Distanzlernen im Corona-Lockdown: Die Krux mit der Technik
Der eigene Schreibtisch als virtueller Klassenraum in der Corona-Pandemie: Für viele Schüler und Lehrer in Schleswig-Holstein blieb das zum Unterrichtsstart nach den Ferien technikbedingt ein Wunsch.
"Die ganze Vorbereitung bringt nichts, wenn die technische Komponente versagt." Dies ist eine der Reaktionen von Lehrern und Elternvertretern, die ein Reporter von NDR Schleswig-Holstein am Montag zum Start des Distanzlernens im harten Lockdown zu hören bekam. Viele Lehrerinnen und Lehrer berichteten, dass Server zusammengebrochen seien - ein Problem, das nicht neu ist, obwohl die Corona-Pandemie nun schon knapp ein Jahr andauert. An diesem Montag seien vor allem Videokonferenzen über den Schulserver "IServ" oft nicht möglich gewesen. Zum Teil funktionierten nach Angaben der Lehrkräfte auch die Messenger-Dienste nicht, mit denen Lehrer und Schüler miteinander kommunizieren. Vielerorts musste auf die klassische E-Mail zurückgegriffen werden.
"IServ" hat Fehler nach eigenen Angaben behoben
Die Serverkapazität sei zwar angesichts des erwarteten Andrangs von Klassen, die den Unterricht per Videokonferenz abhalten wollten, verdoppelt worden, sagte "IServ"-Geschäftsführer Jörg Ludwig. Wegen einer fehlerhaften Einstellung sei es am Montagmorgen aber zunächst nicht möglich gewesen, Videokonferenzen zu starten. Die Panne sei am Mittag behoben worden. Die Videokonferenzen liefen wieder, so das Unternehmen. IServ wird von rund 4.500 Schulen in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Nordrhein-Westfalen genutzt.
Die digitalen Wege sollten nun "endlich mal laufen", solange kein Präsenzunterricht möglich ist, forderte Claudia Pick vom Landeselternbeirat der Gymnasien. Sie kritisierte auch, dass viele Schulen im Land nach wie vor kein WLAN oder Glasfaser-Anschluss hätten. Auch viele Lehrerinnen und Lehrer bemängelten die digitale Infrastruktur. Viele Schüler seien zudem nicht mit einem Endgerät ausgestattet.
"Itslearning" machte offenbar weniger Probleme
Weniger Probleme scheint es mit dem Lernmanagement-System "itslearning" gegeben zu haben. Dort können Lehrer ihr Unterrichtsmaterial bereitstellen, Hausaufgaben erteilen und korrigieren. Das funktioniere gut, berichteten beispielsweise Lehrerinnen von Schulen in Berkenthin (Kreis Herzogtum Lauenburg) und Gettorf (Kreis Rendsburg-Eckernförde). Ziel ist es laut Bildungsministerium, dass "itslearning" bis zum Ende der Legislaturperiode an allen 792 Schulen im Land verwendet wird.
Bisher nutzt erst etwa ein Drittel der Schulen die zentrale Plattform, die allen Schulen zur Verfügung gestellt werden kann. Hintergrund ist offenbar, dass viele Schulen im Corona-Frühjahr wertvolle Erfahrungen im Umgang mit anderen Plattformen gemacht haben und nun nicht wieder bei Null anfangen wollen.
Das Land bietet in "itslearning" einen Aufgaben-Pool zu den Lerninhalten an. Die Lehrer können aber auch eigene Inhalte erstellen und diese anderen Pädagogen zugänglich machen oder von der Arbeit der Kollegen profitieren.
Lehrerinnen berichten: Auch wir probieren noch aus
Für vergangenen Donnerstag und Freitag hatte das Bildungsministerium sogenannte Distanzlern-Übungstage für Schüler und Lehrer ausgerufen. So sagten die Lehrerinnen aus Berkenthin und Gettorf NDR Schleswig-Holstein, dass auch sie selbst noch dabei seien auszuprobieren, zu entdecken und zu lernen. Die Erfahrungen aus den Übungstagen sollen nun ausgewertet werden, um daraus neue Erkenntnisse zu ziehen. Das hatte Bildungsministerin Karin Prien (CDU) bereits im Dezember angekündigt.
Ähnliche Probleme in anderen Bundesländern
Auch in anderen Bundesländern verlief der Unterrichtsstart aus der Distanz im Übrigen nicht reibungslos. Egal ob in Bayern, Baden-Württemberg oder Berlin - überall standen Schüler und Lehrer vor ähnlichen Hindernissen. Die Bundesschülerkonferenz twitterte, dass die Ferien mal wieder nicht zum digitalen Ausbau genutzt worden seien. Die Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft forderte die Kultusminister der Länder auf, den Digitalunterricht an Schulen stärker zu fördern.
