Landtag: Krieg hat Folgen für Energiepolitik und Integration
Mit einer Regierungserklärung von Ministerpräsident Günther zum Krieg in der Ukraine hat die März-Sitzung des schleswig-holsteinischen Landtages begonnen. Man stehe solidarisch an der Seite der Ukrainer, sagte Günther.
Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) verurteilte das unermessliche Leid und die furchtbare Zerstörung. Krieg in Europa - bis vor wenigen Wochen völlig undenkbar, so Günther. Man sei zurückgeworfen in eine Zeit, von der man gedacht hätte, dass sie überwunden sei. Die Auswirkungen des Krieges spüre inzwischen jeder auch in Schleswig-Holstein, etwa "in der Hilfe für Kriegsflüchtlinge, weil Unterkünfte händeringend gesucht sind, in den Kasernen, wo zur NATO-Verstärkung ausgerückt wird, bei den Speditionen, in denen ukrainische Lkw-Fahrer fehlen." Auch in den Schulen, auf den Feldern, beim Heizen und an der Tankstelle seien die Folgen zu merken.
Günther dankte für die Solidarität und Hilfsbereitschaft. Größte Herausforderung sei die Unterbringung und Versorgung von Kriegsflüchtlingen. Vom Bund erwartet der Regierungschef daher schnell klare Zusagen über eine faire Kostenteilung. Ein Nachtragshaushalt des Landes ist in Vorbereitung. Günther versprach, jedes ukrainische Schulkind solle hier Schulen besuchen können. Diese seien informiert und bereit. Sie hätten in den vergangenen Jahren viel Erfahrung gesammelt.
Günther: Auf Sicherheitslage und Energiesituation reagieren
Der Krieg, so Günther, habe die Sicherheitslage verändert - darauf müsse man reagieren. Die geplanten Investitionen in die Bundeswehr würden sich in Schleswig-Holstein deutlich bemerkbar machen, Günther sieht Chancen für Werften und für Luftwaffenstützpunkte. Und auch beim Thema Energiesicherheit sieht Günther das Land in einer besonderen Rolle. Stichworte sind die geplanten Terminals für Flüssiggas LNG und Ammoniak. Der Ausfall des Russland-Geschäfts sei für die heimische Wirtschaft verkraftbar. Günther warnte aber auch vor Anfeindungen von Menschen mit russischen Wurzeln. Putins Krieg dürfe nicht dazu führen, dass man sich von Nachbarn und Freunden entfremde.
Opposition fordert zügige Integration von Geflüchteten
Oppositionsführerin Serpil Midyatli von der SPD sagte, es sei unklar, wie lange die Flüchtlinge bleiben wollen oder müssen. Viele wollten zurück in die Heimat. Wichtig sei es dennoch jetzt mit der Integration zu beginnen. Es müsse nun schnell für Sprachkurse gesorgt werden. "Ohne Sprache wird es keine Integration in den Arbeitsmarkt geben." Sie forderte Daniel Günther auf, vom dafür verantwortlichen Bund zu verlangen, die Sprach- und Intergrationskurse hochzufahren. Die Landesregierung sei auf den Flüchtlingsstrom nicht optimal vorbereitet gewesen, so Midyatli. Geflüchtete würde auf ein "komplett überlastetes System treffen", so die Oppositionsführerin weiter. Es gebe Fachkräftemangel in allen Bereichen der sozialen Arbeit und knappen Wohnraum.
Midyatli forderte, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien schneller geht und in einer anderen Dimension erfolge als die Landesregierung es bisher geplant hat. Doch auch Brückentechnologien seien notwendig, sagte Midyatli. "Ich freue mich, dass Jamaika endlich eine gemeinsame Linie zu LNG hat - wir brauchen das Terminal in Brunsbüttel." Grüner Wasserstoff - das sei die Zukunft für Schleswig-Holstein. Die SPD-Politikerin sagte, lang und mittelfristig müsse es Frieden in Europa mit Russland geben.
CDU und FDP: AKW-Laufzeitverlängerungen dürfen kein Tabu sein
CDU-Fraktionschef Tobias Koch forderte eine weitere Stärkung der Bundeswehr. Die Ukraine brauche weitere Ausrüstung, Waffen und Munition, um den Krieg gewinnen zu können. Es sei aber richtig, dass die NATO nicht militärisch eingreife. Deutschland hätte seine Wehrhaftigkeit nie so vernachlässigen dürfen, sagte auch FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Eine Ausweitung des Kriegs auf NATO-Gebiet müsse unbedingt verhindert werden. Grünen Fraktionschefin Eka von Kalben sagte mit Blick auf die Bundeswehr: "Eine Bundeswehr, die sich nicht wehren kann, brauchen wir nicht." Abschreckung allein reiche nicht, eine weitere Eskalation müsse aber unbedingt vermieden werden.
Geflüchtete Kinder sollen Bildungsweg hier weitergehen können
Jedes ukrainische Schulkind solle die Schule besuchen können, sagte Günther. "Das ist ein ganz wichtiger stabilisierender Faktor für die Kinderseele." An den Schulen werde Unglaubliches geleistet, sagte Bildungsministerin Karin Prien (CDU). Die Flüchtlingskinder würden sofort an den Schulen aufgenommen. Sie sollten schnellstmöglich in den Fachunterricht integriert werden. Schülerinnen und Schüler, die in Schleswig-Holstein ankommen, werden an den Schulen zunächst in den normalen Klassen integriert. In einem nächsten Schritt würden dann die Sprachkenntnisse ermittelt und Schülerinnen und Schüler einer DaZ-Klasse in der Basis- oder Aufbaustufe zugeordnet, erläuterte die Bildungsministerin. Laut Prien sind 741 Schüler aus der Ukraine an den Schulen und 271 in den Landesunterkünften. Das Ganze sei eine große Herausforderung, sagte Prien auch unter Hinweis auf die Belastungen infolge der Corona-Pandemie. Es gebe erheblichen Bedarf an zusätzlichen Lehrkräften und Räumen. Seit Mittwoch sei es möglich, ukrainische Lehrer einzustellen, sagte Prien. Der Einsatz von Lehrmaterial aus der Ukraine sei gesichert.
Energiepolitisch plädierte Koch dafür, kurzfristig auf Kohle und Öl aus Russland zu verzichten. Hier gebe es andere Bezugsquellen. Eine Laufzeitverlängerung für die noch betriebenen Atomkraftwerke dürfe kein Tabu sein. So äußerte sich auch FDP-Fraktionsvorsitzender Christopher Vogt. Von Kalben widersprach unter Hinweis auf die Skepsis der Betreiber. Zudem komme das benötigte Uran auch aus Russland. Deutschland könnte aus ihrer Sicht unabhängig von Importen aus Russland sein, wenn die erneuerbaren Energien hinreichend ausgebaut worden wären.
SSW und AfD fordern Steuersenkungen
Weitere Waffenlieferungen an die Ukraine befürwortete auch SSW-Fraktionschef Lars Harms. Die enorm gestiegenen Preise für Energie, Kraftstoff und Lebensmittel könnten viele Menschen in Deutschland nicht bewältigen. Fair wären direkte Steuersenkungen. Zudem müsse es statt einzelner Zuschüsse dauerhafte Entlastungen geben.
Für die AfD unterstützte Jörg Nobis die zusätzlichen Mittel für die Bundeswehr. Die Energiepreise seien unerträglich hoch. Zur Entlastung fordert Nobis Steuersenkungen. Im übrigen könne man nicht zugleich auf fossile Energien und Kernkraft verzichten.
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