Schiffswracks vor Hallig Süderoog freigespült
Die Sturmfluten der vergangenen Wochen haben vor der Hallig Süderoog Schiffswracks freigelegt. Das archäologische Landesamt hat einen Wissenschaftler beauftragt, um die Herkunft der Schiffe zu klären.
Ein freigespültes Schiffswrack liegt in der Schutzzone 1 im Wattenmeer im Süderoogsand. Dieses Gebiet darf nur der Ranger der Hallig, Holger Spreer-Wree, betreten. Er hat es auf einem Kontrollgang entdeckt und dem archäologischen Landesamt Bescheid gegeben. Für die Wrackuntersuchung ist eine Ausnahmegenehmigung des Nationalparks Wattenmeer erteilt worden. Der vom archäologischen Landesamt beauftragte Wissenschaftler Dr. Daniel Zwick durfte gemeinsam mit Holger Spreer-Wree das havarierte Schiff begutachten.
Untersuchung soll Schiffsherkunft klären

Mit Kettensäge und Kameras ausgerüstet sind Holger Spreer-Wree und Daniel Zwick am frühen Sonntagmorgen mit dem Arbeitsboot des Rangers zum Fundort gefahren. Sie trennten mit der Kettensäge verschiedene Holzteile des Schiffswracks ab und brachten sie auf ihr Boot. Dieses abgesägte Holz wird nun im Labor untersucht. Anhand der Jahresringe im Holz können die Wissenschaftler die Wachstumszeit herausfinden. Mit etwas Glück habe man noch die Waldkante mit dabei, erklärt Zwick. Damit könne man genau bestimmen, wann der Baum gefällt worden sei. So können die Wissenschaftler die Bauzeit des Schiffes eingrenzen.
Havariertes Schiff war vermutlich ein Segler aus dem 19. Jahrhundert
Das freigespülte Wrack ist knapp 30 Meter lang. Nur der Rumpf und einige Kleinteile auf dem Schiff sind noch erhalten. Zwick hat zum Beispiel zwei "Jungfernblocks" entdeckt. Sie dienten dazu, die Segelmasten zu halten. Außerdem fanden Spreer-Wree und Zwick auch noch Rostflecken am Vorderteil des Rumpfes. Hier war vermutlich eine Eisenkette befestigt, die das Schiff zusätzlich zwischen Mast und Rumpf stabilisiert hat.
Die Form des Wracks lässt darauf schließen, dass es ein Plattbodenschiff vom Typ "Kuff" oder "Galiot" war. Das waren im 18. und 19. Jahrhundert die gängigen Schiffsarten in Deutschland und den Niederlanden. Sobald die Untersuchung des Holzes abgeschlossen ist, steht das Baudatum des Schiffes fest. Dann können die Wissenschaftler anhand der Strandungslisten genau sagen, welches havarierte Schiff vor der Hallig Süderoog freigespült wurde.
Nordsee vor Süderoogsand besonders gefährlich für Schiffahrt
Das Wattenmeer vor Süderoogsand bietet keine natürlichen Häfen. Wer bei einem Sturm zu dicht an der Sandbank fährt, wird auf das Land gedrückt. Auch das Ankerwerfen bringt dann in den meisten Fällen nichts. Denn der Untergrund bewegt sich ständig, so dass ein Anker keinen Halt hat. Zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert sind mindestens 50 Schiffe alleine vor Süderoogsand havariert, schätzt Zwick.
Fund des Wracks ein Glücksfall
Es kommt sehr selten vor, dass ein Schiffswrack in so großen Teilen von einer Sturmflut freigespült wird. Im Fall des havarierten Schiffes vor der Hallig Süderoog war nahezu das komplette Wrack freigelegt. Aber auch ohne das große Interesse von Holger Spreer-Wree an alten Schiffen hätte wohl niemand die Schiffsüberreste jemals entdeckt. Daniel Zwick betont, dass das archäologische Landesamt auf genau solche Hinweise angewiesen ist. Nur mit der Ortskenntnis des Rangers habe man das Schiffswrack überhaupt wiedergefunden. Ohne ihn wäre der Wissenschaftler nicht zum Fundort gelangt.
Auch spanische Dreimastbark "Ulpiano" von Sturmflut freigespült
An Heiligabend 1870 ist das Segelschiff "Ulpiano" auf Süderoogsand havariert. Der damalige Halligbewohner hat alle spanischen Seemänner erst einmal bei sich aufgenommen. Dort seien die gestrandeten Seeleute für ein paar Wochen geblieben und hätten dem Sohn des Halligbewohners das Ukulelespielen beigebracht, erzäht Holger Spreer-Wree. Das Schiffswrack der "Ulpiano" ist von Zeit zu Zeit immer mal wieder sichtbar. So viel wie nach den Sturmfluten der vergangenen Wochen war jedoch noch nie freigespült worden.
