Das Schild einer Landschlachterei steht vor einem älteren Haus. © Sven Brosda Foto: Sven Brosda

Nach Kritik an Schlachterei in Flintbek: Kreis ordnet Schließung an

Stand: 29.07.2022 18:34 Uhr

Tierschützer hatten in einem Betrieb in Flintbek mit versteckten Kameras dokumentiert, dass Rinder bei der Schlachtung offenbar nicht richtig betäubt wurden. Sie kämpften minutenlang gegen den Tod. Der Schlachthofbetreiber weist die Vorwürfe zurück. Der Betrieb ist mittlerweile versiegelt worden.

von Sven Brosda und Philipp Eggers

Mit "Handwerkskunst seit 1914" wirbt die Landschlachterei Horn in Flintbek im Kreis Rendsburg-Eckernförde auf ihrer Homepage. Dort gibt es "Leckeres vom Landschlachter". Doch bevor Steak und Co. in der Pfanne oder auf dem Grill landen, müssen die Tiere geschlachtet werden. Ob das nach den rechtlichen Vorgaben geschieht, daran haben Tierschützer ihre Zweifel. In den Betriebsräumen wurden versteckte Kameras angebracht - die entstandenen Aufnahmen wurden einer Tierschutzorganisation zur Verfügung gestellt. Das Material wurde dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" zugespielt, auch NDR Schleswig-Holstein liegen Aufnahmen vor.

Tiere beim Schlachten nicht fixiert

Auf den Videos ist laut "Der Spiegel" zu sehen, wie Mitarbeiter des Betriebs ein Rind mit einem Bolzenschussgerät betäuben. Das Tier steht dabei zwischen zwei Gittern. Es kann zum Beispiel den Kopf deutlich bewegen.

NDR Schleswig-Holstein hatte der Chefin des Veterinäramtes im Kreis Rendsburg-Eckernförde, Manuela Freitag, Ausschnitte aus dem Videomaterial gezeigt. Freitag sagte in ihrem Büro in Rendsburg, die losen Gitter, die zu sehen sind, könne man nicht als Schlachtfalle bezeichnen. Es sei außerdem zu erkennen, dass darauf verzichtet wurde, die Tiere zu fixieren. Laut Freitag entspricht das nicht den Vorgaben. Denn bei der Betäubung müsse eine bestimmte Stelle am Kopf exakt getroffen werden.

Der Betreiber der Schlachterei, Sven Krohn, teilte auf NDR Anfrage mit, dass in seinem Betrieb ausnahmslos Tiere in einer sogenannten Rinderfalle ordnungsgemäß fixiert würden. Diese Vorrichtung wäre speziell für seinen Betrieb angefertigt worden, sei vom Veterinäramt abgenommen und unter Betriebsbedingungen amtlicherseits überprüft worden.

Betäubung mit Bolzenschussgerät offenbar unsachgemäß

Auf den Videos der Tierschützer hatte Veterinäramtschefin Freitag außerdem gesehen, wie die Mitarbeiter mit dem Bolzenschussgerät umgehen. Sie kam zu dem Ergebnis, dass aus dem Moment heraus geschossen werde, "nach dem Motto, hoffen wir mal, dass ich gut treffe". In diesem Fall sei die Gefahr sehr groß, dass eine Stelle getroffen werde, die dem Tier nur unnötige Leiden zufüge. Auch für das Schlachtpersonal sei es gefährlich, so den Bolzen zu setzen, sagte Freitag.

Der Betreiber der Landschlachterei Horn, Sven Krohn, schrieb auf NDR Anfrage, Fehlbetäubungen seien in dem betriebsspezifischen Vorgang ausgeschlossen. Die Landschlachterei Horn sei ein kleiner handwerklicher Fachbetrieb, in dem zwei Fleischermeister mit mehr als 30 beziehungsweise 15 Jahren Erfahrung tätig seien - und von einem ebenso erfahrenen Fleischergesellen unterstützt würden. Dieses Fachpersonal verfüge über die notwendigen Sachkunde-Nachweise und wisse, wie mit dem Tierwohl angemessen zu verfahren sei. Sollte ein Tier nach dem Bolzenschuss noch Lebenszeichen zeigen, würde hier immer kurzfristig eine Nachbetäubung erfolgen.

Todeskampf dauert Minuten

In den Videos ist weiter zu sehen, wie ein Mitarbeiter ein Bolzenschussgerät an die Stirn eines Rindes hält, das zwischen den beiden Gittern steht. Das Tier sackt dann laut "Der Spiegel" zu Boden, ist aber offenbar nicht richtig betäubt. Der Schlachter setzt den sogenannten Kehlschnitt an, es tritt Blut aus. Später bewegt sich das Rind deutlich, schlägt mit den Klauen gegen eine Tür und kann trotz Kehlschnitt den Kopf heben. Nach sechs Minuten ist der Todeskampf laut "Der Spiegel" vorbei.

Veterinärin Freitag kam, nachdem sie sich die Videos angesehen hatte, zu einer weiteren Einschätzung.Laut Freitag entspricht der Schlachtprozess, der auf den Videos zu sehen ist, in keiner Weise den gesetzlichen Vorgaben zum Ablauf von Schlachtvorgängen. Konkret sind damit gemeint: Die Betäubung und Tötung eines Tieres.

Betrieb in Polizeibegleitung versiegelt

Unmittelbar nachdem die Chefin des Veterinäramtes die Videos gesehen hatte, fuhr sie in Polizeibegleitung nach Flintbek. Außerdem wurde nach Angaben der Veterinäramtschefin versucht, den Betreiber telefonisch zu erreichen, jedoch ohne Erfolg. In Flintbek wurden die Schlachträume von Manuela Freitag versiegelt. Niemand kann die Räume mehr betreten. So soll verhindert werden, dass dort weiter geschlachtet wird. Sowohl Tierschützer, als auch das Veterinäramt haben Strafanzeige erstattet. Außerdem wird geprüft, ob dem Betrieb die Zulassung entzogen wird.

Weitere Informationen
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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 29.07.2022 | 11:00 Uhr

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