Northvolt-Batteriefabrik in Heide: Das sind die Stolpersteine

Stand: 03.11.2022 12:59 Uhr

Nachdem Northvolt-Chef Carlsson angedeutet hat, dass sich der Bau der Batteriefabrik in Heide verzögern könnte, beschäftigte sich der Wirtschaftsausschuss des Landtages damit. Dabei wurde auch bekannt, dass Northvolt ein Teil des Baulands fehlt.

Spätestens seit den Äußerungen des Northvolt Vorstandsvorsitzenden Peter Carlsson in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" ist es mit der Euphorie rund um die geplante Batteriefabrik vor den Toren Heides (Kreis Dithmarschen) vorbei. Die hohen Strompreise in Deutschland stellten die Wirtschaftlichkeit einer derartigen Fabrik infrage, hatte Carlsson in dem Artikel gesagt. Und: “Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem wir möglicherweise den USA den Vorrang geben müssen.“ Der Grund - höhere Förderungen in den USA. Sie könnten vielleicht den Bau einer Batteriefabrik in Schleswig-Holstein hinten anstellen.

Als das schwedische Unternehmen im März seine Pläne veröffentlichte, eine Batteriefabrik im Kreis Dithmarschen zu bauen, sprach Bernd Buchholz (FDP) als Wirtschaftsminister von einer "Megachance". Inzwischen ist er mit seiner Partei in der Opposition - und sieht die Felle davonschwimmen. Seiner Ansicht nach sei das Projekt in Gefahr.

Staatssekretär von der Heide: Die Fabrik kommt

Staatssekretär Tobias von der Heide (CDU) hält dagegen. "Heide ist der beste Standort in Deutschland, das hat Peter Carlsson auch in dem Interview betont", antwortete er in der Sitzung. Wegen Carlssons Äußerungen sprach er von schlechten Tagen, die es in so einem Verfahren nun mal auch gebe, er tue aber alles dafür, dass es nur gute Tage gibt. "Das Projekt an sich steht nicht zur Disposition", ist sich von der Heide sicher, "es könne aber sein, dass beim Aufbau anderer Standorte die USA vielleicht zuerst zum Zuge kommen."

Northvolt fehlt ein Teil des Baulands

Ein Schaf steht auf einer Wiese an einem Weg durch die Felder der Gemeinde Norderwöhrden bei Heide. © picture alliance/dpa Foto: Christian Charisius
Nicht alle Eigentümer des geplanten Firmengeländes von Northvolt wollen verkaufen.

Ursprünglich hatte Northvolt geplant, die Fabrik in Dithmarschen auf 167 Hektar zu bauen - aktuell fehlt allerdings eine Teilfläche von 20 Hektar. Denn: Trotz intensiver Bemühungen möchte der Eigentümer nicht verkaufen. Das bedeutet, dass sich das Baugebiet dann in zwei Flächen unterteilen würde. Laut einem Northvolt-Sprecher müsste die Bauplanung angepasst und geändert werden. Ein Bau wäre aber trotzdem möglich. Auch hinsichtlich der Verkehrsanbindung beider Flächen ergeben sich weitere Fragen, die gerade in Arbeitsgruppen erarbeitet werden.

Buchholz kritisiert, dass es in dieser Frage zu langsam voran ging. "Kann es sein, dass Northvolt den nötigen Drive vermisste", fragt der ehemalige Wirtschaftsminister. Es gehe hier um ein zentrales wirtschaftspolitisches Anliegen der Landesregierung - "bei dem ich die Sorge habe, dass es für die nächsten fünf bis zehn Jahre nicht mehr zu besichtigen sein wird", sagte Buchholz weiter. Staatssekretär von der Heide hat hingegen nach eigenen Angaben nicht den Eindruck, dass es bei Northvolt eine Irritation gibt. "Gerade beim Thema Gleisanschluss suchen wir gemeinsam mit Northvolt nach Lösungen."

