Schwarzbuch: Wo in Niedersachsen Steuern verschwendet werden
Der Bund der Steuerzahler macht in seinem Schwarzbuch 2021 in neun Fällen auf die Verschwendung von Steuergeldern in Niedersachsen aufmerksam. In Zeiten der Corona-Krise sei das besonders schmerzlich.
Gleich drei niedersächsische Kommunen haben durch die Pleite der Bremer Greensill-Bank mehrere Millionen Euro verloren. Die Bank hatte bis zu ihrer Zwangsschließung im März 2021 mit auffällig hohen Renditeversprechen geworben. "Dabei hätte den Finanzfachleuten in den Kommunen bekannt sein müssen, dass Finanzeinlagen staatlicher Stellen im Pleitefall von Privatbanken nicht von der gesetzlichen Einlagensicherung geschützt sind", heißt es im Bericht des Bundes der Steuerzahler. Die Stadt Osnabrück verlor 14 Millionen Euro, die Stadt Nordenham 13,5 Millionen Euro und der Stadtentwässerungsbetrieb der Stadt Garbsen 8,5 Millionen Euro. Der Bund der Steuerzahler geht davon aus, dass die Kommunen im Insolvenzverfahren allenfalls einen Bruchteil des Geldes zurückerhalten.
Panne beim Versand von Infoschreiben zur Corona-Impfkampagne
Auch das niedersächsische Sozialministerium hat im Zusammenhang mit der Corona-Impfkampagne Steuergeld verschwendet: Es hatte zum Auftakt der Kampagne im Januar dieses Jahres einen Dienstleister damit beauftragt, Informationen zur Impfung an Bürger ab 80 Jahren zu verschicken. Weil die dafür eingekauften Adressdaten allerdings so lückenhaft waren, mussten die Kommunen ein zweites Schreiben verschicken, um alle Impfberechtigten zu erreichen. Die Kosten für das erste Schreiben beliefen sich laut dem Bund der Steuerzahler auf 138.000 Euro.
Radweg wird trotz positiver Resonanz zurückgebaut
Weitere Fälle von Verschwendung prangert der Bund der Steuerzahler in den Landkreisen Northeim und der Grafschaft Bentheim an. Dort hatte das Bundesverkehrsministerium von 2013 bis 2018 alternative Radverkehrsführungen außerhalb von geschlossenen Ortschaften im Rahmen eines Modellprojekts erproben lassen. Obwohl die Teststrecken mit den Schutzstreifen laut dem Verband von Nutzern und Praktikern durchweg positiv bewertet wurden, mussten sie aufgrund bürokratischer Vorschriften wieder zurückgebaut werden - für 763.000 Euro.
Illegale Umgehungsstraße Esens-Bensersiel kostet erneut
Einen Eintrag in das Schwarzbuch erhält auch die 8,4 Millionen Euro teure Umgehungsstraße im ostfriesischen Esens-Bensersiel. Nachdem die Stadt Esens mehrfach damit gescheitert war, die Straße durch nachträgliche Bauleitplanungen zu legalisieren, einigte sie sich im vergangenen November mit dem enteigneten Grundstückseigentümer auf den Kauf der überbauten Landflächen. Dafür zahlte die Stadt 4,4 Millionen Euro, woraufhin der Eigentümer sämtliche Klage fallen ließ. Seit Mitte März darf die Umgehungsstraße nun genutzt werden.
CityTrees: Fördergeld für moosbewachsene Gitterwände
"Ein Paradebeispiel für die Fehlanreize des deutschen Fördersystems" erkennt der Bund der Steuerzahler in einem Beispiel aus Braunschweig: Die Stadt ließ im April 2019 zwei mit Moos bepflanzte Gitterwände, sogenannte CityTrees, für 112.500 Euro errichten. Diese sollten laut Hersteller klimatische Wunder bewirken, was wissenschaftliche Untersuchungen allerdings nicht bestätigten, wie es im Schwarzbuch heißt. Dennoch erhielt die Stadt einen Teil des Geldes vom Bundesumweltministerium für ihr Stadtbegrünungs- und Klimaschutzprogramm erstattet.
Weitere Fälle im Schwarzbuch
- Die Gemeinde Wathlingen (Landkreis Celle) betreibt einen verlustreichen Gastronomiebetrieb im Vier-Generationen-Park. Bis Ende 2021 summierten sich die Verluste laut Bund der Steuerzahler auf 2,9 Millionen Euro.
- Der Landkreis Rotenburg gab 335.000 Euro für ein neues Toilettenhaus am Großen Bullensee aus - und damit fast 130.000 Euro mehr als ursprünglich veranschlagt. Ein Teil der Mehrkosten entstand aufgrund der vorgeschriebenen energetischen Dämmung - dabei ist das Toilettenhaus von November bis März geschlossen.
- Als Gesellschafterin der Zoo Hannover GmbH hat die Region Hannover 5 Millionen Euro in ein Regenwaldpanorama investiert. Doch statt der erwarteten 280.000 zahlenden Besucher seien selbst im Eröffnungsjahr schätzungsweise nur 60.000 gekommen, so der Bund der Steuerzahler.
- In Isenbüttel (Landkreis Gifhorn) gab es kurzzeitig eine dritte Geschäftsführerin der laut Bund der Steuerzahler "dauerdefizitären" Tankumsee GmbH. Nach öffentlicher Kritik wurde der dritte Chefposten allerdings wieder abgeschafft.
Mahnung: Wenig Spielraum für Zukunftsinvestitionen
Der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler, Bernhard Zentgraf, sagte zu den Verschwendungen: "Gerade in Zeiten, in denen die Pandemie-Schulden die öffentlichen Haushalte und damit auch die Steuerbürger an den Rand ihrer Belastungsfähigkeit bringen, ist jeder vergeudete Euro ein Euro zu viel." Er ermahnte die Verantwortlichen dazu, sparsamer und wirtschaftlicher zu handeln. "Wer knappe Haushaltsmittel verschwendet, hat wenig Spielraum, die Corona-Schulden zu tilgen und zukunftsträchtige Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung zu tätigen", so Zentgraf.
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