Blick entlang eines Stacheldrahtzauns auf das ehemalige Konzentrationslager Stutthof © Imago

Stutthof-Prozess: "Angeklagte hätte gehen können"

Stand: 14.09.2022 20:35 Uhr

Im Verfahren gegen die ehemalige KZ-Sekretärin Irmgard F. hat am Mittwoch erneut der historische Sachverständige ausgesagt. Es ging unter anderem um die Frage, ob die Angeklagte hätte kündigen können.

Vor dem Landgericht Itzehoe (Kreis Steinburg) hat der Historiker Stefan Hördler am Mittwoch ausgeführt, dass die Angeklagte Irmgard F. sehr einfach hätte kündigen oder sich hätte versetzen lassen können. Dazu legte er mehrere Beispiele von anderen Zivilangestellten vor. Demnach sei es die freie Entscheidung der Angeklagten gewesen, in dem Konzentrationslager zu arbeiten.

Außerdem äußerte sich der Gutachter erneut dazu, wie das Konzentrationslager funktionierte. Dabei bezeichnete er die Kommandantur, in der Irmgard F. tätig war, als "Drehscheibe" für sämtliche Befehle im Lager. Dort seien unter anderem Bestellungen für das Gas Zyklon B über den Tisch gegangen - oder Anweisungen zur Fortbildung von KZ-Mitarbeitenden für den Umgang mit dem Giftstoff. Dies sollte unterstreichen, dass die Angeklagte alle Vorgänge im Lager mitbekommen haben muss.

VIDEO: Stutthof-Prozess: Hat Angeklagte von den Vorgängen gewusst? (2 Min)

Prozessbeteiligte werden Stutthof besichtigen

Die heute 97 Jahre alte Irmgard F. soll von Juni 1943 bis April 1945 als Zivilangestellte in der Kommandantur des Konzentrationslagers Stutthof gearbeitet haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, durch ihre Schreibarbeit Beihilfe zum systematischen Mord an mehr als 11.000 Gefangenen geleistet zu haben. Das Gericht hat in dem Prozess unter anderem acht Überlebende und einen ehemaligen Wachmann des Lagers vernommen. Keiner von ihnen kannte die Angeklagte persönlich oder konnte Aussagen über ihre Arbeit in der Kommandantur machen. Irmgard F. selbst will bisher keine Aussage machen. Deshalb sind die Angaben des historischen Gutachters so wichtig für das Gericht. Er wurde mehrfach angehört. Am Mittwoch war voraussichtlich der letzte Gerichtstermin mit dem Historiker.

Zum Ende des 30. Prozesstages kündigte der Vorsitzende Richter am Mittwoch außerdem an, dass das ehemalige Konzentrationslager Stutthof von Prozessbeteiligten besichtigt werden soll.

Weitere Informationen
Blick entlang eines Stacheldrahtzauns auf das ehemalige Konzentrationslager Stutthof © Imago

Stutthof-Prozess: Die letzten Opfer, die noch aussagen können

Sie sind fast alle Mitte 90 oder älter. Die Opfer-Zeugen im Stutthof-Prozess. Am Dienstag sagte ein weiterer Überlebende aus. mehr

Eine Frau im Rollstuhl wird von einer anderen in den Gerichtssaal gefahren. Eine Mitarbeiterin der Justiz steht daneben. © Christian Charisius/dpa Foto: Christian Charisius/dpa

Stutthof-Prozess: Ehemaliger KZ-Wachmann sagt erneut aus

Der heute 95-Jährige musste sich eine Stunde lang den Fragen der Nebenklage stellen. Er hat zugegeben, dass im KZ Unrecht geschah. mehr

Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 14.09.2022 | 19:30 Uhr

Nachrichten aus Schleswig-Holstein

Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, streckt bei einer Bundesratssitzung zur Begrüßung seine rechte Hand aus. © dpa-Bildfunk Foto: Bernd von Jutrczenka

CDU in SH stimmt für die Wiedereinführung der Wehrpflicht

Auf ihrer Klausurtagung am Freitag hat sich die Partei von Ministerpräsident Günther auf eine "Kieler Erklärung" geeinigt. Die Wehrpflicht solle demnach auch für Frauen gelten. mehr

Videos