Sylt: Bewährungsstrafe nach versuchtem Totschlag
Ein Mann wurde im Prozess um versuchten Totschlag zu einer Bewährungsstrafe verurteilt - für eine Tat, die Jahre her ist. Es verging so viel Zeit bis zum Urteil, dass der Täter nicht in Haft muss.
Ein Jahr und acht Monate auf Bewährung - das ist das Urteil zu einem Fall, der 2015 auf Sylt passierte und dessen Prozess Jahre dauerte. Damals waren zwei Männer vor einer Diskothek in Westerland (Kreis Nordfriesland) in Streit geraten. Am Ende stach der jetzt Verurteilte sieben Mal auf seinen Gegner ein. Dass der heute 38-Jährige nicht ins Gefängnis muss, liege nur an der langen Verfahrensdauer - das betonte die Richterin des Landgerichts Flensburg am Freitag.
2015: Das spätere Opfer griff zuerst an
Die Tat passierte am 27. September 2015. Beide Männer wohnten auf Sylt und kannten sich offenbar nur flüchtig. Es kam zu Pöbeleien. Soweit das Gericht die Ereignisse rekonstruieren konnte, fühlte sich der spätere Täter bedroht und holte sich deshalb ein Messer aus seiner Wohnung. Bei seiner Rückkehr habe ihn der andere Mann tatsächlich angegriffen, so dass er sich einen Trommelfellriss zuzog. Als Reaktion stach der Verurteilte schließlich mit dem Messer zu.
Gegenangriff mit lebensgefährlichen Folgen
Die Folge waren schwere Blutungen unter anderem an Hand und Bein, die bis heute ein Taubheitsgefühl verursachen sollen. 35.000 Euro an Schmerzensgeld hat der Angeklagte seinem Opfer bereits gezahlt. Laut Gericht könnten auch noch Behandlungskosten auf ihn zukommen. Weitere Straftaten hat der heute 38-Jährige in der gesamten Zeit nicht begangen. Mit dem Urteil folgte die Richterin dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte für ein Jahr auf Bewährung plädiert.
Erst Zuständigkeitswechsel - dann keine Priorität
Ein Grund für die lange Verfahrensdauer: Zunächst hatte das Amtsgericht Niebüll (Kreis Nordfriesland) den Fall mit dem Vorwurf der schweren Körperverletzung verhandelt. Da erst dort deutlich wurde, dass auch eine Verurteilung wegen versuchten Totschlags in Betracht kommt, wanderte das Verfahren ans Landgericht Flensburg.
Aufgrund von Überlastung und weil anderen Verfahren Vorrang eingeräumt wurde, war dann aber sechs Jahre lang nichts passiert. Nach Angaben eines Gerichtssprecher haben grundsätzlich diejenigen Fälle Priorität, in denen Angeklagte bereits in Untersuchungshaft sitzen. Dies war hier nicht der Fall.
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