Rechte Schmierereien an einer Gedenkstätte in Braunschweig. © David Janzen Foto: David Janzen

Chronologie des Hasses: Rechte Übergriffe auf Gedenkstätten

Stand: 10.05.2022 07:50 Uhr

In den vergangenen sechs Jahren hat es einer Recherche von NDR und "Süddeutscher Zeitung" zufolge mehr als 100 rechtsextreme Übergriffe auf Gedenkstätten aus der NS-Zeit gegeben. Die tatsächliche Zahl ist wohl deutlich höher.

von Peter Laudenbach, John Goetz und Jennifer Johnston

Immer wieder attackieren Rechtsextreme in Deutschland Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus. Alle paar Wochen werden Gedenktafeln, Stolpersteine oder ehemalige Konzentrationslager beschmiert oder teilweise zerstört. Nach Recherchen von NDR und "Süddeutscher Zeitung" hat es in den vergangenen sechs Jahren mehr als 100 rechtsextreme Übergriffe gegeben. Die tatsächliche Zahl ist vermutlich noch deutlich höher, da die Vorfälle deutschlandweit nicht zentral erfasst werden. Bei der Recherche wurden spezifisch Angriffe auf Gedenkorte dokumentiert. Die Chronologie erfasst keine Fälle etwa von Holocaust-Leugnungen auf Demonstrationen oder Hakenkreuzschmierereien auf Hauswänden.

Zahlreiche Vorfälle auch im Norden

In Braunschweig beschmieren unbekannte Täter etwa im Mai 2016 Wände und Infotafeln der KZ-Gedenkstätte Schillstraße. Wenige Tage zuvor hatten Rechtsradikale eine Gedenkveranstaltung gestört. Nach einer Veranstaltung abgelegte Kränze wurden zertrampelt. Ein Jahr später besprühen Unbekannte dutzende Gedenktafeln der KZ-Gedenkstätte mit silbernem Lack und dem Wort "Lüge". In Hannover wird im September 2018 die Beleuchtung des Holocaust-Denkmals auf dem Opernplatz gewaltsam zerstört.

Gedenkstätten in Norddeutschland

Doch nicht immer richten sich die Übergriffe gegen Gedenkorte für Jüdinnen und Juden. Im November 2018 wird in Boldtshof in Mecklenburg-Vorpommern etwa ein Denkmal für 22 desertierte und im Frühjahr 1945 erschossene Wehrmachtssoldaten mit roter Farbe übergossen. In Bohmte in Niedersachsen beschmieren Unbekannte auf einem Friedhof eine Informationstafel mit dem Wort "Adolf". Auf dem Friedhof sind NS-Opfer, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter bestattet.

Kulturstaatsministerin Roth verurteilt Angriffe als "zutiefst beschämend"

NDR und "Süddeutsche Zeitung" haben die politisch motivierten Übergriffe auf Gedenkstätten unter anderem aus Zeitungsartikeln, Gesprächen mit Gedenkstätten-Mitarbeitern und Protokollen von Stadtratssitzungen zusammengetragen. Kulturstaatsministerin Claudia Roth verurteilt die Angriffe auf die Gedenkorte als zutiefst beschämend. Die Zahl der Übergriffe sei höchst alarmierend und zeige einmal mehr, dass Deutschland in der Verantwortung stehe, das Gedenken an die nationalsozialistischen Verbrechen wach zu halten.

Weitere Informationen
Das Eingangstor zum KZ Buchenwald. © dpa Foto:  Mario Gentzel

Übergriffe auf Gedenkstätten: Chronik des Hasses

Regelmäßig werden NS-Gedenkstätten beschädigt. NDR und SZ haben Übergriffe seit 2016 zusammengetragen. Mehr bei tagesschau.de. extern

SA-Männer kleben ein Plakat mit der Aufschrift 'Deutsche! Wehrt Euch! Kauft nicht bei Juden' an die Schaufensterscheibe eines jüdischen Geschäfts. © picture-alliance / akg-images

Die NS-Zeit: Krieg und Terror

1933 wird der Nationalsozialist Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Fortan setzt das NS-Regime seinen absoluten Führungsanspruch durch - mithilfe von Terror und Propaganda. mehr

Gedenkstein an die Opfer des Holocaust auf dem Jüdischen Friedhof in Rostock. © picture-alliance/ dpa/dpaweb Foto: Bernd Wüstneck

Holocaust: Der Völkermord der Nazis an den Juden

Mehr als sechs Millionen Juden wurden während der NS-Zeit ermordet. Daran erinnert jedes Jahr am 27. Januar ein Gedenktag. mehr

Ausgemergelte Männer liegen dicht an dicht in Holzkojen - Aufnahme von 1944 aus einer Gefangenen-Baracke in Auschwitz. © picture-alliance / Mary Evans Picture Library/WEIMA

Konzentrationslager:"Alltag" in der Hölle

Das Leben im KZ war ein Martyrium für die Gefangenen. Der Willkür der SS vollkommen ausgeliefert endete es oft mit dem Tod. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Aktuell | 10.05.2022 | 06:22 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

NS-Zeit

Die 40er-Jahre

Zweiter Weltkrieg

Ein Smartphone mit einem eingeblendeten NDR Screenshot (Montage) © Colourbox Foto: Blackzheep

NDR Info auf WhatsApp - wie abonniere ich die norddeutschen News?

Informieren Sie sich auf dem WhatsApp-Kanal von NDR Info über die wichtigsten Nachrichten und Dokus aus Norddeutschland. mehr

Mehr Nachrichten

Robert Habeck spricht bei der Hannover Messe. © NDR Foto: Benedikt Bathe

Hannover Messe: Habeck informiert sich über nachhaltige Produktion

Der Bundeswirtschaftsminister sprach auch mit Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) über erneuerbare Energien. mehr