Staatssekretär ruft zu Optimismus auf

Mehrfach betonte von der Heide den intensiven Austausch und die enge Zusammenarbeit mit dem schwedischen Batterieunternehmen. Seiner Ansicht nach werde der FAZ-Artikel zu negativ interpretiert. "Weniger Blues, mehr Swing", appelliert er. "Die Entscheidungen, die jetzt anstehen, sollten wir positiv begleiten - und dann gibt es auch irgendwann Rock'n'Roll." Das Projekt sei nicht in Gefahr. Eine Entscheidung für den Standort bei Heide erwarte er am 29. November.

Bauleitplanungen laufen weiter

In Heide herrscht derweil "Business as usual". Björn Jörgensen, Leiter des Amtes Heider Umland, sagte, die Bauleitplanungen für die Batteriefabrik laufen unverändert weiter. Man befinde sich mitten im Verfahren, und werte aktuell die Stellungnahmen aus der Öffentlichkeit, von den Trägern der öffentlichen Belange, von Umweltverbänden und einzelnen Bürgern zu der in Norderwöhrden und Lohe-Rickelshof geplanten Fabrik aus.

Noch fehlen Gutachten

Mehrere Gutachten unter anderem zu den Themen Verkehr, Wasser, Emissionen und Brandschutz müssen erstellt werden. "Hier sagen wir ganz offen, dass noch nicht alle vorliegen", so Jörgensen. "Wenn das alles bei uns vorliegt, werten wir hier im Amt diese Gutachten und die Stellungnahmen aus und bereiten dann den nächsten Beschluss vor." Konkret bedeutet das: Die Verwaltung im Amt Heider Umland erarbeitet dann eine Vorlage. Die ehrenamtlichen Politiker in den beiden Gemeindevertretungen von Norderwöhrden und Lohe-Rickelshof müssen danach die Entscheidung treffen. Und zwar einen Satzungsbeschluss, um damit das für das Projekt notwendige Baurecht zu schaffen.

Wann diese Sitzungen in den beiden Gemeinden stattfinden, könne er derzeit noch nicht absehen, so Jörgensen. "Wir sind im ständigen Austausch mit Northvolt und arbeiten gemeinsam daran, hier am Standort Heide grüne Batterien zu produzieren", sagte er zur gegenwärtigen Debatte. Es sei aber völlig legitim, dass das Unternehmen, das hier eine Milliarden-Investition in der Region plant, natürlich auch auf andere Gebiete schaut, wo es möglicherweise andere Förderkulissen gebe. "Wir verstehen es nicht als 'entweder oder'. Es ist auch ein Bekenntnis für die Region, aber seitens Northvolt ist auch nochmal klar gemacht worden: Die Rahmenbedingungen müssen natürlich auch für das Unternehmen Northvolt hier in der Region passen."

Mehr Anreize für Industrie-Ansiedlungen

Die USA locken Northvolt angeblich mit Förderungen zwischen 600 und 800 Millionen Dollar. Dem stehen 150 Millionen Euro Förderung von Bund und Land Schleswig-Holstein gegenüber. Die Gelder fließen aber nur unter der Voraussetzung, dass Northvolt spätestens Ende des Jahres den Bau der Fabrik zusagt. Die Politik muss offenbar mehr Anreize schaffen. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sprach von einer Absenkung der Netzentgelte. Außerdem müsse der regional abgeregelte Windstrom vor Ort zu einem geringeren Preis zur Verfügung gestellt werden dürfen. Das aber könne nur in Berlin und Brüssel entschieden werden.

Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (parteilos) ist nicht mehr ganz so optimistisch, wie es seine Politik-Kollegen mal waren. Die Zeiten seien "unkalkulierbar", die Landesregierung sei aber weiter in Gesprächen mit Northvolt und habe alles eingehalten, was vereinbart wurde.


03.11.2022 11:55 Uhr

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels wurde der Leiter des Amtes Heider Umland, Björn Jörgensen, nicht korrekt zitiert. Angaben zur Anzahl ausstehender Gutachten, Einwendungen sowie Zeitangaben zum Bauleitverfahren haben wir korrigiert.

 

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 02.11.2022 | 19:30 Uhr

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