Holstein Kiel Spieler Alexander Mühling (l.) und Kiels Ahmet Arslan stehen vor einem Freistoß zusammen. © picture alliance Foto: Frank Molter

Ramadan: Wie Fußballprofi Ahmet Arslan Sport und Fasten verbindet

Stand: 29.04.2022 05:00 Uhr

Holstein Kiels Stürmer Ahmet Arslan fastet als gläubiger Muslim. Als Profisportler eine große Herausforderung: Zwischen Sonnenauf- und untergang darf er keine Energie zu sich nehmen. Trotzdem fühlt er sich topfit.

von Finn-Ole Martins

Für die Fans und Fußballer von Holstein Kiel zählt heute Abend nur eine Uhrzeit: 18.30 Uhr. Dann wird im Bremer Weserstadion die Partie zwischen Werder Bremen und Kiel angepfiffen. Für Holstein-Stürmer Ahmet Arslan ist noch eine andere Zeitangabe von großer Bedeutung: 20.50 Uhr. Dann geht die Sonne in Bremen unter. "Das habe ich im Vorfeld gegoogelt", erzählt Arslan mit Blick auf die Spielvorbereitung. Zu der gehört für den gläubigen Muslim nämlich auch die Zeit des Sonnenuntergangs am Spielort. Denn: seit dem 2. April wird im Islam der Fastenmonat Ramadan gefeiert.

Der Ramadan macht Arslan dankbar

Der Ramadan ist eine der fünf Säulen des Islam. "Er ist also eine religiöse Pflicht", sagt Arslan. Bis zu diesem Wochenende noch fasten Muslime, verzichten in der Zeit zwischen Sonnenauf- und untergang unter anderem auf's Essen und Trinken. Für Arslan ist es als Sohn türkischer Eltern auch eine Überzeugung, den Ramadan auszuüben. "Ich bin damit aufgewachsen und fühle mich in diesem Monat besser, nicht nur mental, auch körperlich." Was paradox klingt, ist aus Arslans Sicht leicht erklärbar: "Ich freue mich täglich noch mehr auf mein Essen und bin abends sehr dankbar. In diesen Tagen wird mir bewusst, wie gut es uns eigentlich geht."

Holstein-Spieler schwärmt vom schönsten Monat des Jahres

Einen Profisportler führen vier Wochen des Fastens dennoch zu Herausforderungen. Arslan fastet ohne Ausnahme, auch nach einer anstrengenden Trainingseinheit trinkt er nicht. "Das ist vielleicht die ersten zwei, drei Tage schwierig. Aber dann gewöhne ich mich schnell daran." Jetzt gegen Ende des Monats könne er das sogar auf das ganze Jahr ausdehnen, verrät er mit einem Schmunzeln. "Wer mit Überzeugung fastet, erlebt den schönsten Monat im Jahr", sagt der 28-Jährige. Der Monat selbst verschiebt sich jährlich um einige Tage, da er sich nach dem Mondkalender des Islams richtet. Was gleich bleibt: Das Ende wird mit dem Zuckerfest gefeiert, "unser wichtigstes Fest", wie Arslan es beschreibt.

Arslan plante den Ramadan mit Trainerteam

Ab dem 2. Mai ist es für Arslan wieder möglich, tagsüber zu essen und zu trinken. Dann gehe er auch mal mit den Mannschaftskollegen essen. "Da fühle ich mich dann aber schon komisch, wenn es dann erst 14 Uhr ist", lacht er und blickt auf die Uhr. Heute habe er das letzte Mal um kurz nach 4 in der Nacht etwas getrunken. "Ich stehe dafür kurz auf, um meine Energiespeicher zu füllen und gehe dann wieder schlafen. Essen kann ich um diese Uhrzeit nichts." Für Arslan heißt das: nur eine Mahlzeit am Tag, direkt nach Sonnenuntergang. "Es bringt ja auch nichts, sich dann alle drei Mahlzeiten auf einmal reinzustopfen." Wie er es als Fußballer optimal regelt, hat Arslan im Vorfeld mit dem Trainerteam abgesprochen. "Ich bin da im engen Austausch mit dem Athletik-Team, das mir zur Seite steht."

