Da ist der Wurm drin: Öko-Dünger von der Regenwurmfarm
Regenwürmer sind natürliche Dünger-Produzenten. Millionen Würmer produzieren in Geesthacht (Kreis Herzogtum Lauenburg) Regenwurm-Humus, den Matthias Kross unter anderem an Hobby-Gärtner verkauft.
Schwer vorstellbar, dass es in dieser Industriehalle vor Leben nur so wimmelt. In großen Säcken und gestapelten Plastikboxen fressen sich massenweise Regenwürmer unentwegt durch Kompost, hier wachsen sie und vermehren sie sich. "Nordwurm"-Chef Matthias Kross greift in eine Box - in der Handvoll Kompost winden sich unzählige Regenwürmer. Um die Würmer vom Humus zu trennen, kippt Matthias Kross den Inhalt einer Plastikkiste in die rotierende Trommelsiebmaschine. Die herabfallende Erde wird aufgefangen, die Würmer kommen hinten heraus. Ein halbes Jahr dauert es, bis die Würmer ausgewachsen sind. Dann gehen sie säckeweise an Angler und Terrarienbesitzer, andere bestücken ihre Wurmkomposter mit den Tieren. Den Humus kaufen unter anderem Hobbygärtner und Ökolandbauer.
Eine besondere Art der Massentierhaltung
Seit Beginn der Pandemie spürt Matthias Kross deutlich, wie die Nachfrage nach seinem Dünger und den Würmern gestiegen ist. Viele hätten sich mit ihren Gärten beschäftigt, gerade in Studenten-WGs wäre der eigene Wurmkomposter für die Küche immer beliebter geworden, sagt Matthias Kross. Drei bis vier Millionen Würmer lässt Kross für sich arbeiten. Auch das sei natürlich eine Form der Massentierhaltung. "Da setzt man sich natürlich auch Kritik aus. Und diese Kritik ist auch berechtigt, weil man nicht immer alles richtig macht", sagt der Unternehmer. "Ich bilde mir aber ein, mir soviel Wissen angeeignet zu haben, wie der Wurm sich am wohlsten fühlt. So kann ich dafür sorgen, dass es ihm gut geht, solange er hier ist."
Vom Bauunternehmer zum Regenwurmfarmer
Vor vier Jahren hat Matthias Kross seine Wurmfarm aufgezogen. Davor hatte er Baustoffe produziert und Ackerflächen an Landwirte verpachtet, viele hätten Mais für Biogas angebaut. Oft hat er sich über die durch die intensive Bewirtschaftung ausgelaugten Böden geärgert, sagt Kross. Er begann sich mit der Frage zu beschäftigen, was gute Bodenqualität ausmacht. "Dann kommt man automatisch irgendwann auf den Wurm." Der heute 54-Jährige Unternehmer wollte ohnehin beruflich neu durchstarten und so ist aus der Faszination für den Regenwurm ein Familienunternehmen geworden. Auch seine Frau und die Kinder arbeiten mit. Immer mal wieder besuchen Berufsschulklassen oder Grundschüler die Lagerhalle und lassen sich von Kross die Regenwürmer zeigen. Grundschüler seien besonders begeistert, sagt Kross. "Für sie ist es noch ein großes Geheimnis, dass etwas im Boden lebt, das man nicht sieht. Hier können sie es erleben."
Regenwurmhumus: Kein Dünger für die große Landwirtschaft
Von den ausgelaugten Maisäckern zur Regenwurmfarm: Könnte zugesetzter Regenwurmhumus nicht auch in der Landwirtschaft helfen, die Bodenqualität zu verbessern? Könnten nicht einfach massenweise gezüchtete Regenwürmer in die Ackerböden eingebracht werden? Das funktioniert nicht, sagt Matthias Kross. In Ackerböden seien andere Regenwürmer aktiv als die, die er züchtet. Auch Ralf Loges, Experte für Ökolandbau an der Kieler Universität findet das "Nordwurm"-Konzept zwar gut, aber er sieht keine Chance, die Idee auf die Landwirtschaft zu übertragen. "Für die große Landwirtschaft gibt es den großen Kreislauf, bestehend aus Biotonne, Kompostierungswerk und dann Ausbringen auf den großen landwirtschaftlichen Flächen. Das sind zwei parallele Welten mit dem gleichen landwirtschaftlichen Ziel."
Traumjob Regenwurmfarmer
Aber auch wenn Matthias Kross mit seinen Würmern und seinem Regenwurmhumus nicht die Lösung für alle Böden in Schleswig-Holstein parat hat, seine Würmer machen ihn jeden Tag aufs Neue glücklich. "Dieser Kreislauf findet in der Natur seit Jahrmillionen statt. Ich stelle ihn hier nur nach und ihm zuzugucken, macht mir jeden Tag wieder Spaß."
