Niedersachsen bereitet einrichtungsbezogene Impfpflicht vor
Ab dem 16. März gilt bundesweit die einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht für Beschäftigte in Gesundheits- und Pflegeberufen. Niedersachsen will sie laut Ministerin Behrens "konsequent umsetzen".
Alle Einrichtungen seien bereits darüber informiert worden, dass sie binnen 14 Tagen diejenigen Beschäftigten melden müssen, die noch nicht gegen Corona geimpft seien oder deren Impfstatus unklar ist, sagte Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) bei der Pressekonferenz des Corona-Krisenstabs am Dienstag. Ziel sei es, das Verfahren für die Einrichtungen und lokalen Gesundheitsämter so bürokratielos und einfach wie möglich zu machen. Dabei soll laut Behrens ein digitales Meldeportal helfen, das ab diesem Freitag freigeschaltet wird, damit es rechtzeitig zum 16. März zur Verfügung steht. Behrens begrüßt, dass durch die einrichtungsbezogene Impfpflicht besonders gefährdete Menschen, die in Heimen leben oder im Krankenhaus behandelt werden, künftig noch besser geschützt seien.
Hohe Impfquote in dieser Berufsgruppe in Niedersachsen
In Niedersachsen gibt es nach Angaben der Gesundheitsministerin 240.000 Beschäftigte im Gesundheitswesen, davon arbeiten 90.000 in der Pflege. Die Impfquote unter Beschäftigten in Krankenhäusern liege zwischen 97 und 98 Prozent und im Pflegebereich bei weit über 95 Prozent, wobei sie in stationären Einrichtungen höher sei als bei ambulanten Diensten, so Behrens. Die Ministerin sprach von einer hohen Impfquote und einer hoch verantwortungsvollen Berufsgruppe. Nichtsdestotrotz gebe es ein paar wenige, die nicht gegen Corona geimpft seien. Weil sie aber mit vulnerablen Gruppen arbeiten, habe der Bund die einrichtungsbezogene Impfpflicht beschlossen.
Spagat zwischen Versorgung der Menschen und Impfpflicht
Behrens zeigte sich zuversichtlich, dass in Niedersachsen der Spagat zwischen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht und der Versorgung angesichts der bereits hohen Impfquote gut gelingen wird. Personalengpässe erwartet sie nicht. Das sehe etwa in ostdeutschen oder süddeutschen Bundesländern anders aus, sagte sie. Aber auch in Niedersachsen sieht die Ministerin mögliche Probleme etwa im ambulanten Bereich bei kleinen Pflegediensten auf dem Land. Könnten ungeimpfte Mitarbeitende nicht an ihren Einsatzort fahren, blieben alte Menschen unversorgt zurück. "Das ist der große Spagat, den die Gesundheitsämter mit den Einrichtungen hinbekommen müssen", sagte Behrens. Ende April oder Anfang Mai habe das Gesundheitsministerium einen ersten Überblick über die Zahl der gemeldeten ungeimpften Beschäftigten in Gesundheits- und Pflegeberufen.
Weiterarbeit mit Genesenen-Status oder Attest möglich
Mithilfe eines Handlungsleitfadens soll das Verfahren landesweit einheitlich ablaufen. Nachdem die Einrichtungen die betreffenden Mitarbeitenden gemeldet haben, setzt sich das zuständige Gesundheitsamt mit ihnen in Verbindung, erklärte die Vize-Chefin des Corona-Krisenstabs, Claudia Schröder. Sofern sie geimpft oder genesen sind oder über ein Attest verfügen, können die Mitarbeitenden dies gegenüber dem Gesundheitsamt nachweisen. Andernfalls kann eine Anhörung mit einer Zwangsgeldandrohung folgen. Bei einer Vollzeittätigkeit beläuft sich das Zwangsgeld auf 1.500 Euro. Behrens geht eigenen Angaben zufolge davon aus, dass ein Anhörungsverfahren vom Gesundheitsamt bei den nicht geimpften Beschäftigten bewirken kann, dass sie sich mit dem Thema Impfung auseinandersetzen.
Verstoß gegen Impfpflicht: Bußgeld bis zu 2.500 Euro möglich
Zeigt aber auch das keine Wirkung, wird ein Bußgeld fällig, das bis zu 2.500 Euro betragen kann. Legt die betreffende Person weiterhin keinen Nachweis vor, kann das Gesundheitsamt laut Schröder entscheiden, dass die betreffende Person in der Einrichtung entweder gar nicht mehr tätig sein darf oder nur unter Auflagen. Die könne beispielsweise lauten, dass sie nur mit Mund-Nasen-Bedeckung eingesetzt werden darf oder fern von Patienten und Bewohnenden. Auch ein Betretungsverbot der Einrichtung oder ein Tätigkeitsverbot könne verfügt werden, so Schröder. Am Ende muss der Arbeitgeber aber selbst entscheiden, ob weitere arbeitsrechtliche Konsequenzen folgen.
