Ängste wegen Corona: Nachfrage nach Psychotherapien steigt
In Niedersachsen hat der Bedarf an Psychotherapeuten in der Corona-Krise stark zugenommen. Die Folge sind lange Wartezeiten für die Patienten.
Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten könnten Erwachsenen derzeit in der Regel keine Therapieplätze mehr anbieten, bei Kindern und Jugendlichen sei die Lage etwas besser, sagte der Präsident der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen, Roman Rudyk. Laut bundesweiten Zahlen der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung stieg die Nachfrage nach Therapien seit Beginn der Corona-Krise um 40 Prozent, bei Kinder- und Jugendtherapeuten um 60 Prozent. "Der Niederschlag der Pandemie in der Seele zeigt sich immer deutlicher", so Rudyk. Es gebe einen Dauerzustand von Verängstigung.
Häufig Wartezeiten von mehr als sechs Monaten
Einer Umfrage der Vereinigung zufolge betrug die Wartezeit auf einen Behandlungsplatz bei fast 40 Prozent der befragten Therapeuten mehr als ein halbes Jahr, bei weiteren knapp 30 Prozent bis zu sechs Monate. Zusätzlicher Druck entstehe dadurch, dass Gruppentherapie wegen der Corona-Beschränkungen nur teilweise möglich sei, sagte Rudyk. Einige Therapeuten hätten nun deutlich größere Räume gemietet, um mit Abstand arbeiten zu können, andere hätten Filter besorgt.
Deutlich mehr Therapiestunden per Video
Nach Zahlen der Techniker Krankenkasse haben sich die Video-Psychotherapiestunden in der Corona-Pandemie in Niedersachsen fast verzehnfacht. Während im ersten Quartal 2020 noch 1.222 Therapiestunden abgerechnet wurden, waren es im zweiten Quartal bereits 11.884 Stunden Video-Therapie - ein Plus von 873 Prozent. Laut Rudyk machten Video-Behandlungen in der Hochphase etwa die Hälfte der Therapiestunden aus, inzwischen schätzt er den Anteil auf etwa 20 Prozent - von Praxis zu Praxis unterschiedlich.
Pandemie beeinträchtigt Fortschritte der Patienten
Behandelt werden müssen laut Rudyk vor allem Angst-Symptomatiken und je nach Alter auch Depressionen. "Wir bekommen unsere Patientinnen und Patienten deutlich schwerer gesund", erklärte der Psychotherapeut. Um sich nicht so sehr zu isolieren und Ängste zu überwinden, müssten sie lernen, anders in soziale Kontakte zu gehen. Aber diese Möglichkeiten seien während der Pandemie sehr eingeschränkt.
