CD der Woche: Matthias Kirschnereit spielt alle Haydn-Konzerte
Matthias Kirschnereit und das Württembergische Kammerorchester Heilbronn haben sich Haydns Musik regelrecht zu eigen gemacht. Ihr neues Album ist farbenreich und lebendig - ganz in Haydns Sinn!
Joseph Haydns Klaviersonaten kommen an die Bekanntheit seiner Sinfonien und Streichquartette durchaus heran. Man kennt von Haydn das D-Dur-Klavierkonzert - aber was ist mit den anderen Klavierkonzerten? Auch Matthias Kirschnereit hatte bisher vor allem das D-Dur-Konzert im Repertoire. Nun hat er eine Gesamteinspielung aller Klavierkonzerte mit dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn gemacht. Kirschnereit selbst dirigiert vom Flügel aus.
Haydns unbeschwerte, geistreiche Musik
"Das ist Musik, die eigentlich so gar nicht in unsere Zeit passt und vielleicht deshalb gerade in unsere Zeit passt", erklärt Kirschnereit. "Weil sie so lebensbejahend, teilweise unbeschwert, heiter, geistreich und nach vorne schauend ist. Und vielleicht Freude schenken kann und soll."
"Niemand in meiner Nähe konnte mich an mir selbst irre machen und quälen und so musste ich original werden." So der vielzitierte Satz von Joseph Haydn, der sich als langjähriger Kapellmeister von Schloss Esterhazy als "abgesondert von der Welt" sah. Eine Frohnatur, den Schalk im Nacken, aber wenig tiefe Abgründe - das ist oftmals die Schublade der Wahl für den emotionalen Gehalt von Haydns Musik. Doch es gibt viel zu entdecken: charmantes Plaudern, auch innige Momente, Draufgängerisches und Opernhaftes.
Funkensprühender Dialog mit Lena Neudauer
Die Tempozügel mal lockerer, mal straffer, und zusätzliche Ausschmückungen, Verzierungen, Girlanden und Oktavierungen, wie sie auch damals von den Interpreten eingebaut wurden - all das nutzt Matthias Kirschnereit, um die unterschiedlichen Stimmungen in Haydns Musik noch deutlicher herauszuarbeiten. "Ich habe mir auch erlaubt, in die Partitur einzugreifen und habe gesagt: 'Ich möchte, dass die Bässe pizzicato spielen und die Celli streichen, dass wir an einer Stelle con sordino spielen oder dass wir die eine oder andere Stelle solistisch besetzen'. Das heißt also, ein kammermusikalischer Dialog zwischen Soloinstrument und dem Konzertmeister."
Ein funkensprühender Dialog gelingt auch mit der Geigerin Lena Neudauer. Mit ihr hat Matthias Kirschnereit das F-Dur-Doppelkonzert eingespielt. Die beiden Solisten sind vertraute Kammermusikpartner und übertreffen sich geradezu in Verzierungen, die Haydns Musik besonders lebendig und authentisch wirken lassen.
Farbenreiche, lebendige Aufnahme
Die Konzerte für Tasteninstrumente hat Haydn für den Hammerflügel komponiert, für das Cembalo und etliche auch für die Orgel und den liturgischen Gebrauch. Kirschnereit hat sich dennoch für den modernen Steinway-Klang entschieden und seinen Ton je nach Stück angepasst.
Die Kadenzen stammen von Kirschnereit selbst, da keine von Haydn überliefert sind. Und es war auch Kirschenreits Idee, das Orchester in manchen langsamen Sätzen mit Dämpfer spielen zu lassen.
Kirschnereit und das Württembergische Kammerorchester Heilbronn haben sich Haydns Musik regelrecht zu eigen gemacht, auch mit einer Bearbeitung eines Triosatzes. Sie erwecken sie zum Leben mit frischen, aber auch mal biederen Tempi. Farbenreich und lebendig - ganz in Haydns Sinn!
Haydn: The Complete Piano Concertos
- Label:
- Berlin Classics