Hohe Lohnkosten: Pflegebetriebe schlagen Alarm
Seit sie ihre Mitarbeiter nach Tarif bezahlen müssen, sind die Lohnkosten für ambulante Pflegedienste stark gestiegen. Die privaten Pflegeanbieter fordern, dass die Leistungspauschalen der Pflegeversicherung erhöht werden.
Die Lohnkosten wachsen vielen Pflegediensten über den Kopf. Darauf haben am Donnerstag mehr als 200 Menschen aufmerksam gemacht. Sie fuhren zunächst mit einem Autokorso von etwa 100 Fahrzeugen durch die Kieler Innenstadt und demonstrierten dann noch vor dem Landeshaus.
Forderung: Höhere Leistungspauschalen der Pflegeversicherung
Hinter der Demonstration steht die Interessengemeinschaft ambulante Pflege (IGaP). Die privaten Pflegeanbieter in Schleswig-Holstein fordern laut IGaP von der Politik, dass die Leistungspauschalen der Pflegeversicherung erhöht werden, damit die vom Gesetzgeber geforderten Tariflöhne bezahlt werden können. Ansonsten müssten die Mehrkosten an die Kunden - also die Pflegebedürftigen - weitergegeben werden, sagte Jacqueline Nazareth von der IGaP. "Das sind teilweise drei-, vier-, fünf- sechshundert Euro mehr im Monat, je nach Pflegegrad. Das kann sich kaum einer leisten.
Massiv gestiegene Lohnkosten
Denn seit dem 1. September müssen die ambulanten Pflegedienste ihre Mitarbeiter nach Tarif bezahlen. Nur dann dürfen sie weiterhin mit der Pflegeversicherung abrechnen. Laut der IGaP hat die neue Regelung dazu geführt, dass die Lohnkosten um bis zu 30 Prozent gestiegen sind.
Wendt will Refinanzierung
Die Politik müsse jetzt handeln, meinte der Sprecher der IGaP, Torsten Wendt: "Die Lohnkosten in ambulanten Pflegebetrieben liegen bei 80 Prozent. Wenn Sie davon ausgehen, dass die Tarife dafür sorgen, dass wir zwischen 15 und 30 Prozent Lohnerhöhung bekommen, dann müssen Sie kein Betriebswirtschaftler sein, um festzustellen, dass das ein Ungleichgewicht darstellt und das die Betriebe - je nach Aufstellung - in Not bringt", sagte Wendt. Man brauche eine Refinanzierung. "Es muss verstanden werden, dass die Betriebe, gerade die kleineren, mit dem Rücken zur Wand stehen. Die pflegerische Infrastruktur des ganzen Landes, der ganzen Republik, ist aufgrund dieser Entscheidung destabilisiert worden", kritisierte Wendt.
Schleswig-Holsteins Sozialministerium sagte den Betrieben Unterstützung zu. Auf der nächsten Arbeits- und Sozialminister-Konferenz solle über die Probleme gesprochen werden. Ziel sei, dass der Bund die Eigenbeteiligung der Pflegebedürftigen senke, hieß es.
Opposition unterstützt Forderung
Die SPD-Fraktion forderte eine Refinanzierung der höheren Lohnkosten und eine Deckelung der Eigenanteile. Grundsätzlich sei die Tarifpflicht in der Altenpflege begrüßenswert, sagte die sozialpolitische Sprecherin Birte Pauls. Bessere Löhne könnten dazu beitragen, den Beruf attraktiver zu machen. Pflegebedürftige und ihre Angehörige sollten dadurch aber nicht finanziell belastet werden.
Ähnlich sieht es auch die FDP. Der gesundheitspolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Heiner Garg, sagte: "Berlin muss jetzt sehr schnell die notwendige Refinanzierung absichern, damit aus gut gemeint nicht schlecht gemacht wird." Die Tarifbindung sei richtig, dürfe aber nicht zu Lasten der pflegebedürftigen Menschen gehen.