Impfungen für geflüchtete Menschen aus der Ukraine
Unterdessen erklärte Gesundheitsministerin Behrens, dass die Menschen, die derzeit vor dem Krieg in der Ukraine flüchten und nach Niedersachsen kommen, ein Impfangebot erhalten sollen. "Wir wissen, dass das Thema für viele dieser Menschen nicht an erster Stelle steht", sagte Behrens. Dennoch müsse das Land im Sinne des Gesundheits- und Infektionsschutzes dafür sorgen, dass die Geflüchteten geimpft und umsorgt werden. Die Impfquote in der Ukraine liege lediglich bei 35 Prozent. Es sei davon auszugehen, dass bei vielen Menschen die Corona-Impfung aufgefrischt oder dass sie grundimmunisiert werden müssten. Dafür sollen die landesweit mehr als 200 mobilen Impfteams in den Landesaufnahme-Einrichtungen eingesetzt werden. In wenigen Tagen sollen auch die Informationsseiten zum Thema Corona-Impfung in ukrainischer Sprache zur Verfügung stehen, so Behrens. Darüber hinaus hofft das Land darauf, dass sich alle Menschen, die privat unterkommen, bei den Kommunen melden und sich ihre Kontakte darum kümmern, dass die Geflüchteten eine Impfung erhalten.
Behrens warnt vor schwierigem Herbst ohne Impfpflicht
Insgesamt stagniert die Impfquote in Niedersachsen seit Wochen. In der vergangenen Woche wurden laut Behrens 100.000 Corona-Impfungen verabreicht - so viele, wie sonst manchmal an einem Tag. "Ohne verpflichtende Anteile geht es nicht voran", sagte Behrens und bekräftigte damit noch einmal ihre Forderung nach einer allgemeinen Impfpflicht. Aktuell sind 78,3 Prozent der Niedersachsen einmal geimpft, 77,2 Prozent zweimal und 62 Prozent dreimal. "Das ist gut, aber reicht nicht, um in einen guten Herbst zu gehen", sagte Behrens. In Niedersachsen sind 800.000 Erwachsene nicht geimpft. Es sei nicht absehbar, wie sich das Coronavirus weiter entwickeln werde. Experten gingen derzeit von einem schwierigen Herbst aus.
Infektionszahlen steigen langsam wieder
Seit einigen Tagen steigen sowohl bundesweit als auch in Niedersachsen die Corona-Zahlen wieder, nachdem sie zuvor auf hohem Niveau minimal rückläufig waren. Behrens führt das auf zwei Ursachen zurück: Zum einen mache die Omikron-Subvariante BA.2 im Vergleich zur ursprünglichen Omikron-Variante in Niedersachsen mittlerweile einen Anteil von 60 Prozent der untersuchten Proben aus. Sie sei noch infektiöser als die Omikron-Ursprungsvariante, führe aber nicht zu einer erhöhten Hospitalisierungsrate, sagte Behrens. Der zweite Grund seien die Lockerungen, durch die das gesellschaftliche Leben wieder Fahrt aufnehme. Behrens geht davon aus, dass sich auch nach dem jüngst erfolgten Öffnungsschritt weitere Infektionen ergeben. Die mit Abstand höchste Inzidenz sei derzeit in der Gruppe der Sechs- bis Elfjährigen zu finden, sie liege bei rund 2.680. Die Lage in den Krankenhäusern sei aber weiterhin stabil, sagte Behrens. Die Sieben-Tage-Hospitalisierungsinzidenz liege bei elf Prozent, Covid-19-Patienten auf Intensivstationen machten einen Anteil von 5,3 Prozent aus. Ein Großteil von ihnen sei ungeimpft, sagte Behrens. Wer geimpft sei und auf der Intensivstation behandelt werde, sei zumeist sehr alt oder leide unter schweren Vorerkrankungen.
Welche Möglichkeiten bleiben den Ländern ab dem 20. März?
Nach derzeitigen Plänen sollen am 20. März bundesweit die Corona-Regeln weitgehend fallen. Welche Maßnahmen den Ländern danach bleiben, darüber wird derzeit auf Bundesebene diskutiert. Behrens fordert, dass es auch künftig einen Basis-Schutz gibt und dass die Länder die Möglichkeit bekommen, auf hohe Infektionslagen reagieren zu können. Derzeit sei die Situation in den Krankenhäusern zwar stabil, sagte die Ministerin. Aber das Virus könne sich schnell verändern. "Wichtig ist, dass wir im Fall der Fälle handlungsfähig sind."
