dadurch mehr Gästebetten entstehen, wie sich das Hotel auf den Verkehr auswirkt und ob es zum Ort passt", so Häckel.
Bauvorhaben wie Hotels sollen nur noch in Ausnahmefällen genehmigt werden. Für den Verwaltungschef ein wichtiger Baustein, um die Situation auf Sylt doch noch in den Griff zu kriegen. "Nur die Erhaltungssatzung allein hilft nicht", sagt Häckel. Diese Regelung schreibt vor, dass bei einem Neubau eine zuvor bestehende Dauerwohnung erhalten werden muss. "Damit können wir aber nicht den Bau weiterer Ferienwohnungen verhindern", so der Verwaltungschef weiter.
Bürgernetzwerk begrüßt die Maßnahmen
Auch Vertreter des Sylter Bürgernetzwerks "Merret reicht's" waren am Dienstagabend mit dabei. Initiatorin Birte Wieda sagte: "Nun haben wir es Schwarz auf Weiß: Die kommunale Politik hat es über Jahre versäumt, mit eindeutigen B-Plänen die Bauwut auf der Insel in die richtigen Bahnen zu lenken". Alle bislang versäumten Mittel des derzeitigen Planungsrechts müssten nun durch die Kommunalpolitik endlich in vollem Umfang beschlossen und von der Verwaltung zügig in Bebauungspläne eingearbeitet werden.
Kontrollen und Bußgelder
Das Gutachten der Lübecker Firma geht aber noch einen Schritt weiter. Es müsse auch kontrolliert werden, ob Dauerwohnraum zweckentfremdet wird. Denn: Nicht selten versuchen Eigentümer, die Dauerwohnraumregelung zu umgehen - etwa dadurch, dass sie ein Familienmitglied in der Wohnung anmelden, tatsächlich aber doch regelmäßig an Gäste vermieten. Auch die kurzfristige Untervermietung an Gäste über Plattformen wie Airbnb ist Thema auf Sylt. Die Gutachter raten deshalb zu verschärften Kontrollen und Bußgeldern.
Politik entscheidet über Vorschläge
Noch sind das alles Vorschläge. Ob sie umgesetzt werden, muss die Politik entscheiden. Im Juni sollen die Vorschläge zuerst im Bauausschuss und danach in der Gemeindevertretung diskutiert werden. Zur Gemeinde Sylt gehören Westerland, Rantum, Archsum, Keitum, Morsum, Munkmarsch und Tinnum. Für die anderen Inselorte wie List oder Kampen gilt das Konzept zunächst nicht. Wie sich Sylt entscheidet, beobachten auch die Bürgermeister der Inseln Amrum und Föhr mit großem Interesse - dort gibt es ähnliche Probleme.