CD der Woche: Gaétan Jarry dirigiert Mondonvilles "Grands Motets"
Das Ensemble Marguerite Louise hat unbekannte Motetten von Jean-Joseph Cassanéa de Mondonville aufgenommen. Die Dramatik dieser "Grand Motets" fängt das Gesangs- und Instrumentalensemble perfekt ein.
Die Französin Marguerite Louise war die Cousine von François Couperin und seinerzeit eine geschätzte Sängerin. Heute ist sie Namensgeberin und Muse für das französische Barockensemble Marguerite Louise, das aus einem Chor und einem Instrumentalensemble besteht. Für das Label "Chateau de Versailles Spectales", das seit 2018 Aufnahmen von Konzerten und Einspielungen im Versailler Schloss herausbringt und das dafür vor kurzem mit dem ICMA Award zum Label des Jahres gekürt wurde, hat das Ensemble Marguerite Louise unbekannte Motetten von Jean-Joseph Cassanéa de Mondonville aufgenommen.
Geistliches und Geistreiches
Was für ein dramatischer, aufwühlender Beginn! Theatralisch. Lautmalerisch. Kein Wunder, dass Mondonville mit seinen Werken seinerzeit für Aufsehen sorgte. Das tosende Meer, das Beben der Erde - man sieht es förmlich vor sich in Mondonvilles Motette "In exitu Israel", das den Auszug Israels aus Ägypten beschreibt. Es sei das "schönste Musikstück, das je gemacht wurde, das rührendste (…), singulär, aber vollkommen gut gelungen", schwärmte Madame la Dauphine von Mondonvilles Motette. Und das Werk war auch ein echter Renner bei den "Concerts spirituels" in Versailles: "In exitu Israel" erklang dort insgesamt 20 Mal.
Geistliches und Geistreiches kamen zusammen bei diesen "Concerts spirituels", den ersten öffentlichen Konzerten, wenn man so will. Sie schafften Verbindungen zwischen dem König und seinem Volk, zwischen Hof und Stadt. Der Glaube stand im Vordergrund der aufgeführten Werke. Später entstanden für diese Konzertreihen auch viele Instrumentalwerke, Telemann wurde eingeladen, ebenso Haydn und Mozart.
Lebendiger Musizierstil, homogener Chorklang
Aufgenommen in der Chapelle Royale des Versailler Schlosses fühlt man sich bei diesen Aufnahmen sofort mittendrin im Geschehen, auch dank des überaus lebendigen Musizierstils des Ensembles Marguerite Louise: Ein homogener, aber nicht zu glatt polierter Chorklang, ein wunderbar aufeinander abgestimmtes Instrumentalensemble, das sich nie zu dominant nach vorne spielt, aber letztlich Stimmung und Affekt entscheidend prägt.
Hier musizierte auch einst Jean-Joseph Cassanéa de Mondonville. Erstmals tritt er 1734 bei den "Concerts spirituels" auf. 1739 wird er königlicher Konzertmeister und Kammerviolinist. Große Erfolge feiert er mit seiner 1734 komponierten Motette "Dominus regnavit", die 40 Mal aufgeführt wird.
Ein noch größerer Erfolg wird die Motette "Coeli enarrant gloriam Dei", die Mondonville 1749 im Auftrag der Königin schreibt.
Überragende Solistinnen und Solisten
Die Dramatik dieser "Grands Motets", die Mondonville für Versailles komponierte, fängt das Gesangs- und Instrumentalensemble Marguerite Louise perfekt ein zusammen mit äußerst fachkundigen Solisten. Überragend: der hohe Tenor Mathias Vidal und die Sopranistinnen Maïlys de Villoutreys und Virginie Thomas. Es sind in Affekt und Gestus üppige Werke, die der Dirigent Gaétan Jarry großartig anleitet, transparent und nur mit dem Nötigsten an Hall und Raumklang aufgezeichnet.
Mondonville - Grands Motets
- Label:
- Chateau de Versailles