Sensationsfund: 400 Jahre altes Schiff in der Trave entdeckt

Stand: 26.07.2022 17:51 Uhr

Bei einer Messung des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes (WSA) wurde durch Zufall ein gesunkenes Frachtschiff auf dem Grund der Trave gefunden. Es stammt aus dem 17. Jahrhundert - und soll nun geborgen werden.

Es ist etwa 20 Meter lang, acht Meter breit und liegt in rund elf Metern Tiefe: Ein typisches Frachtschiff aus dem 17. Jahrhundert haben Experten auf dem Grund der Trave in Lübeck gefunden. Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) spricht von einem Sensationsfund.

Die Altersbestimmung ergab demnach, dass der Fund in die Zeit der Hanse datiert werden kann. An dem Holzwrack kann man laut der Hansestadt Lübeck Teile des Schiffsrumpfes sowie fassförmige Gegenstände erkennen. Mehr als 150 Fässer konnten bisher gesichtet werden.

Archäologe erwartet faszinierende Einblicke in die Geschichte der Seefahrt

"Die wissenschaftliche Erkenntnis dieses spektakulären Wrackfundes wird der Wirtschafts- und Handelsgeschichte der Hansestadt Lübeck ein bis dato unbekanntes neues Puzzleteil hinzufügen", sagte Lübecks Kultursenatorin Monika Frank. Ulrich Müller, Professor der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) nannte den Fund ein "ein archäologisches Juwel, dessen Bedeutung man bislang schemenhaft erahnt und dessen Bergung uns faszinierende Einblicke in die Geschichte der Seefahrt und des Seehandels gewährt."

Schiffswrack zufällig bei Messungen entdeckt

Entdeckt worden war das Wrack bei einer der regelmäßigen Messungen des WSA Ostsee in der Fahrrinne der Trave. Dabei fiel den Experten eine Unebenheit in dem Fluss auf. Taucher untersuchten das Objekt im August 2021, fotografierten den Fund und nahmen Proben. Ab September 2021 untersuchten dann Archäologen der Oberen Denkmalschutzbehörde Lübecks und Wissenschaftler der CAU die Fundstelle.

Schiffstyp Galliot oder Fleute?

Laut Experten war das Schiff einst flachbodig und kraweelbeplankt - hatte also einen glatten Schiffsrumpf - und trug mindestens anderthalb Masten. Die Maße und der erkennbare Aufbau des frühneuzeitlichen Schiffswracks lassen den Schluss zu, dass es sich um den Schiffstyp Galliot oder Fleute handeln könnte. Bauteile aus schleswig-holsteinischer Eiche und schwedischer Kiefer belegen laut Stadt einen weitreichenden frühneuzeitlichen Holzhandel. Erste Proben ergaben, dass zumindest ein Teil der Fässer mit Branntkalk, einem wichtigen Baustoff, gefüllt ist. Dies stellt laut der Hansestadt Lübeck den ältesten archäologischen Beleg über den Handel mit Branntkalk dar.

Untiefe könnte Schiff zum Sinken gebracht haben

Unklar ist, wie genau das Schiff mitten auf der Trave sinken konnte. "Da alle Fässer sich noch geordnet im Laderaum befinden, kann eine Kenterung oder eine deutliche Schlagseite ausgeschlossen werden. Da keine Brandspuren vorhanden sind, kann auch ein mögliches Feuer nicht die Ursache gewesen sein", schreibt die Stadt Lübeck dazu. Die Experten vermuten, dass das Schiff die Trave von Travemünde in Richtung Lübeck aufwärts fuhr und auf eine Untiefe auflief. Tatsächlich hat die Hansestadt auch eine möglicherweise passende Geschichte aus ihrem Archiv ausgegraben: In einem Brief wendet sich der Vogt von Travemünde im Dezember 1680 an einen unbekannten Empfänger und bittet ihn, dass Anstalten gemacht werden, um die Güter auf einer gestrandeten Galliot in Sicherheit zu bringen.

Das Wrack soll nach Angaben der Stadt nun geborgen werden. Dafür wird ein Bergungskonzept erstellt, ab Herbst oder Winter soll es losgehen. Aktuell ist das Wrack massiv durch die Strömung und die Schiffsbohrmuscheln gefährdet. Die Bergung wird voraussichtlich mehrere Monate andauern. Anschließend wird das Wrack haltbar gemacht: "Wir gehen davon aus, dass es acht bis zehn Jahre dauern wird, bis alles konserviert und erforscht ist", sagt Bürgermeister Jan Lindenau.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 26.07.2022 | 10:00 Uhr

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