Bad Nenndorf zeigt wieder Flagge - auch gegen Montags-Demos
Mit bunten, lauten und friedlichen Protesten gegen Rechte hat sich "Bad Nenndorf ist bunt" einen Namen gemacht. Jetzt will das Bündnis einen Gegenpunkt zu Versammlungen von "Impfskeptikern" setzen.
Bis zum Jahresende wollen die Mitstreitenden vor dem Rathaus der Kurstadt im Landkreis Schaumburg gegen die Montags-Versammlungen protestieren. Zum Auftakt zu der Kundgebungsreihe laufen Reggae-Rhythmen. Rund 100 Menschen sind es, die sich an diesem Abend vor einer Woche hinter den magentafarbenen Bannern mit weißer Schrift - dem Markenzeichen von "Bad Nenndorf ist bunt" - auf dem Rathausvorplatz versammelt haben. Alle tragen Maske, auf Abstände wird geachtet.
Bündnis erteilt Egoismus eine Absage
Es ist der stellvertretende Bürgermeister und Grünen-Politiker Dietmar Buchholz, der unter Beifall seine Kritik an den Montags-Versammlungen auf den Punkt bringt: "Sie verwechseln Egoismus mit Freiheit, sie verbrämen die Ignoranz von Fakten mit selbstständigem Denken. Es liegt der Verdacht nahe, dass dieselben antidemokratischen Kräfte und ihre Helfershelfer in rechten Netzwerken, die uns als Zivilgesellschaft seit 2006 hier in Bad Nenndorf gefordert haben, nunmehr aus der Unzufriedenheit eines Teils der Gesellschaft ihr Süppchen zu kochen versuchen."
Ein schwieriger Mix an Demonstranten
Dabei ist auch Buchholz und seinen Mitstreitern klar, dass diese Versammlungen nicht pauschal als Veranstaltungen von Rechtsextremisten abgetan werden können. Nach Erkenntnissen der Behörden versammeln sich dort bürgerliche Kritiker der Corona-Maßnahmen und Impfskeptiker ebenso wie Verschwörungsgläubige, aber auch selbst ernannte "Reichsbürger" und aktive Rechtsextremisten.
Sorge um brisante Mischung aus "normalen Bürgern" und Rechten
Doch es ist diese Mischung, die zum Beispiel Sigrid Bade Sorgen bereitet. Die Bad Nenndorferin war von Anfang an dabei, als man sich den rechtsextremen "Trauermärschen" in der Kurstadt entgegenstellte: Unter den Montags-Demonstranten des Jahres 2022 hat sie auch "ganz normale Bürger" ausgemacht: "Diese Menschen würde ich nicht pauschal als Neonazis bezeichnen. Die sind sogar bei unseren Demos dabei gewesen. Es tut mir unendlich leid, dass sie scheinbar hier Menschen auf den Leim gehen, die sie manipulieren und fernsteuern möchten", sagt Bade.
Versammlungen zentral gesteuert?
Das sieht auch Kay Rabe von Kühleweyn so. Der Schüler spricht für das Bündnis "Fridays for Future", dessen Bad Nenndorfer Ortsgruppe ebenfalls zu den Kundgebung vor dem Rathaus aufgerufen hatte. Er gehe davon aus, dass es sich bei den Montags-Versammlungen nicht um spontane, sondern um zentral gelenkte Veranstaltungen handelt, und verweist auf Kanäle des Messenger-Dienstes Telegram, wo Woche für Woche vorab über anstehende Kundgebungen informiert werde.
Die Teilnehmerzahl sinkt
An diesem Abend scheint die Rechnung des Bündnisses aufgegangen zu sein: Waren eine Woche zuvor noch mehr als 100 Teilnehmende in Bad Nenndorf erschienen, sind es diesmal knapp 30, die sich an anderer Stelle in der Kurstadt versammelt haben. Die öffentliche Wahrnehmung aber hat "Bad Nenndorf ist bunt" für sich errungen.
Bündnis spricht von Erfolg
Ein Erfolg, wie Bündnismitglied Silke Engelking meint. Bisher sei man zu leise gewesen, das sei jetzt anders. "Wir haben deutlich gemacht, dass es bei uns läuft. Ich bin froh, dass ich in Deutschland bin. Ich möchte in keinem anderen Land leben. Wir sind gut durchgekommen durch die Pandemie. Deshalb stehen wir hier", sagt Engelking.
Kundgebungen bis Jahresende angemeldet
Auch Bündnisgründer Jürgen Uebel ist zufrieden: "Wir wollen zeigen, dass es auch in Bad Nenndorf Menschen gibt, die Falschinformationen, Lügen, Hetze und Mordaufrufe nicht widerspruchslos hinnehmen."
Bad Nenndorf ist bunt" hat deshalb die Kundgebungen vor dem Rathaus erst einmal bis zum Jahresende angemeldet.
