Oper "Die Jüdin" in Kiel: Düsteres Spektakel mit klarer Botschaft
"Die Jüdin" war eine der erfolgreichsten Opern des 19. Jahrhunderts. Allein in Paris wurde "La Juive" ab 1835 mehr als 500 Mal gezeigt. Sie handelt von Antisemitismus, Hass und Hetze. In Kiel feiert die Oper jetzt Premiere.
Kleine Fachwerkhäuser rund um den Kirchplatz, ein großes Portal geschmückt mit einem Kranz und Schleifen - durch das nun das Volk aus der Kirche strömt. Sie singen, jubeln, feiern, hat doch der Reichsfürst einen wichtigen Sieg errungen. Gekleidet ist das ganze Volk in Tracht. Klischeehaft deutsch. "Zum einen hat uns dieses Brauchtümlerische interessiert und gleichzeitig fand ich es auch als Kostüm relativ zeitlos“, erzählt Regisseurin Luise Kautz vom Opernhaus Kiel.
Oper "Die Jüdin" thematisiert Judenhass und -verfolgung
Sie hat es geschafft, dass die Oper des Komponisten Jacques Fromental Halévy und des Dramatikers Eugène Scribe quasi jederzeit spielen könnte. Angelegt ist die Handlung eigentlich 1414. Das geben die Kulissen her. Es könnte auch 1835 sein, Zeitpunkt der Uraufführung. Oder 1933. "Man hat generell das Gefühl, dass die Oper so eine Art Orakel war, wie eine Art Vorahnung dessen, was danach gekommen ist", so Kautz.
Was die Inszenierung so bedrückend macht: Nicht nur Kulissen und Kostüme sind zeitlos, sondern auch das Geschehen. Die Geschichte dreht sich um den Goldschmied Éléazar und seine Tochter Rachel, die wegen ihres jüdischen Glaubens vom christlichen Volk verachtet, bedroht und drangsaliert werden. Immer wieder eskaliert der Konflikt, vor allem aus der großen Gruppe heraus. "Heute hat man das Gefühl, diese rechtspopulistischen Tendenzen, die wir ja vielerorts erleben, auch wieder zu spüren", schildert die Regisseurin. "Dass sich erst einzelne als Gruppe formieren und sich dann dieses Gedankengut auf eine ganze Gemeinschaft ausbreitet. Zu sehen, wozu so ein Mob in der Lage ist, das zeigt diese Oper eigentlich wirklich erschreckend aktuell.“
Kieler Opernhaus sendet mit "Die Jüdin" Botschaft gegen Antisemitismus
Da wird die Festparade plötzlich zum Fackelmarsch über die dunkle Bühne. Die Musik ist sehr kraftvoll, aber auch recht verspielt und fröhlich angesichts dessen, was sich auf der Bühne abspielt und wirkt deshalb fast schon makaber. Der Musikcharakter sei der Entstehungszeit des Werks geschuldet, sagt Dramaturg Ulrich Frey. "Es ist noch sehr vom ersten Drittel des 19. Jahrhunderts beeinflusst, wo Rossini der große Meister der Oper überhaupt war. Es ist eine Ästhetik der Schönheit. Andererseits ist es beeindruckend, wie weit Halévy sich auch schon in die Hässlichkeit hineintraut.“ Denn im Laufe des Stückes schaukelt sich die Musik hoch, analog zu Hass, Fanatismus und Feindseligkeit. Die Liebesgeschichte, die im Werk steckt, scheint nebensächlich und deshalb etwas langatmig. Sie ist am Ende aber doch für Éléazars und Rachels Schicksal entscheidend.
"Die Jüdin" ist ein düsteres Spektakel mit riesigem Ensemble, gewaltiger Musik und einer klaren Botschaft: Antisemitismus gab es schon immer. Er zieht sich wie eine Konstante durch die Jahrhunderte bis heute. Zeit, dass sich das ändert.
Oper "Die Jüdin" in Kiel: Düsteres Spektakel mit klarer Botschaft
Die fast 200 Jahre alte Oper "Die Jüdin" thematisiert Fremdenhass und Antisemitismus. Jetzt hat sie Premiere am Kieler Opernhaus.
- Art:
- Bühne
- Datum:
- Ende:
- Ort:
-
Opernhaus Kiel
Rathausplatz 4
24103 Kiel - Telefon:
- (0431) 901901 (Theaterkasse)
- Preis:
- 19,10 Euro bis 57,10 Euro
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