Profi bekommt volle Unterstützung von Teamkollegen

Auch Cheftrainer Marcel Rapp unterstützt Arslan. "Ich habe es ihm vor Beginn des Monats erzählt, er hatte volles Verständnis." Allgemein erfahre er aus der Mannschaft ebenfalls Unterstützung. "Das war im letzten Jahr anders, da habe ich es auch für mich behalten. Wir waren mitten im Aufstiegskampf, da wollte ich die Abläufe nicht durcheinander bringen." Arslan nahm sich abends im Hotel einen Teller und aß ihn erst später auf dem Zimmer. Heute ist das anders: "Da alle Bescheid wissen, bekomme ich auch noch nach Sonnenuntergang im Hotel Essen. Da merke ich, man sollte es nicht für sich behalten. Die Toleranz ist da."

Im Ramadan verzichtet Arslan auch auf Schimpfwörter

Doch auch im Training hat sich laut Arslan der Umgang der Spieler geändert. "Normalerweise ärgern wir uns auch mal, albern herum. Im Ramadan soll man allerdings auch auf böse Sprüche verzichten. Da wundern sich die Mitspieler schon und sagen, dass ich ruhiger geworden bin." Insgesamt habe die Fastenzeit nur positive Auswirkungen: "Ich bin fitter, fühle mich vom Kopf her fokussierter. Ich muss ja auch auf nichts verzichten, kann am Abend essen, was ich möchte." Nur gut, dass er nicht zu Hause bei seiner Mutter lebe. "Ihre türkische Küche gefällt mir schon sehr sehr gut. Das wäre für mich als Profi nicht gut, dort täglich zu schlemmen", lacht Arslan.

Ramadan in der Sommerpause für Arslan undenkbar

Schon als kleiner Junge hat Arslan den Ramadan mitbekommen. "Ich fand es cool, wie meine Eltern diese Zeit ausgelebt haben. Da habe ich mal einen halben Tag mitgemacht, auch wenn ich als Kind natürlich nicht gefastet habe. Erst als ich volljährig war, habe ich es bewusster getan." Erst seit vier Jahren aber faste er wirklich den ganzen Tag. "Vorher war ich mir unsicher, ob es mit dem Fußball vereinbar ist. Im Rückblick war das nur eine Ausrede", sagt Arslan. "Es gibt für mich mittlerweile keine andere Option." Obwohl es möglich wäre, den Ramadan in der Sommerpause nachzuholen. "Der Blick zu Stars wie Sadio Mané oder Mohamed Salah vom FC Liverpool zeigt ja: Es geht! Die beiden fasten auch und spielen Champions League", sagt Arslan. Von beiden gläubigen Muslimen ist bekannt, dass sie in diesem Monat auch ihren Trainingsalltag umstellen.

Spielunterbrechungen in der Fußball-Bundesliga

Auch im deutschen Fußball wird der Ramadan mehr berücksichtigt. Ist die Sonne während eines Fußballspiels untergegangen, gibt es die Möglichkeit, die Partie kurz für die Nahrungsaufnahme der muslimischen Spieler zu unterbrechen. So geschehen am 6. April bei der Bundesligabegegnung zwischen dem FC Augsburg und Mainz 05, als der Mainzer Spieler Moussa Niakhate den Schiedsrichter darum bat. Es war die erste Unterbrechung dieser Art in der Fußball Bundesliga. "Ich finde das gut", erzählt Arslan, auch wenn es noch keine offizielle Regelung gibt. "In der Türkei, auch in der englischen Premier League wird das schon länger so gehandhabt", sagt Arslan. "Auch ich überlege, wie ich damit umgehe." Wäre das Spiel gegen Werder Bremen drei Wochen früher angesetzt worden, hätte er den Schiedsrichter auch um eine kurze Pause gebeten. "Nun sinkt die Sonne aber erst nach Spielende." Also will er sich erst die drei Punkte, dann das Abendessen in der Kabine gut schmecken lassen.

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NDR 1 Welle Nord | Schleswig-Holstein Aktiv | 01.05.2022 | 15:15 Uhr

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